Neue Methode für sichere Brücken

Angesichts des
Einsturzes der Autobahnbrücke in Genua im August, der vielen
Einschränkungen bei der Befahrbarkeit von Überführungen und des
kritischen Zustands der Fernverkehrsbrücken in Deutschland, werden der
Zustand und die verbleibende Lebensdauer von Brücken immer wieder
öffentlich diskutiert. Forscherinnen und Forscher des Karlsruher
Instituts für Technologie (KIT) entwickeln jetzt ein neuartiges Konzept
zur Zustandsbestimmung von Brücken, um kleinste Veränderungen im
Brückenbauwerk frühzeitig aufzuspüren.

Der stark zunehmende
Auto- und Lastwagenverkehr belastet die oft in die Jahre gekommenen
Bauwerke in einem Ausmaß, das nicht abzusehen war, als sie errichtet
wurden. Da Schäden an der Bausubstanz im frühen Stadium auch mit sehr
großem Aufwand kaum zu erkennen sind, bleibt der tatsächliche innere
Zustand einer Brücke oftmals lange unbestimmt. Sanierungsmaßnahmen
werden häufig erst verspätet und unter Zeitdruck ergriffen. Um dem
Problem abzuhelfen, arbeiten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler
des KIT an einer Methode, den wahren Zustand von Brücken rechtzeitig zu
ermitteln, ohne in die Bausubstanz eingreifen zu müssen.

Die Aufgabe ist
gewaltig: Brücken nehmen im Bundesfernstraßennetz eine Gesamtlänge von
fast 40 000 Kilometern ein. Sie überqueren Straßen, Bahntrassen,
Gewässer oder Täler und sind ein unersetzbarer Teil der kritischen
Verkehrsinfrastruktur. Werden sie beschädigt, so sind Staus, Umwege und
damit Belastungen für Umwelt und Wirtschaft die unmittelbare Folge. Eine
einfache Methode, ihre Verfassung zu ermitteln, könnte somit sehr viel
Geld sparen. Dr. Sina Keller vom Institut für Photogrammetrie und
Fernerkundung des KIT will das Problem im Projekt ZEBBRA mit
Radarsensorik in Kombination mit intelligenten Algorithmen angehen.
„Wenn Fahrzeuge auf eine Brücke fahren, versetzen sie diese in
Schwingung. Diese Bewegungen zeichnen wir mit hochpräzisen Radargeräten
auf“, erklärt die Mathematikerin. Speziell entwickelte
Computer-Algorithmen analysieren die Radarsignale, die das
Schwingungsverhalten der Brücke wiedergeben. Diese werden unter anderem
in Kooperation mit Forscherinnen und Forschern des Instituts für
Automation und angewandte Informatik des KIT erarbeitet. „Gibt es dabei
Abweichungen von der Norm der Schwingungen der jeweiligen Brücke, ist
das ein Hinweis auf Schäden an der Bausubstanz“, so Keller. Mit der
Methode lassen sich Veränderungen sehr genau lokalisieren, sodass sich
auch Schäden in einzelnen Brückensegmenten wie Pfeilern oder
Fahrbahnabschnitten aufspüren lassen.

Neben der neuen Methode
wollen die Forscherinnen und Forscher auch leicht zu transportierendes
Instrumentarium einsetzen. So können alle Messungen mobil vor Ort im
laufenden Betrieb und ohne Verkehrsbehinderungen ablaufen. Es müssen
auch keine Sensoren fest installiert werden. Das Prüfverfahren, so die
Forscher, werde sich durch geringe Kosten und eine leichte Bedienbarkeit
auszeichnen sowie Verkehrs- und Baubehörden die Möglichkeit geben,
Sanierungsmaßnahmen längerfristiger und gezielter zu planen. 

Das Projekt ZEBBRA
läuft bis 2021 und wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung
mit insgesamt 1,5 Millionen Euro gefördert. Weitere Partner des Projekts
sind die ci-Tec GmbH, Karlsruhe, und das Büro für Strukturmechanik,
Coburg.

Weitere Informationen: https://www.sifo.de/files/Projektumriss_ZEBBRA.pdf