Facettenreiches magnetisches Phänomen
erstmals im Labor nachgewiesen
Bei der Entstehung von Schwarzen Löchern spielen magnetische
Instabilitäten eine entscheidende Rolle, sie regulieren aber auch die
Rotations-Geschwindigkeit kollabierender Sterne und beeinflussen das
Verhalten kosmischer Jets. Zum besseren Verständnis der
zugrundeliegenden Mechanismen sind Laborexperimente auf der Erde nötig.
Im Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR) gelang in Zusammenarbeit
mit dem Leibniz-Institut für Astrophysik Potsdam (AIP) erstmalig der
Nachweis einer solchen magnetischen Instabilität der
Tayler-Instabilität . Die gewonnenen Erkenntnisse sollen auch bei der
Konstruktion großer Flüssigmetall-Batterien helfen, die als preiswerte
Speicher für erneuerbare Energien im Gespräch sind.
Die Tayler-Instabilität wird von Astrophysikern unter anderem in Bezug
auf die Entstehung von Neutronensternen diskutiert. So müssten
Neutronensterne der Theorie zufolge sehr viel schneller rotieren, als
sie dies in Wirklichkeit tun. Die rätselhafte Bremswirkung wird
inzwischen der Wirkung der Tayler-Instabilität zugeschrieben, die die
Rotation von 1.000 Umdrehungen pro Sekunde auf etwa 10 bis 100
reduziert. In kosmischen Jets, also Materieströmen, die senkrecht aus
den rotierenden Gasscheiben in der Umgebung Schwarzer Löcher
herausströmen, werden gelegentlich Strukturen beobachtet, die an die
Doppelhelix der DNA erinnern. Auch für solche Strukturen könnte die
Tayler-Instabilität verantwortlich sein.
Flüssigmetall-Batterien Energiespeicher der Zukunft?
Theoretisch vorausgesagt wurde das jetzt erstmalig im Labor am
Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf beobachtete magnetische Phänomen
von R.J. Tayler im Jahr 1973. Die Tayler-Instabilität entsteht immer
dann, wenn ein genügend starker Strom durch eine leitfähige Flüssigkeit
fließt. Ab einer bestimmten Stärke erzeugt die Wechselwirkung des
Stromes mit seinem eigenen Magnetfeld eine Strömung. Dass dieses
Phänomen nicht nur im Kosmos, sondern auch auf der Erde wirken kann,
wissen die Rossendorfer Wissenschaftler, seit sie sich mit
Flüssigmetall-Batterien beschäftigen. Sollten in Zukunft solche
Batterien als Speicher für regenerative Energien eingesetzt werden, so
könnte sich deren Realisierung auf Grund der beim Laden und Entladen
einsetzenden Tayler-Instabilität als komplizierter erweisen als angenommen.
Amerikanische Wissenschaftler entwickelten die ersten Prototypen und
gehen davon aus, dass das System einfach skalierbar wäre. Der Physiker
Dr. Frank Stefani vom HZDR bezweifelt das: Wir haben errechnet, dass ab
einer gewissen Stromdichte und Batteriegröße unweigerlich die
Tayler-Instabilität einsetzt und dazu führt, dass in den Metallschichten
eine starke Strömung entsteht. Diese rührt die flüssigen Schichten um
und es kommt zum Kurzschluss. In der aktuellen Ausgabe des Fachmagazins
Physical Review Letters berichtet das Team um Stefani gemeinsam mit
Kollegen vom AIP um Prof. Günther Rüdiger über das erste erfolgreiche
Experiment zum Nachweis der Tayler-Instabilität in einem Flüssigmetall.
Hierbei kommt eine bei Raumtemperaturen flüssige Legierung aus Indium,
Gallium und Zinn zum Einsatz, durch die ein Strom von bis zu 8.000
Ampere geschickt wird. Um andere Ursachen der beobachteten Instabilität,
wie z.B. Unregelmäßigkeiten in der Leitfähigkeit, auszuschließen,
verzichten die Forscher bewusst auf den Einbau von
Geschwindigkeitssensoren; stattdessen nutzen sie 14 hochempfindliche
Magnetfeld-Sensoren. Die gewonnenen Daten zeigen die Anwachsraten und
kritischen Ströme der Tayler-Instabilität, die in bemerkenswerter Weise
mit den numerischen Vorhersagen übereinstimmen.
Wie Flüssigmetall-Batterien funktionieren
Bei den kleineren amerikanischen Prototypen entsteht die
Tayler-Instabilität erst gar nicht, doch Flüssigmetall-Batterien müssen
sehr groß sein, damit sie sich rechnen. Frank Stefani führt aus: Ich
sehe Flüssigmetall-Batterien mit einer Grundfläche von Quadratmetern als
durchaus realistisch an. Sie lassen sich sehr einfach herstellen, indem
man die Flüssigkeiten in einen großen Behälter schüttet. Dann
organisieren sie ihre Schichtstruktur selbst und lassen sich beliebig
oft auf- und entladen. Das macht sie wirtschaftlich interessant. Solch
ein System kommt auch sehr gut mit dem Regellastbetrieb zurecht, der
ständig zwischen der Abnahme und Zufuhr von Strom schwankt.
Flüssigmetall-Batterien könnten also den bei Überangebot gespeicherten
Strom immer dann abgeben, wenn die Sonne gerade nicht scheint oder die
Windräder stillstehen.
Das Grundprinzip einer Flüssigmetall-Batterie ist sehr einfach: da
flüssige Metalle leitfähig sind, können sie direkt als Anoden und
Kathoden dienen. Füllt man zwei geeignete Metalle in einen Behälter, so
dass sich das schwere Metall unten und das leichtere oben befindet, und
trennt die Metalle durch eine Schicht aus geschmolzenem Salz, entsteht
eine galvanische Zelle. Die Metalle sind bestrebt, sich zu vermischen
und eine Legierung zu bilden. Da die Salzschmelze in der Mitte sie an
der direkten Vermischung hindert, müssen die Metallatome zunächst
Elektronen abgeben, um dann als Ionen durch die Salzschmelze zu wandern.
Beim anderen Metall angekommen, legieren sie sich mit ihm unter Aufnahme
von Elektronen. Beim Laden wird der Prozess umgekehrt und die Legierung
wieder in ihre Bestandteile zerlegt. Um bei großen Batterien die
Tayler-Instabilität und damit einen Kurzschluss zu vermeiden,
schlägt Stefani ein Innenrohr vor, durch das der Strom zurückgeleitet
wird. Damit lassen sich die Abmessungen der Batterien deutlich vergrößern.
Kosmische Magnetfelder im Laborexperiment
Auch der erstmalige experimentelle Nachweis des homogenen Dynamoeffekts,
der z.B. für die Entstehung des Erd- und Sonnenmagnetfeldes
verantwortlich ist, war Rossendorfer Forschern gemeinsam mit Kollegen
aus Riga im Jahr 1999 gelungen. In einer Gemeinschaftsaktion mit dem
Leibniz-Institut für Astrophysik Potsdam konnte dann 2006 die so
genannte Magnetorotations-Instabilität im Labor nachgestellt werden, die
erklärt, warum Sterne und Schwarze Löcher wachsen können. Im Rahmen des
Zukunftsprojektes DRESDYN bereiten die Forscher zur Zeit zwei große
Experimente mit flüssigem Natrium vor, mit denen der Dynamoeffekt unter
dem Einfluss von Präzession einerseits und die Kombination magnetischer
Instabilitäten andererseits untersucht werden sollen.