Typisch Mann, typisch Frau

Typisch Mann, typisch Frau:

Geschlechtsspezifische Unterschiede in den Hirnstrukturen beeinflussen Persönlichkeitsbildung

Bestimmte
Hirnstrukturen können darauf hinweisen, ob Männer extrovertiert,
gewissenhaft und emotional stabil sind. Das deutet eine aktuelle Studie
an, der kürzlich im Fachblatt Cerebral Cortex erschien. Darin
hat der Neurowissenschaftler Professor Dr. med. Simon B. Eickhoff den
Zusammenhang zwischen der Persönlichkeit von Männern und der Menge an
grauer Substanz in Teilen des Gehirns untersucht. Bei Frauen, fand er
einen solchen Unterschied nicht. Die Ergebnisse könnten zukünftig dabei
helfen, Männer und Frauen mit psychischen Erkrankungen besser zu
behandeln.

Dass
sich bei Frauen kein Zusammenhang zwischen Persönlichkeit und der Menge
an grauer Substanz zeigte, führt Eickhoff auf den Einfluss von
Geschlechtshormonen zurück. Während der Studie wurden Frauen in
verschiedenen Phasen des Zyklus`, sodass die Hormonkonzentrationen bei
den Untersuchungen stark variierten. Bei Männern dagegen schwankt der
Testosteronspiegel über eine längere Zeitspanne deutlich weniger.
Man
weiß seit längerem, dass Geschlechtshormone sowohl mit der
Persönlichkeit als auch der Neurobiologie verbunden sind“, erläutert
Eickhoff, der am Universitätsklinikum Düsseldorf arbeitet. Vermutlich
habe sich bei den Probandinnen wegen der unterschiedlichen
Hormonkonzentrationen kein Effekt gezeigt. „Wir vermuten außerdem, dass
bei Frauen die Persönlichkeit stärker von der Interaktion zwischen
Hirnregionen bestimmt wird und weniger durch das Volumen der grauen
Substanz in bestimmten Hirnarealen.“

Die
graue Hirnsubstanz, findet sich im Sulcus Parietooccipitalis, einer
Großhirnfurche zwischen Hinterhaupts- und Scheitellappen. Sie besteht
überwiegend aus den Zellkörpern von Nervenzellen des zentralen
Nervensystems. Die Ausläufer dieser Nervenzellen befinden sich in der
sogenannten weißen Substanz. Eickhoff entdeckte einen Zusammenhang
zwischen der Menge an grauer Substanz in der betreffenden Hirnregion und
Charaktereigenschaften wie Extrovertiertheit, Pflichtgefühl und
emotionaler Stabilität – aber eben nur bei Männern. Da die Region um den
Sulcus Parietooccipitalis im Zusammenhang gesehen wird mit Seh- und
Wahrnehmungsfunktionen sowie dem Gedächtnis und Impulskontrolle, könnten
Männer mit höherem Volumen an grauer Substanz auch in diesen Bereichen
bessere Leistungen zeigen. „Dies müsste aber noch einmal gezielt
untersucht werden“, schränkt der DGKN-Fachmann ein, dessen Studie sich
auf die Unterschiede zwischen Männern und Frauen konzentrierte.

Genderunterschiede
sind in der Vergangenheit oft vernachlässigt worden“, sagt der
Forscher. „Dabei unterscheiden sich Männer und Frauen nicht nur in Bezug
auf Verhalten und Persönlichkeitsmerkmalen. Auch die neuronalen
Korrelate von Persönlichkeitseigenschaften  weichen voneinander ab“,
hebt Eickhoff hervor, dessen Arbeit mit jeweils 182 Männern und Frauen
als Probanden die bisher mit Abstand größte ihrer Art ist. Als Verfahren
setzte er die sogenannte
Voxel-basierte
Morphometrie ein, bei der – vereinfacht gesagt – das Volumen an jeder
Stelle des Gehirns auf Basis von strukturellen MRT-Aufnahmen geschätzt
und dann analysiert wurde.

Der
Neurowissenschaftler will jetzt in weiteren Experimenten die
Unterschiede zwischen den Geschlechtern in Bezug auf die Interaktion
zwischen Hirnregionen, die mit Persönlichkeit in Verbindung stehen,
untersuchen. Praktische Bedeutung könnten die Ergebnisse seiner Arbeit
haben bei der Frage, warum bestimmte psychische Erkrankungen häufiger
bei Männern beziehungsweise Frauen auftreten. „Psychische Erkrankungen
und Persönlichkeitsstruktur hängen eng zusammen“, sagt er. „Wenn wir
mehr darüber wissen, könnten sowohl Prävention als auch Therapie
entsprechend angepasst werden.“

Quelle:

Correlations Between Personality and Brain Structure: A Crucial Role of Gender