Roboter mit Schnurrbart

US-Forscher wollen Roboter noch sensibler machen

Evanston/Washington (pte/06.10.2006/13:05) – Nachgebildete
Schnurrbarthaare sollen Roboter der Zukunft noch sensibler machen.
Forscher der Northwestern University in Evanston/Illinois haben solche
artifiziellen Schnurrbarthaare aus Federstahl nachgebaut, berichtet das
Wissenschaftsmagazin Nature http://www.nature.com. In Zukunft sollen
Roboter damit ausgestattet werden, um noch genauere Daten zu sammeln –
etwa bei der Erkundung fremder Planeten, in der Tiefsee oder gar im
Inneren von Pipelines.

Joseph Solomon und Mitra Hartmann haben sich die Rattenschnurrbärte
genauer angesehen und festgestellt, dass diese die dreidimensionale
Form von Objekten erfassen können. "Die mysteriöse Koordinate war jene
der Abmessungserfassung", meint die Biomechanikerin Hartmann. Wenn die
Ratten Oberflächen abtasten, drehen sie die einzelnen Schnurrbarthaare
so lange, bis sie irgendwo anstoßen. Dadurch sind sie in der Lage, die
genaue Position von Gegenständen zu erfassen. Die Seehundbarthaare
funktionieren etwas anders, da sie auf Strömungsveränderungen
reagieren. Beide Barthaare arbeiten allerdings nach dem gleichen
Prinzip, nämlich, dass die Haare bei Auftauchen eines Gegenstandes
gebogen werden, weil Kräfte auf diese Sensoren wirken.

In den Versuchen konnten die Wissenschaftler feststellen, wie exakt
diese Sensoren bei den Tieren funktionieren. Die künstlichen Barthaare
der Ratte waren vier unterschiedlich lange Drähte aus Federstahl, die
am Ende mit Dehnungsmesser versehen waren. In ersten Tests erwiesen
sich diese als optimal geeignet, die tatsächliche Form des Objekts
festzustellen. Für die Untersuchung der Strömungshärchen veränderten
die Wissenschaftler die Versuchsanordnung. Dabei wurden je vier
Kunststoffbarthaare versetzt an zwei verschiedenen Balken befestigt.
Als Luft über die künstlichen Barthaare geblasen wurde, konnten sie die
Strömungsgeschwindigkeit mithilfe der Dehnungsmesser genau errechnen.
Die Forscher vermuten, dass die Veränderungen des Biegemoments in der
Natur das Vibrationssystem der Barthaare ergänzt, mit dem Tiere die
Beschaffenheit von Oberflächen wahrnehmen. In weiterer Folge sollen die
künstlichen Barthaare so verfeinert werden, dass man Strömungen auch in
3D darstellen kann. Diese Anwendungen würden sich optimal dafür eignen,
um Blockaden in Pipelines schnell aufzuspüren.

"Diese Idee ist hervorragend", meint der Bioniker Rudolf Bannasch von
der TU-Berlin und wissenschaftlicher Koordinator des
Bionik-Kompetenznetzes Biokon http://www.biokon.net im
pressetext-Gespräch. Er sei als Polarforscher vor einigen Jahren auf
die Idee gekommen, sich die Barthaare einer Weddell-Robbe genauer
anzusehen, die blind, aber wohl genährt war. "Bei der Betrachtung
dieser Barthaare, so genannter Vibrissen – so heißen die Sinus-, Tast-
oder Schnurrhaare – konnten wir bis zu 5.000 Nervenendungen entdecken",
so der Forscher. Bei der Verwendung einer solchen Vibrisse in einem
Plattenspieler anstelle einer Nadel, konnte der Forscher bei
verschiedenen Geschwindigkeiten variierende Töne feststellen. "Andere
Wissenschaftler wie etwa der Neurobiologe und Zoologe Guido Denhardt
von der Universität Bochum haben die taktilen Fähigkeiten von Robben
weiter untersucht." Die Tasthaare der Robben sind so sensibel, dass sie
damit Wasserbewegungen von weniger als einem Tausendstel Millimeter
wahrnehmen können, kam Denhardt zum Schluss. Bannasch hatte die Idee
diese Sensoren in Dehnmessstreifen durch das Wasser zu ziehen. "Dabei
konnten wir feinste Wirbelströme über große Distanzen hinweg
verfolgen." Diese Technologie wurde bereits von russischen U-Booten
genutzt, um Schiffe oder andere U-Boote verfolgen zu können.