03.02.2006 Mit Energie in die Zukunft

Erschienen in der Aachener Zeitung (AaZ)

„Energie“ ist vielleicht der am häufigsten missverstandene Begriff
unserer Zeit. Zwar verwendet der Volksmund das Wort Energie in
vielerlei Ausprägungen. Wer möchte nicht als energischer Mensch
tituliert werden, was soviel heißt, dass er durchsetzungsfähig ist.
Auch die Werbung setzt auf „Energie“, denn sie verspricht positive
Attribute. Jeder erwartet durchaus, dass Energie was kosten muss, dass
sie nötig ist um Hitze oder Kälte zu erzeugen, um Fahrzeuge zu bewegen,
um Maschinen anzutreiben, um chemische Prozesse auszulösen usw.
Aber damit hat es sich schon.

Apropos Maschinen, es gibt Kulturkritiker, die behaupten, dass es heute
noch die Sklaverei gäbe, wenn es nicht gelungen wäre, die Energie in
Maschinen zu bändigen. Maschinenarbeit wurde seit der Erfindung der
Dampfmaschine halt  billiger, als Sklaven zu halten. Dass danach
zunächst die einfachen Arbeiter am Fliessband dran glauben mussten und
ebenfalls extrem ausgebeutet wurden, ist leider eine schlimme
Erscheinung der damaligen Zeit. (  die leider in vielen so
genannten Schwellenländer noch lange nicht zu Ende ist )

Werden diese Zeiten wiederkommen, wenn alle fossilen Energieträger
ausgebeutet sind? Haben wir bei dem rasanten Wachstum der
Erdbevölkerung überhaupt noch  Luft zum Atmen, bzw. machen wir aus
unserer Erde ein Treibhaus, in dem nur die Reichen überleben?

Wer hätte vor 150 Jahren gedacht, dass der Mensch jemals fähig wäre, den Globus auf diese Weise zu Grunde richten zu können.

Es gibt im christlich/jüdischen Religionskreis die 10 Gebote, es sind
kluge Vorschriften, die das Zusammenleben der Menschen und mit ihren
Gott regeln sollen. Zu Zeiten, als die „Gebote“ entstanden,
konnte  offenbar nicht mal Gott sich vorstellen, dass das
Menschengeschlecht durch Rücksicht loses Handeln in der Lage ist, sich
den eigenen Boden zu entziehen.  Deshalb wäre es empfehlenswert,
zu den Zehn ein Elftes hinzuzufügen:

„Du darfst die Energiereserven dieser Erde nur soweit ausbeuten, dass
unsere Kinder und Kindeskinder die gleichen Chancen behalten wie die
vorausgegangenen Generationen“ ,

oder weltlich ausgedrückt :

Die Weltstaaten müssen sich dringend auf das Prinzip der
„Nachhaltigkeit“  verständigen, Personen, Staaten , Firmen und
Konzerne, die nicht danach handeln müssen als verantwortungslos
gebrandmarkt werden, und das in einer globalisierten Wirtschaft auf
internationaler Ebene.

“ Nach mir die Sintflut“ ist ein Verbrechen, darauf muss sich die
internationale Gemeinschaft verständigen und entsprechende Sanktionen
beschließen.

Haben wir in Zukunft überhaupt eine Chance, diese Ziele zu erreichen?

Nun, dass es als fundamentales Problem erkannt ist , beweisen
Beschlüsse der Staatengemeinschaft wie das Kyoto- Protokoll und alles
was danach ausgehandelt wurde. Aber, dass ausgerechnet, der Staat, der
den meisten Mist auf unserm Globus hinterlässt, die USA, bisher nicht
beigetreten ist, zeugt von einen fast faschistischem Egozentrismus. Es
darf nicht sein, dass nur Macht und Geld die Welt regieren.  Wie
wir wissen schlägt die Natur bereits zurück. Vielleicht werden die
Unwetterschäden auf eigenem Territorium demnächst so teuer, dass nur
der Präsidentenanwärter oder Gouverneur Chancen hat gewählt zu werden,
der auf Nachhaltigkeit in der Energieversorgung setzt. Versicherungen
machen schon heute in Gebieten mit hohem Risiko nicht mehr mit.
Vielleicht ist es auch die enorme Abhängigkeit vom Goodwill so
genannter Schurkenstaaten, die verantwortungsvolle Staatsmänner zum
Umdenken bewegt.

Was ist zu tun?

Nun die größte Energiereserve ist die, die nicht verpulvert wird. Das
hat sogar die Große Koalition erkannt und will, Gott sei Dank, das
Energiesparen genau so fördern wie die regenerativen Energien. Das
haben seinerzeit die Grünen, trotz aller Verdienste, nicht begriffen.
Dass hier ein enormes Potential liegt, konnte ich mit meinem 6
Familienhaus in Köln belegen. Es wurde im Jahre 1904 erbaut und als ich
es 1973 erwarb, war es energetisch zur Katastrophe mutiert. Man hatte
alle Kamine zugeschüttet und die Wohnungen wurden elektrisch beheizt,
ebenso wie die Warmwasserversorgung. Früher wurde das als modernster
Fortschritt gefeiert, aber als Physiker wusste ich, dass das einen
Umweltfrevel sondergleichen darstellt.

Wärme ist die aufwendigste Energieform die es gibt. Sie ist eine völlig
ungeordnete Energie. Wenn man daraus geordnete, wie zum Beispiel
elektrische oder mechanische ( Zum Bewegen von Autos oder
Maschinen)  herstellen will, dann ist das nur mit enormen
Verlusten möglich, es sei denn die nicht zu vermeidenden Wärmeverluste
werden an Ort und Stelle zum Heizen verwändt. Leider ist das bei den
Großkraftwerken auf der grünen Wiese nur ganz begrenzt möglich. Man
muss sich das mal vorstellen:

So ein Braun- oder Steinkohlekraftwerk kann bestenfalls 30- 40% der
Wärmeenergie in elektrische umwandeln. 60-70 Prozent werden durch die,
physikalisch notwendigen, großen Kühltürme gejagt, insofern sind solche
Kraftwerke genau gesagt riesige “ Wolkenfabriken“. Klassische
Kernkraftwerke bringen es da sogar nur auf 20-25 %.

Das alles kann man vermeiden, wenn man solche Einrichtungen in die Nähe
der Verbraucher errichtet, so was nennt man dann Kraft-Wärme-Kopplung
oder kurz Heizkraftwerke.

Mit moderner Technologie ist es sogar heutzutage möglich solche
Heizkraftwerke in Miniatur (Kleinheizkraftwerke mit Erdgas oder Heizöl
betrieben) im eigenen Heizungskeller einzurichten.

Genau das habe ich zu Hause getan, Den Strom verkaufe ich für ca 0,10 €
pro KWh  an das lokale EVU – die „Rheinenergie“ . Auf lange Sicht
rechnet sich jedenfalls diese „dezentrale Stromerzeugung“.

Zusätzlich habe ich in Zusammenhang mit der Fassadenrenovierung von
Außen  so gut wie möglich wärmeisoliert und 2 Solarpanele zur
Wärmegewinnung auf´s Dach gesetzt. So ist es mir gelungen den
Energieverbrauch meines Hauses auf 1/5 oder um 80% zu reduzieren.

Meine Devise: Energie lässt sich in gewissen Grenzen mit Köpfchen und
gutem Willen substituieren, jedenfalls kann ich mich u.a. zu Hause 1-2
Mal pro Woche in der Badewanne aalen ohne die CO2 Bilanz zu
strapazieren. Im übertragenen Sinn zeigt dieses Beispiel, dass
intelligentes Energiesparen eine sehr ergiebige Energiequelle
darstellt, das die Reserven solange schonen hilft, bis regenerative
Energien wirtschaftlich, auch ohne permanente Subventionen, zur
Verfügung stehen.

Dass sich die Probleme mit der Endlichkeit fossiler Energieträger schon
heute wirtschaftlich offenbaren, sieht man an der Preisentwicklung.
Früher wurden Verbraucher und Industrie mit dem Argument beruhigt, dass
die verfügbaren Reserven von Öl, Kohle und Gas noch für etliche
Jahrzehnte reichen würden. Was nicht berücksichtigt wurde, ist, dass in
einer Marktwirtschaft mit zunehmender Knappheit, die Preise enorm
steigen ( der Preis wird noch teurer; wenn wie gehabt, aus
Energiemangel Kriege angezettelt werden)

Das mit dem Preis hat auch etwas Tröstliches: die regenerative
Energiegewinnung lohnt sich umso mehr je teurer die fossilen Rohstoffe
werden. Allerdings, muss das mit enormen Energieeinsparungen
einhergehen.
Öl, Alkohol, Biogas usw. vom Acker und Erdwärme kann auf Dauer
selbst einen begrenzten Energiehunger unserer Zeit nicht allein
befriedigen.

Solarzellen, die in der Lage sind, die Strahlen der Sonne unmittelbar
in Strom und dann in Wasserstoff umzuwandeln, lohnen sich, wenn man
ehrlich ist, energetisch nur in südlichen Ländern, wobei den
Mittelmeer- Anrainerstaaten große Chancen eingeräumt werden.
Transportieren und vor allem speichern lässt sich die Energie rationell
mit der angesprochenen Wasserstofftechnologie, der große Chancen
eingeräumt werden, auch weil Wasserstoff sich in Brennstoffzellen mit
geringsten Verlusten  in hochwertige Energieformen umwandeln
lässt. In Zukunft könnte Wasserstoff unter Einwirkung des Sonnenlichts
auch von Mikroorganismen direkt produziert werden, in großen, flachen
Behältern gefüllt mit Nährflüssigkeit, daran arbeiten jedenfalls
Gentechniker, was sicher auch nicht jedem recht ist.
Recht wird vielen auch nicht meine letzte Bemerkung sein. In
Anbetracht, dass in vielen, an Deutschland angrenzenden Staaten die
Kernenergie bald eine Renaissance sondergleichen erfahren wird, sollten
wir überlegen, ob es sinnvoll ist, die sicheren KKW´s die bei uns noch
gut funktionieren, aus ideologischen Gründen zwangsweise früher vom
Netz zu nehmen, als nötig. Das gewonnene Geld sollte dann allerdings
zum größten Teil in die Technologie zur Entwicklung regenerativen
Quellen gesteckt werden.

Übrigens vor 30 Jahren hätte ich hier noch die Fusionsenergie erwähnt.

Aber damals sprachen Wissenschaftler von 20 Jahren Entwicklungsbedarf,
heute sind daraus noch zusätzlich 50 Jahre geworden. Obwohl Europa
teure Gemeinschaftsforschung betreibt und sogar die Japaner, Amerikaner
und Kanadier mit ins Boot gezogen hat, bin ich nicht sehr optimistisch.
Das Sonnenfeuer auf die Erde zu holen erweist sich doch viel sperriger,
als es selbst Pessimisten vorhergesagt haben. Darauf zu warten erweist
sich zunehmend als unverantwortlich.

Ihr

Jean Pütz