MikroRNAs: Neue Erkenntnisse bei Krebsentstehung

ein internationales Forscherteam unter
Leitung des Helmholtz Zentrums München, der Technischen Universität
München und der Universität Edinburgh hat mit Hilfe integrierter
strukturbiologischer Untersuchungen die Reifung einer krebsauslösenden
mikroRNA in der Genregulation aufgeklärt. Die Autoren hoffen, aus den in
‘Nature Communications‘ vorgestellten Ergebnissen langfristig neue
Therapien ableiten zu können.

MikroRNAs (miRNAs) bilden
eine Klasse von Molekülen, die aus kurzen Abfolgen von RNA-Bausteinen
bestehen. Sie sind in der Lage, den Aufbau von bestimmten Proteinen zu
verhindern, indem sie die entsprechende Bauplan-RNA abbauen.

Auch krebsauslösende miRNAs, sogenannte
oncomiRs, arbeiten nach diesem Prinzip und verhindern vornehmlich die
Herstellung von Proteinen, die die Zelle gegen unkontrolliertes Wachstum
schützen. „So führt ein verstärktes Auftreten dieser Moleküle in der
Zelle langfristig zur Krebsentstehung“, erklärt Prof. Michael Sattler,
Direktor des Instituts für Strukturbiologie am Helmholtz Zentrum München
und Lehrstuhlinhaber für Biomolekulare NMR Spektroskopie an der
Technischen Universität München. „Allerdings sind die molekularen
Mechanismen, wie manche miRNAs in der Zelle überhaupt hergestellt werden
bis heute nicht gut verstanden.“

Dazu muss man wissen: Bevor
eine miRNA in der Zelle wirken kann, durchläuft sie mehrere
Reifungsschritte und entwickelt sich von einer sogenannten primären
pri-miRNA über ein Vorläuferstadium (englisch: precursor, daher
pre-miRNA) hin zur reifen miRNA. Gemeinsam mit Forschenden um Prof.
Javier Caceres und Dr. Gracjan Michlewski von der Universität Edinburgh
sowie sein Mitarbeiter Hamed Kooshapur (nun National Institutes of
Health, USA) untersuchte Sattler in der aktuellen Arbeit die Reifung
einer bestimmten pri-miRNA.

„Konkret hatten wir uns auf die Reifung von
miRNA-18a konzentriert, die bereits mit Darm-, Brust- und
Speiseröhrenkrebs in Verbindung gebracht wurde“, erklärt Michael
Sattler. „Um aufzuklären, wie ihre Reifung funktioniert, mussten wir
verschiedene Verfahren kombinieren. Dabei kamen sowohl Kernspinresonanz
(NMR)-Spektroskopie, Röntgenkristallographie,
Kleinwinkel-Röntgenstreuungsanalysen als auch biochemische Experimente
zum Einsatz.“

Auf diese Weise konnten die Autoren nachweisen, wie
genau ein bestimmtes RNA-Bindeprotein (hnRNP A1) die pri-miRNA-18a
erkennt und deren Struktur derart verändert, dass sie sich zur fertigen
miRNA-18a weiterentwickelt. Die Forscher gehen davon aus, dass der
Mechanismus auch auf andere miRNAs übertragbar ist. „Langfristig hilft
uns das Verständnis für die Prozesse dabei, neue Therapieoptionen –
beispielsweise gegen Krebs – zu entwickeln“, so Michael Sattler
abschließend. „Denn nur wenn wir verstehen, wie die Biologie
funktioniert, können wir zielgerichtet darin eingreifen.“