Satelliten-Mission soll klären, ob die Eismassen an den Polen zu- oder abnehmen.
Am 8. Oktober 2005 startet um 17:02 Uhr eine Rockot Trägerrakete am
russischen Raumbahnhof Plesetsk mit dem europäischen CryoSat Satelliten
an Bord. Mit Hilfe des Satelliten sollen verlässliche Daten&n
bsp;zu Veränderungen der polaren Eismassen als Folge der globalen
Klimaveränderungen gewonnen werden. Das Alfred-Wegener-Institut für
Polar- und Meeresforschung in Bremerhaven überträgt den Start live im
Rahmen einer Informationsveranstaltung.
Erstmalig Eisdickenmessungen mit Radaraltimeter in Arktis und Antarktis
Der von der EADS-Astrium GmbH in Friedrichshafen am Bodensee gebaute
Satellit wird nach Erreichen der Umlaufbahn mit der Vermessung von
Eisdicken und Eisverteilung in den Polarregionen beginnen. Dies ist die
erste Mission im “Earth Opportunity Missions³-Programm der Europäischen
Weltraumbehörde (ESA), welches die Lösung wissenschaftlicher Probleme
mit Hilfe relativ kleiner und kostengünstiger Satelliten zum Ziel hat.
Der Satellit CryoSat verfügt über ein neuartiges Radaraltimeter, das
mit sehr hoher räumlicher Auflösung sogar einzelne Eisschollen
unterscheiden und deren Dicken messen kann. CryoSat wird der erste
Satellit mit diesem Messinstrument sein und wird erstmalig in
Breiten&nbs p;bis 88 Grad Nord und Süd vorstoßen. Prof. Heinz
Miller, Prof. Peter Lemke und Dr. Christian Haas vom
Alfred-Wegener-Institut waren maßgeblich an Planung und Konzeption der
Mission beteiligt. Wissenschaftler des Alfred-Wegener-Instituts werden
auch wichtige Funktionen bei der Kontrolle und Kalibrierung der
CryoSat-Daten übernehmen.
Dazu werden regelmäßige Expeditionen in die Polargebiete durchgeführt.
Veränderung der Mächtigkeit der Eispanzer bisher unbekannt
In der Antarktis hat die Meereis-Bedeckung in den letzen dreißig Jahren
leicht zugenommen. Über die Dicke und damit das Gesamtvolumen gibt es
bis& nbsp;heute keine ausreichenden Informationen. Im Gegensatz zum
Meereis besteht das Landeis Grönlands und des antarktischen Kontinents
aus Gletschereis, das sich über Jahrtausende aus gefallenem Schnee
gebildet hat. Dieses Eis ist bis zu vier Kilometer dick und teilweise
mehrere hunderttausend Jahre alt. Während die Fläche dieser Eismassen
weitgehend konstant bleibt, sind Veränderungen der Eisdicke auch hier
unbekannt. Die Ausdehnung des arktischen Meereises hat dagegen in den
letzen dreißig Jahren an den Rändern um etwa neun Prozent abgenommen,
wie die Daten von Wettersatelliten zeigen. Beobachtungen&nbs p;der
Flächenausdehnung des Meereises ermöglichen noch keine Aussagen über
das gesamte Volumen, dazu ist zusätzlich die Bestimmung der Dicke
nötig. Die bisher nur sporadisch und räumlich begrenzt
durchgeführten Messungen deuten auf eine Abnahme der Eisdicke seit den
fünfzige
r Jahren. Es lassen sich allerdings keine Aussagen über die gesamten
Eismassen machen. Zudem ist unklar, ob die Beobachtungen wirklich durch
ein Schmelzen oder nur durch eine Umverteilung des dicken Eises in
andere Gebiete verursacht wurde.
Live-Übertragung am Alfred-Wegener-Institut in Bremerhaven
CryoSat soll diese Wissen slücke schließen. Der fast fünf Meter lange
und jeweils zwei Meter hohe wie breite Satellit wird drei bis sechs
Jahre lang die Eisdicken an Nord- und Südpol vermessen. Der 690
Kilogramm schwere CryoSat verfügt kaum über bewegliche Teile, die
Solarzellen zur Energieerzeugung sind nicht wie sonst üblich auf
Sonnensegeln platziert sondern direkt auf dem Rumpf angebracht. Die
tägliche Datenmenge von 320 Gigabit wird über X-Band mit 100 Megabit
pro Sekunde zur Bodenstation in Kiruna, Finnland, übertragen und steht
nach Aufbereitung den wissenschaftlichen Instituten zur Verfügung. Mit
CryoSat sind erstmals genauere Abschätzungen über den gesamten
Eisvorrat der Erde und dessen Veränderung als Folge globalen
Klimawechsels möglich. Der von Eurockot durchgeführte Start wird im
Beisein von Wissenschaftlern, Technikern, Politikern und
Medienvertretern live am Bremerhavener Alfred-Wegener-Institut
übertragen und gefeiert. Neben der Übertragung geben Vorträge
Aufschluss über den Satelliten, seine
Technik, seinen Zweck und den aktuellen Stand der Klimaforschung an den Polen.
Weitere Informationen finden sich unter: http://www.awi-bremerhaven.de/CryoSat/
Bremerhaven, den 6. Oktober 2005