Oxytocin macht die eigene Partnerin attraktiver
Hannover, 29. November 2013
Zeigt man Männern Bilder ihrer Partnerin sowie Bilder anderer Frauen, dann erhöht die Verabreichung von Oxytocin bei diesen Männer die Attraktivität der Partnerin, nicht aber die Attraktivität der anderen Frauen.
Ein Wissenschaftlerteam der Universität Bonn unter Leitung von Prof. Hurlemann und unter Beteiligung von Forschern der Ruhr-Universität Bochum und der Universität Chengdu (China) zeigte insgesamt 40 heterosexuellen Männern, die in einer festen Beziehung lebten, Bilder von ihren Partnerinnen und zum Vergleich Bilder von fremden Frauen. Das Experiment wurde doppel-blind und intraindividuell durchgeführt, d.h. die Probanden kamen zu zwei Terminen. Bei dem einen Termin erhielten sie eine Oxytocin-Dosis mit einem Nasenspray verabreicht und bei dem anderen Termin ein Placebo. Darüber hinaus untersuchten die Wissenschaftler die Gehirnaktivität der Probanden mit Hilfe funktioneller Magnetresonanztomographie. Erhielten die Männer Oxytocin anstatt des Placebos, war ihr Belohnungssystem im Gehirn beim Anblick der Partnerin sehr aktiv und sie empfanden die Partnerin auch als attraktiver als die fremden Frauen (1).
In einer weiteren Untersuchungsreihe testeten die Forscher, ob Oxytocin die Aktivierung des Belohnungszentrums nur beim Anblick der Partnerin verstärkt, oder ob es einen ähnlichen Effekt auch bei Bildern von langjährigen Bekannten und Arbeitskolleginnen gibt. Die Aktivierung des Belohnungssystems mit Hilfe von Oxytocin wirkte sehr selektiv mit den Bildern der Partnerinnen, nicht aber, wenn es sich um Bilder von langjährigen Bekannten handelte.
Kommentar
Die Autoren sind nach diesen Ergebnissen überzeugt, dass bloße Vertrautheit nicht ausreicht, um den Bindungseffekt zu stimulieren. Es müsse sich schon um Liebespaare handeln. Jeder Mensch sei darauf angelegt, durch sein Verhalten maximale Belohnung zu erzielen. Kuscheln, Küssen und andere Intimitäten sorgen sowohl bei Frauen als auch bei Männern dafür, dass Oxytocin im Gehirn ausgeschüttet wird. Es wirkt demnach in einer Partnerschaft ähnlich wie eine Droge. Ein Mann muss, rein neurobiologisch gesehen, also mit seiner Partnerin in Liebe und Zuneigung zusammenbleiben, damit er diesen „Belohnungskick“ durch Oxytocin auch in Zukunft bekommt. Ein Paar, das durch Zärtlichkeiten den Oxytocin-Spiegel im Körper des Partners aufrechterhält, so vermuten die Autoren, schützt sich hierdurch in gewisser Weise also auch vor Untreue. Und das wiederum habe den Effekt, dass ein Paar länger zusammenbleibt.
Bereits zuvor wurden Studien zur Applikation von Oxytocin in zwei DGE-Blogs besprochen (2, 3). In einer der Studien hatte die gleiche Bonner Arbeitsgruppe festgestellt, dass Männer, die in einer Beziehung mit einer Frau lebten, nach Oxytocin-Gabe eine größere physische Distanz zu einer fremden attraktiven Frau wahrten als Männer, die als Singles lebten oder die aus der mit Placebo behandelten Kontrollgruppe stammten (2). Diese Beobachtungen passen in das Konzept, dass Oxytocin die Anziehungskraft zwischen Liebespaaren stärkt und gleichzeitig der Versuchung entgegen wirkt, sich mit einer neuen Partnerin einzulassen. In diesem Zusammenhang wäre es interessant zu erfahren, wie sich in der gleichen Testsituation Frauen verhalten, die in einer Liebesbeziehung zu einem Mann stehen.
Der Zusammenhang zwischen Oxytocin und zwischenmenschlichen Beziehungen lässt sich möglicherweise auch therapeutisch nutzen. Um das Sozialverhalten und die sozialen Entscheidungsprozesse bei Borderline-Persönlichkeitsstörung und vielleicht auch bei anderen Diagnosen wie etwa bei Depression zu verbessern wurde im Rahmen einer anderen Studie vorgeschlagen, psychosoziale Interventionen mit Medikamente zur Erhöhung der Oxytocin-Aktivität zu kombinieren (3).
Klaus-D. Döhler