Mangelndes Grundwissen verhindert Vermittlung möglicher Gefahren
Kaum jemand kann sich eine molekulare Nanoröhre vorstellen (Bild: bfr)
Bonn (pte/21.10.2009/06:10) – Obwohl kaum jemand eine Vorstellung hat, was Nanotechnologie ist, schätzen die meisten Menschen deren Nutzen höher ein als die Risiken. Zu diesem Schluss kommen Marktforscher der Universität Bonn http://www.uni-bonn.de gemeinsam mit Wirtschaftspsychologen im Journal of Nanoparticle Research. Die Wissenschaflter analysierten im Auftrag des Bundesinstituts für Risikobewertung (bfr) per Befragungen, wie die Nanotechnologie heute wahrgenommen wird. Sichtbar wurden dabei nur geringe Kenntnisse in der Bevölkerung rund um das Thema.
Unter dem Schlagwort Nanotechnologie versteht man die Entwicklung von Werkstoffen oder Bauteilen, denen besonders kleine Komponenten besondere Eigenschaften verleihen. Auch wenn die Technik bereits längst in den Alltag eingezogen ist und etwa in Sonnencremes, Zahnfüllungen oder auch bei bestimmten Lebensmitteln Anwendung findet, gibt es noch sehr wenig Verständnis über die Materie in der Bevölkerung. "Fast niemand weiß genau, was Nanotechnologie genau bezeichnet. Häufig assoziiert man damit den Lotuseffekt, Produkte aus dem IT-Bereich oder Verbraucherprodukte, die Nanotechnologie ausloben wie etwa Schuhpflegesprays", berichtet Forschungsleiter Johannes Simons im pressetext-Interview.
Beruhigendes Halbwissen
Grund für das fehlende Wissen ist die Schwierigkeit, sich Nanoteilchen vorzustellen. „Die Materie ist viel zu kompliziert, als dass man sie ohne große Mühe verstehen könnte. Denn wir wollen zwar wissen, scheuen jedoch in der Regel den Aufwand zu lernen“, urteilt Simons. Die Nanotechnologie sei in ihrer Komplexität mit der Gentechnik vergleichbar, wobei Simons jedoch deutliche Unterschiede in der allgemeinen Bewertung erkennt. „Das Nicht- oder Halbwissen macht in der Gentechnik Angst, da hier die Vorstellung vorherrscht, man wolle dem Herrgott ins Handwerk pfuschen. Bei der Nanotechnologie bewirkt die Unkenntnis hingegen Zuversicht."
Zum positiven Image von Nanotechnologie hätten ausbleibende Risikomeldungen wie auch die Wirtschaft selbst beigetragen. "Die Menschen erhielten bisher noch keine Meldungen mit der Botschaft, dass Nanotechnologie schlimm sein könnte. Sehr positiv besetzt ist das diffuse Wissen über die Anwendung in der Medizin oder im Umweltbereich, wo man die Lösung wichtiger Probleme durch Nanotechnologie erhofft." Förderlich für den Ruf sei auch die Produktreihe ‚Nano‘ von Apple, sowie das gleichnamige Forschungsmagazin im deutschen Fernsehen.
Böse Nanoteilchen
Dennoch fanden die Forscher auch negativ besetzte Begriffe, die die Wissenschaft ebenfalls der Nanotechnologie zuordnet. "Der Begriff Nanoteilchen löst ablehnende Assoziationen aus, wenn sie etwa mit freien Radikalen, Asbest, Feinstaub oder mit der Entstehung von Krebs verknüpft werden. Diese Themen sind stark angstbesetzt." Kaum einer der 1.000 Befragten verband allerdings Nanoteilchen auf Anhieb mit der Nanotechnologie.
Trotz des schwierigen Themas ist Simons der Ansicht, dass die stärkere Vermittlung von Wissen über Nanotechnologie sinnvoll wäre. "Chancen und Risiken dieser Technik werden derzeit in der Öffentlichkeit kaum diskutiert. Die Kommunikation von etwaigen Gefahren ist jedoch erst möglich, wenn es eine bestimmte Wissensgrundlage gibt." Vorbedingung dieser Vermittlung sei es allerdings, noch mehr über in den Köpfen vorhandene Bilder und Ängste Bescheid zu wissen und die Kommunikationsstrategie daran anzuknüpfen.
Abschlussbericht online unter http://www.bfr.bund.de/cm/238/wahrnehmung_der_nanotechnologie_in_der_bevoelkerung.pdf