Satire zu Stickstoff-Grenzwerten

Kathrin Spoerr

Der
Verein Deutsche Umwelthilfe will, dass ich saubere Luft atme. Auch
Deutschlands Richter sorgen sich um meine Gesundheit. Zusammen setzen
sie ein Fahrverbot nach dem anderen in Deutschland durch, zuletzt in
Bonn und Köln.

Vor
diesen Urteilen dachte ich, dass es Grenzwerte deshalb gibt, damit ich
gesund bleibe. Ich dachte, dass Schadstoffe Schadstoffe sind, unabhängig
von meinem Beruf und dem Ort, an dem ich lebe.

Das
war sehr naiv von mir. Richtern und Umwelthilfe ist meine Gesundheit
sehr wichtig. Allerdings nur, wenn ich als Fußgängerin unterwegs bin.

Wenn
ich meine Wohnung verlasse, um ins Büro zu gehen, werde ich ein
sensibles Wesen und darf nur 40 Mikrogramm Stickoxide einatmen. Alles,
was drüber ist, bringt mich um. Nur Fahrverbote retten mich.

Wenn
ich im Büro angekommen bin, werden Richter und Umwelthilfe-Aktivisten
plötzlich großzügig mit meiner Gesundheit. Im Büro gilt ein Grenzwert
von 60 Mikrogramm – ein Wert, der mich draußen töten würde. Und ich habe
noch Glück. Leute, die in Fabriken oder Werkhallen arbeiten, dürfen bei
der Arbeit 950 Mikrogramm einatmen, ohne dass sie sterben.

Doch
acht Stunden später, auf dem Heimweg, liegen wir alle, Büro- und
Fabrikarbeiter, den Umweltschützern noch mal kurz am Herzen. Wenn wir
die Dreckluft unserer Büros und Werkhallen verlassen haben, werden die
Stickoxide wieder gefährlich. 40 Mikrogramm, drüber droht der
Erstickungstod, und nur Fahrverbote sichern das Überleben.