Neuerungen in der Radartechnik für extrem hohe Frequenzen

Das Auto
mithilfe von Radarsensoren einzuparken, gehört schon zum Alltag. Viele
weitere Anwendungen für Radartechnik liegen auf der Hand, etwa präzise
Abstands- und Umfeldsensoren für Roboter und Maschinen der industriellen
Automation oder leistungsfähige Sender und Empfänger für die
Telekommunikation. Jedoch sind die konkreten Anwendungsszenarien meist
sehr individuell, die Stückzahlen klein und die Fertigungskosten hoch.
Das neue Forschungslabor DiFeMiS am Karlsruher Institut für Technologie
(KIT) setzt hier an und entwickelt Drucktechnologien für präzise
Hochfrequenzsysteme bis in den Terahertzbereich (THz), die individuell,
klein und günstig sein werden. Das Bundesministerium für Bildung und
Forschung (BMBF) fördert das Labor mit rund 3,37 Millionen Euro.

Wer an Elektronik
denkt, stellt sich meist Bauteile auf einer grünen Leiterplatine vor.
Doch dieser Träger für elektrische Elemente eignet sich nur für
Schaltungen, die mit Frequenzen deutlich unter 100 GHz arbeiten. Darüber
basieren Platinen für Hochfrequenzsysteme beziehungsweise Radartechnik
meist auf lithografischen Verfahren, die jedoch auf Massenfertigung
optimiert sind: Eine entsprechende Belichtungsmaske zu erstellen, ist
für mittlere Stückzahlen von bis zu 10 000 Exemplaren, wie sie
typischerweise von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) produziert
werden, zu kostenintensiv. Neueste Additive Verfahren und
Präzisions-Drucktechnik könnten die Lücke zwischen Einzel- und
Massenanfertigung schließen.

„Das Herzstück des
geplanten Forschungslabors ist eine konfigurierbare, mikrometerpräzise
Druckplattform mit der in Zukunft das Packaging hochflexibel und
kostengünstig realisiert werden kann“, erläutert Professor Thomas Zwick,
Leiter des Instituts für Hochfrequenztechnik und Elektronik am KIT. Mit
Packaging oder Aufbau- und Verbindungstechnik werden alle den Mikrochip
unterstützenden Bauteile auf einer Platine – vom Leiterdraht bis zur
Antenne – bezeichnet. Es hängt sehr stark von der Anwendung ab – etwa in
Bezug auf die Größe und Ausrichtung von Antennen. Daher eignen sich
massenproduzierte Lösungen von der Stange meist nicht. „Radartechnik bei
sehr hohen Frequenzen bis in den Terahertzbereich bietet sich für viele
weitere Anwendungen an, da die hohe Frequenz eine höhere
Messgenauigkeit, höhere Datenübertragungsrate und eine weitere
Miniaturisierung möglich macht.“

Das Forschungslabor am
KIT verbindet Anlagen für additive und maskenlose Abscheide- und
Strukturierungsverfahren zu einer flexibel einsetzbaren Druckplattform.
Zusätzlich ermöglichen spezielle Messsysteme die Bestimmung des
Frequenzverhaltens von Komponenten und Systemen bei mehr als 500 GHz. Um
elektrische Schaltungen zu drucken, stehen schon verschiedene Verfahren
zur Verfügung, in denen Materialien verschiedenster elektrischer
Eigenschaften quasi als Tinte eingesetzt werden – zweidimensionale wie
Ink-Jet und Aerosol-Jet oder dreidimensionale wie die Laserlithografie.
Für Schaltungen jenseits der Frequenz von 100 GHz gilt es, die Auflösung
zu steigern und die komplementären Eigenschaften miteinander zu
verbinden. Die große Herausforderung ist die exakte Positionierung der
Bauteile: Druckprozesse sollen dazu mikrometergenau aufeinander
abgestimmt werden, damit Bausteine aus den verschiedenen Druckern
optimal zusammenarbeiten und Schaltungen möglichst klein werden.

Insbesondere KMU
könnten digitale Fertigungsverfahren für eine kostengünstige Aufbau- und
Verbindungstechnik bei Frequenzen oberhalb von 100 GHz nutzen, um eine
Vielzahl von Sensoranwendungen im Umfeld von Industrie 4.0 und Robotik
zu entwickeln. In dem Bereich gibt es viele Messaufgaben von einfachen
Abständen bis hin zu komplexer Bildgebung. Hochfrequenzsensoren bieten
sich dafür dank ihrer guten Auflösung, hohen Genauigkeit, kleinen
Bauform und hohen Robustheit an. Aber auch in der Telekommunikation
können Sender und Empfänger aus Hochfrequenzsystemen eingesetzt werden.
Mit digitalen Fertigungsverfahren könnte das Tor zu einer
maßgeschneiderten, integrierten und günstigen Produktion aufgestoßen
werden.

An der „Digitalen
Fertigung von THz-Mikroelektroniksystemen“ (DiFeMiS) arbeiten im
Forschungslabor am KIT derzeit die drei Forschungsgruppen der
Professoren Thomas Zwick, Ulrich Lemmer und Christian Koos zusammen
(Institut für Hochfrequenztechnik und Elektronik, Lichttechnisches
Institut und Institut für Photonik und Quantenelektronik). Die neu
eingerichtete Professur von Ahmet Cagri Ulusoy am Institut für
Hochfrequenztechnik und Elektronik wird bald mit eingebunden. Das Labor
wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen
des Programms „Forschungslabore Mikroelektronik Deutschland“ mit 3,37
Millionen Euro für drei Jahre gefördert. Forschung auf internationalem
Spitzenniveau soll durch Investitionen in modernste Geräte und Anlagen
verstärkt ermöglicht werden. Die insgesamt zwölf Labore sollen neue
Forschungsfelder für die Mikroelektronik der Zukunft erschließen und den
wissenschaftlichen Nachwuchs mit hochmoderner Ausstattung ausbilden.

Thomas Rachel,
Parlamentarischer Staatssekretär bei der Bundesministerin für Bildung
und Forschung, MdB, betonte auf der heutigen (5.2.2019)
Auftaktveranstaltung die Bedeutung der Forschungslabore als Investition
in die Zukunft: „Wir wollen auch in einer sich rasant verändernden Welt
selbstbestimmt leben. Dazu müssen wir in Deutschland und Europa auch
technologisch über eine starke Basis verfügen. Die ,Forschungslabore
Mikroelektronik Deutschland‘ liefern hierzu einen wichtigen Beitrag. In
den Laboren wird die Elektronik der nächsten Jahrzehnte entwickelt und
reif gemacht für die Anwendung, damit neue Ideen und neues Wissen
schnell in unserem Alltag ankommen.“