Ozon und Klima: Mit dem Forschungsflugzeug HALO zum Nordpol

die Belastung der Erdatmosphäre durch
ozonzerstörende Substanzen wie Chlor oder Brom aus
Fluorchlorkohlenwasserstoffen (FCKW) hat sich dank des Montrealer
Abkommens zum Schutz der Ozonschicht in den vergangenen Jahren
verringert. Ozon wird jedoch nicht nur von diesen Substanzen
beeinflusst, sondern ist auch selbst ein Treibhausgas: Seine Wirkung auf
das bodennahe Klima ist in der Tropopausenregion – der Übergangszone
zwischen Stratosphäre und Troposphäre in circa sieben bis 17 Kilometern
Höhe – am größten. Die dort ablaufenden komplexen Prozesse sind
Gegenstand einer umfangreichen Messkampagne mit dem deutschen
Forschungsflugzeug HALO, die Klimaforscher des Karlsruher Instituts für
Technologie (KIT) koordinieren und im Verbund mit mehreren Partnern
durchführen.

„Bisher ist die Tropopausenregion über der
Arktis noch wenig untersucht. Für die nun startende Messkampagne wurde
das Forschungsflugzeug HALO mit einer gezielten Kombination speziell
entwickelter Sensoren ausgerüstet. Unter anderem wollen wir so die
Prozesse, die Ozon und andere klimawirksame Spurengase in der arktischen
Tropopausenregion im Winter beeinflussen besser verstehen“, so  Hermann
Oelhaf vom Institut für Meteorologie und Klimaforschung des KIT, der
die Kampagne zusammen mit seinem Kollegen Dr. Björn-Martin Sinnhuber
koordiniert.

„Wir wissen, dass der Klimawandel aufgrund
der Zunahme von CO2 und anderen Treibhausgasen in der Atmosphäre die
Ozonschicht stark beeinflussen wird. Aber gerade im arktischen Winter
sind die Prozesse durch das Wechselspiel von atmosphärischer Zirkulation
und Chemie komplex, und wir verstehen einige der Mechanismen noch nicht
ausreichend genug, um verlässliche Prognosen für die Zukunft abgeben zu
können,“ so Björn-Martin Sinnhuber. Während etwa am Erdboden die
Zunahme an Treibhausgasen zu einer globalen Erwärmung führe, bewirke sie
in der Stratosphäre eine Abkühlung.

Im Gegensatz zum Südpol, wo sich jedes Jahr
im Frühjahr der Südhemisphäre ein Ozonloch bildet, wurden über der
Arktis nur in wenigen, besonders kalten Wintern extreme Ozonzerstörungen
beobachtet, die dem antarktischen Ozonloch vergleichbar sind. „Ob aber
tatsächlich durch den Klimawandel häufiger kalte Winter in der
arktischen Stratosphäre auftreten werden oder ob Änderungen in der
atmosphärischen Zirkulation eher zu einer Erwärmung der arktischen
Stratosphäre führen werden, ist noch eine offene Frage“, sagt Sinnhuber.

Besonderes Augenmerk richten die Forscher
während der Kampagne auf Prozesse, die Ozon, Wasserdampf und andere
Spurengase im Bereich der Tropopause kontrollieren, also im
Übergangsbereich zwischen der Troposphäre und der Stratosphäre. Die
Tropopause liegt je nach Jahreszeit und geografischer Breite zwischen
sieben und siebzehn Kilometern Höhe, in polaren Breiten in etwa sieben
bis zwölf Kilometern Höhe. „Von entscheidender Bedeutung für die
Verteilung klimawirksamer Spurengase in der Tropopausenregion sind die
Transportwege, über welche die arktischen Luftmassen in die mittleren
Breiten gelangen und umgekehrt, sowie Austauschprozesse zwischen
Stratosphäre und Troposphäre“, erläutert Hermann Oelhaf. Mit einer
Flughöhe bis 15 Kilometer und einer Reichweite von mehr als 8.000
Kilometern ist HALO (High Altitude and Long Range Research Aircraft) für
solche Studien besonders geeignet.

Ein wichtiges Messgerät an Bord von HALO ist
das Infrarotspektrometer GLORIA, das Wissenschaftler und Ingenieure des
KIT und des Forschungszentrums Jülich gemeinsam entwickelt und gebaut
haben. „Mit GLORIA können wir Temperatur, Wolkenparameter und eine
Vielzahl von Spurengasen in der Atmosphäre beobachten“, so Hermann
Oelhaf. Das Infrarotspektrometer analysiert die Wärmestrahlung der
Atmosphäre und identifiziert verschiedene Spurengase anhand ihrer
spektralen Signatur, einer Art „Fingerabdruck“ der Moleküle. Da dabei
die Abstrahlung der Atmosphäre selbst gemessen wird, funktioniert das
Verfahren auch während der Polarnacht. GLORIA kombiniert Spektrometer
und Infrarotkamera und kann auf diese Weise zweidimensionale
Spurengasverteilungen – man kann sich dies als fein gewebte Vorhänge
entlang des Flugpfades vorstellen – viel detaillierter beobachten als
bisher. „Dies ermöglicht uns neue Einblicke in vertikale und horizontale
Transportprozesse, ebenso in die Wechselwirkung zwischen hohen dünnen
Cirrus-Wolken und Spurengasen wie Wasserdampf in der Tropopausenregion,
beides kritische Größen im Klimasystem“, erläutert Oelhaf.

Etwa 70 Wissenschaftler, Ingenieure,
Techniker, Piloten, und Logistiker werden im Hangar „Arena Arctica“ im
schwedischen Kiruna am Polarkreis vor Ort sein. Partner im Projekt
„POLSTRACC – The Polar Stratosphere in a Changing Climate“ (dt. Die
polare Stratosphäre im Klimawandel) sind neben dem Karlsruher Institut
für Technologie (KIT) das Forschungszentrum Jülich (FZJ), das Deutsche
Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) sowie die Universitäten
Heidelberg, Frankfurt, Mainz und Wuppertal. Derzeit finden erste
Testflüge von der DLR-Basis Oberpfaffenhofen bei München statt. Zwischen
Januar und März 2016 dient dann die „Arena Arctica“ als Basis für zehn
bis 15 Forschungsflüge über das Eismeer in Richtung Grönland und
Nordpol.

Über HALO

Das Forschungsflugzeug HALO ist eine
Gemeinschaftsinitiative deutscher Umwelt- und
Klimaforschungseinrichtungen. Gefördert wird HALO durch Zuwendungen des
Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF), der Deutschen
Forschungsgemeinschaft (DFG), der Helmholtz-Gemeinschaft, der
Max-Planck-Gesellschaft (MPG), der Leibniz-Gemeinschaft, des Freistaates
Bayern, des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT), des Deutschen
GeoForschungsZentrums GFZ, des Forschungszentrums Jülich und des
Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR).