Taubheit kann durch Virus behandelt werden
Mäuse können nach Injektionen wieder besser hören
Taubheit: Hoffnung auf Heilung (Foto: pixelio.de, Ingo Sturm) |
Boston (pte009/09.07.2015/10:30) – Amerikanischen und Schweizer
Wissenschaftlern ist laut eigenen Angaben ein entscheidender Fortschritt in der
Behandlung einiger Arten von Taubheit gelungen. Defekte in der DNA von Babys
sind für rund die Hälfte der Fälle von Hörverlust am Anfang des Lebens
verantwortlich. Eine Studie mit Mäusen hat jetzt gezeigt, dass ein Virus diesen
genetischen Defekt rückgängig machen und einen Teil des Gehörs wieder herstellen
kann. Die Forschungsergebnisse wurden in dem Fachmagazin Science Translational
Medicine http://stm.sciencemag.org veröffentlicht. Die Experten gehen
laut BBC davon aus, dass diese Forschungsergebnisse innerhalb von zehn Jahren zu
neuen Behandlungsansätzen führen könnten.
Die Wissenschaftler konzentrierten sich auf die winzigen Härchen
im Inneren der Ohren. Diese Härchen verwandeln Geräusche in elektrische Signale,
die ihrerseits vom Gehirn interpretiert werden können. Mutationen in der DNA
können dazu führen, dass die Härchen nicht mehr in der Lage sind, elektrische
Signale herzustellen und damit verlieren die Menschen ihre Fähigkeit zu hören.
Die Wissenschaftler entwickelten einen gentechnisch veränderten Virus, der die
Haarzellen infizieren und so die fehlerhafte Funktion wieder herstellen konnte.
Mäuse hören
wieder
Das Virus wurde an absolut gehörlosen Mäusen getestet, die nicht
einmal ein lautes Rockkonzert bemerkten. Der Geräuschpegel lag bei rund 115 dB.
Die Injektion des Virusses in die Ohren der Tiere führte zu einer wesentlichen
Verbesserung des Hörvermögens. Normale Werte konnten zwar nicht erreicht werden,
aber die Mäuse konnten wieder Geräusche bis zu einem Wert hören, der mit rund 85
dB dem Pegel innerhalb eines fahrenden Autos entspricht. Im Verlauf der 60 Tage
lang dauernden Studie veränderten die Tiere auch ihre Reaktionen auf
Geräusche.
Keine falschen
Hoffnungen wecken
Jeffrey Holt, einer der Studienautoren vom Boston Children’s
Hospital http://childrenshospital.org , erklärte gegenüber der BBC,
dass die Forscher nur vorsichtig optimistisch sind und keine falschen Hoffnungen
wecken wollen. "Es wäre zu früh zu sagen, dass wir eine Möglichkeit zur Heilung
gefunden haben. Aber in nicht allzu ferner Zukunft könnte es einen
Behandlungsansatz für genetisch bedingte Taubheit geben." Klinische Studien mit
Patienten sind derzeit jedoch noch nicht möglich. Die Forscher wollen zuerst
nachweisen, dass die Wirkung anhaltend ist. Derzeit ist zwar klar, dass sie
einige Monate lang anhält – Ziel ist jedoch eine lebenslange Veränderung.
Die Wissenschaftler "reparierten" eine Mutation des Gens TMC1,
das für rund sechs Prozent der vererbten Taubheit in Familien verantwortlich
ist. Insgesamt gibt es mehr als 100 verschiedene Gene, die mit Taubheit in
Zusammenhang gebracht worden sind. Die Virustherapie verändert die meisten der
Zellen im Inneren des Ohres, jedoch nicht die äußeren Haarzellen. Die Zellen im
Ohrinneren ermöglichen das Hören von Geräuschen, die äußeren Härchen verändern
jedoch die Sensibilität für Geräusche. Das Ohr wird so empfindlicher für leise
Geräusche.