KI sagt Medikamenten-Wechselwirkungen vorher
Pillencocktail: KI ahnt unerwartete Nebenwirkungen (Foto: stevepb, pixabay.com) |
Stanford (pte002/11.07.2018/06:05) –
Forscher der Stanford University http://stanford.edu haben mit "Decagon" ein KI-System zur Vorhersage von Nebenwirkungen bei
der gleichzeitigen Einnahme zweier Medikamente entwickelt. Denn für die
meisten Kombinationen sind die potenziell gefährlichen Wechselwirkungen
bislang schlichtweg unbekannt. Das System könnte also helfen, die
Behandlung schwerer Krankheiten letztlich sicherer zu machen.
Riskante Cocktails
Immer mehr Menschen nehmen immer mehr Medikamente ein.
Gerade ältere Patienten bekommen oft jeden Tag einen ganzen
Pillen-Cocktail. Bei tausenden zugelassenen Medikamenten ist es aber
praktisch unmöglich, die Wechselwirkungen jeder möglichen Kombination
auszutesten. Besonders neue Kombinationen sind also riskant. "Wir wissen
wirklich nicht, was passieren wird", meint Marinka Zitnik,
Informatik-Postdoc in Stanford. Eben das wollen sie und ihre Kollegen
mithilfe von Decagon ändern.
Das Team hat modelliert, wie die mehr als 19.000
Proteine im Körper interagieren und wie sich Medikamente darauf
auswirken. Anhand von vier Mio. bekannten Zusammenhängen von Arznei und
Nebenwirkung haben sie eine Methode entwickelt, um Muster zu erkennen,
wie Nebenwirkungen durch das Wirken von Medikamenten auf Proteine
entstehen. Dazu hat das Team auf Tiefenlernen gesetzt. Das System ist
darauf ausgelegt, zunächst für Kombinationen von zwei Medikamenten aus
der gleichzeitigen Einnahme resultierende Nebenwirkungen vorherzusagen.
Unerwartetes vorhersehen
Für eine Reihe von Nebenwirkungen, die Decagon
vorhergesagt hat, die aber im ursprünglichen Datensatz nicht
aufschienen, hat das Team überprüft, ob sie mittlerweile in der
medizinischen Literatur berücksichtigt werden. Dabei haben die Forscher
festgestellt, dass das KI-System zurecht vor eigentlich unerwarteten,
gefährlichen Muskelentzündungen bei gleichzeitiger Einnahme des
Blutdrucksenkers Amlodipin und des Cholesterinsenkers Atorvastatin
gewarnt hat. Auch bei fünf von zehn weiteren Decagon-Vorhersagen hat
sich gezeigt, dass die Nebenwirkungen mittlerweile praktisch
nachgewiesen wurden.
Das legt nahe, dass der KI-Ansatz tatsächlich geeignet
ist, mögliche Medikamenten-Wechselwirkungen relativ zuverlässig
vorherzusagen. Die Forscher hoffen daher, das System auch auf
Kombinationen von drei oder mehr Medikamenten auszuweiten. Zudem wollen
sie ein nutzerfreundliches Tool entwickeln, das Ärzte heranziehen
können. Das zufällige Entdecken von möglicherweise schweren
Nebenwirkungen an Patienten könnte dann ein Ende haben. "Unser Zugang
hat das Potenzial, eine effektivere und sicherere Gesundheitsversorgung
zu ermöglichen", meint Stanford-Informatikprofessor Jure Leskovec.