Strommarktdesign 2050 – Wie könnte es aussehen?
Berlin. Der wachsende Anteil erneuerbarer Energien und der Wegfall von Erzeugungskapazitäten aufgrund des Ausstiegs aus der Kernenergie in Deutschland stellen das bestehende Strommarktdesign, inkl. Förderinstrumente und Strompreis-bildungsmechanismen, zunehmend in Frage. Angesichts dieser Situation debattierte der Arbeitskreis Zukunftsenergien des Forum für Zukunftsenergien e.V. am 21. November 2012 darüber, wie das Strommarktdesign im Jahr 2050 aussehen könnte.
Dr. Christian Growitsch (Direktor Anwendungsforschung und Mitglied der Geschäftsleitung, Energiewirtschaftliches Institut an der Universität zu Köln) geht davon aus, dass der Strommarkt 2050 kein Energy only -Markt mehr sein wird. Seiner Ansicht nach wäre dieser hinsichtlich der erforderlichen Versorgungssicherheit zu riskant. Die Alternative sieht er in einem so genannten Versorgungssicherheitsmarkt, dessen Vorteile er wie folgt erläuterte: Die Versorgungssicherheit könne mittels Versorgungssicherheitsverträgen effizient und marktkonform erreicht werden, da Versorgungssicherheitsverträge als ein wettbewerbliches Instrument einzustufen seien. Der Spotmarkt bleibe weitgehend unbeeinflusst und Anreize zur Ausübung von Marktmacht in Knappheitssituationen würden reduziert. Zu beachten sei allerdings, dass der Versorgungssicherheitsmarkt eine umfassende und komplex zu implementierende Veränderung des Strommarktes bein halte.
Im Anschluss stellte Dr. Felix Chr. Matthes (Forschungskoordinator Energie- und Klimapolitik, Öko-Institut e.V.) seine Vorstellungen vom Strommarktdesign im Jahr 2050 vor. Er führte aus, dass das aktuelle Strommarktdesign mit einem Energy only-Markt als zentralem Element im Kontext bestimmter historischer bzw. politischer Situationen entstanden sei und das unbestreitbare und langfristig noch stärker notwendige Potenzial eines effizienten Koordinationsmechanismus für den Betrieb von Stromerzeugungsanlagen besitze.
Mit Blick auf die anstehenden erforderlichen Investitionen sei das derzeitige Marktdesign sowohl für das konventionelle als auch das erneuerbare Segment des Stromsystems wenig geeignet. Eine daher anzustrebende Reform des Strommarktdesigns müsse beide Segmente adressieren und mit einer klaren Vision für die zukünftigen Strukturen des Strommarktes verbunden sein.
Dazu gehörten ein Strommengenelement als Mechanismus der Optimierung des Anlagenbetriebes für konventionelle und erneuerbare Energien sowie Kapazitätsmarktelemente als Voraussetzungen für die Investitionsfinanzierung im Bereich konventioneller und regenerativer Kraftwerke. Hinsichtlich erster Reformschritte im konventionellen Segment sprach sich Dr. Matthes für die Einführung eines fokussierten Kapazitätsmarktes und im Erneuerbare Energien-Segment für eine Ausdifferenzierung des bisherigen Einheitsmodells und die Einbeziehung von Preissignalen aus dem Strommengen-Markt aus.
Dr. Maren Hille (Geschäftsbereichsleiterin Erzeugung, BDEW Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft e.V.) plädierte als Vertreterin der Stromwirtschaft für eine Lösung der komplexen Sachlage unter Berücksichtigung des europäischen Binnenmarktes, da die Gewährleistung der Versorgungssicherheit keine rein nationale Aufgabe mehr bilde. Sie empfahl, angesichts des in Deutschland stark steigenden Anteils erneuerbarer Energien den Fokus nicht allein auf die weitere Erhöhung der regenerativen Stromproduktion zu legen, sondern auf die Entwicklung eines klugen Zusammenspiels von konventionellen Back-up Kraftwerken und erneuerbaren Energien. Außerdem müsse der europäische CO2-Emissionszertifikatehandel als zentrales Leitsystem zur Erreichung der Klimaschutzziele gestärkt werden.
Wilfried Köplin (Leiter Konzern-Energiepolitik, Bayer AG sowie Kurator des Forum für Zukunftsenergien e.V.) äußerte sich aus der Sicht der energieintensiven Verbraucher. Seiner Auffassung nach ist ein neues Strommarktdesign bereits kurzfristig notwendig, da ansonsten die Energiewende nicht erfolgreich realisiert werden könne. Dabei müssten Markteingriffe durch Regulierung auf ein Minimum reduziert werden. Außerdem sprach er sich gegen Dauersubventionen aus, weil diese jegliche Kreativität und kostenbewusstes Handeln verhinderten. Stattdessen müssten künftig Einspeisungen von EE-Anlagen, konventionellen Kraftwerken und von Speichern sowie verbraucherseitige Maßnahmen zur Systemstabilisierung optimal zusammengeführt werden. Diese Aufgaben sollten – so sein Vorschlag – die Bilanzkreisverantwortlichen übernehmen. Ergänzend sollte der Zubau von Anlagen zur Umwandlung erneuerbarer Energien durch eine Markte inführungsprämie gesteuert und ein System stabilisierendes Verbrauchsverhalten durch eine Systemstabilisierungsprämie angereizt werden.
Auf der Grundlage der Vorträge debattierten die Bundestagsabgeordneten Rolf Hempelmann (SPD), Judith Skudelny (FDP) und Oliver Krischer (Bündnis 90 / Die Grünen) das Thema.
Die Vorträge von Dr. Growitsch, Dr. Matthes, Dr. Hille und Herrn Köplin stehen in den nächsten Tagen auf der Homepage des Forum für Zukunftsenergien zum Download bereit.
Das Forum für Zukunftsenergien e.V. bedankt sich herzlich bei der Deutsche Bank AG für die Gastfreundschaft.
Die nächste Sitzung des Arbeitskreises Zukunftsenergien findet am 30. Januar 2013 statt.
Über das Forum für Zukunftsenergien e.V.
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