27.05.20 Konjunkturaufschwung unter dem Motto: Klimaschutz zuerst – Ein Brief an Umweltministerin Svenja Schulze

Sehr geehrte Frau Bundesministerin Svenja Schulze,

wir kennen uns von einer Pressekonferenz, zu der Sie uns Wissenschaftsjournalisten von der WPK zu einem Hintergrundgespräch über Umweltpolitik in Ihr Ministerium eingeladen hatten. Das war am 21. März vorigen Jahres – also weit vor Corona.

Als ehemaliger Redakteur für ein Umweltmagazin im WDR-Fernsehen, erwartete ich exklusive Informationen. Es war eine Enttäuschung, Sie erschienen mit ‚akademischer‘ Verspätung, hielten uns ein Statement und verschwanden wieder, weil Sie noch andere Termine vorgaben. Fragen zu stellen war nicht möglich. Wenn, dann sollten wir sie Ihrem Staatssekretär stellen. Ich vermute, das war ein Vorwand, denn wenn ich Ihre derzeitige Politik betrachte, sind Sie vor diesen qualifizierten Fragen mangels Fachkenntnis geflohen.

Erst jetzt, zur Corona-Krise, zeigt sich, dass Sie zum Sprachrohr der ‚grünen‘ Populisten geworden sind. Umweltschutz ist in Deutschland sehr wichtig. Das gilt besonders für Reinhaltung unserer unmittelbaren Umgebung: Luft, Erde Wasser,  Artenschutzerhaltung, usw. Aber da haben Ihre Vorgänger bereits enorme Vorleistungen erbracht. Noch nie war es in Deutschland so sauber wie heute.

Um sich zu profilieren, so vermute ich, sind Sie jetzt auf die Klimaproblematik gesprungen und bezeichnen das CO2-Problem als Ihre wichtigste Aufgabe. Glauben Sie wirklich, Sie könnten aus Deutschland heraus das Weltklima retten bei nur 2% globalem CO2-Ausstoß? Sie haben sich offenbar dieser Idee rücksichtslos verschrieben, ohne die Nebenwirkungen und Risiken zu bedenken und der Vernunft eine Chance zu geben. Unvernunft bedeutet für mich zunächst einmal, den Schwerpunkt der CO2-Reduktion dem Autoverkehr anzulasten. Insbesondere unsere privaten PKWs haben es Ihnen und den ‚grünen‘ Ideologen angetan. Im Ziel, die Elektromobilität zu forcieren, sind Sie bereit, die Automobilindustrie auf das reine Elektroauto zu verpflichten. Die Milliarden von Investitionen, die auch durch Ihren Antrieb in diesen Bereich fließen – z. B. durch Kaufanreize im oberen vierstelligen Bereich für das reine Elektromobil bzw. in technisch halbfertige Hybride, haben sogar die Industrie veranlasst, Ihnen auf den Leim zu gehen. Dabei bringt das Elektroauto ökologisch und sozial keinerlei Vorteile. Insbesondere das generelle zukünftige Verbot von Verbrennungsmotoren, vor allem des Diesel- und des Otto-Motors, setzt die Automobil-Industrie vor ähnliche Probleme, wie fast alle anderen Industrie-Zweige, die Deutschland den Rücken gekehrt haben. Darunter ist die Stahlindustrie zu nennen, auch der Maschinenbau, die Chemie und Teile der Pharmazie.

Dabei bietet der Verbrennungsmotor mit Hilfe von in Deutschland entwickelter Kreativ-Technologie viel mehr Möglichkeiten, den CO2-Ausstoß wesentlich stärker zu reduzieren als ohne. Leider hat es der Software-Betrug der Automobilindustrie erleichtert, nicht nur den Diesel als effizientesten Verbrennungsmotor populistisch zu ächten. Dabei ist Feinstaub- oder Stickoxid-Vermeidung heute kein Problem mehr. Ein minimaler Lademotor – nach dem  Diesel- oder Otto-Prinzip –  könnte der Elektromobilität zum wirtschaftlichen Durchbruch verhelfen. Das mit einer Batteriekapazität, die nur 1/5 des bisherigen Autos benötigt.

Prototypen dieser Art, die eine österreichische Firma entwickelt hat, existieren bereits und begnügen sich mit maximal 2 Liter Treibstoff pro 100 Kilometer, und der kann dann auch noch regenerativ gewonnen werden. Das Zauberwort heißt HyperHybrid. Ein Kleinwagen dieser Art kann für weniger als  20.000,00 € angeboten werden und ein Mittelklassewagen á la Tesla unter 30.000,00 €. Aber offenbar passt das nicht in die herrschende Verzichtsideologie hinein, die den Deutschen weismachen will, es gäbe keine Alternative zum Elektroauto. Die hunderte von Milliarden, die die deutsche Automobilindustrie in den Umbau hineinstecken will, fehlen jetzt vor allen Dingen in der Corona-Zeit für notwendigen Aufschwung der Konjunktur. Der Ruf der Autohersteller nach Kaufprämien wird teilweise auch damit begründet, ist aber politisch und ökologisch viel ineffizienter als die Lösung mit dem Verbrennungsmotor zu suchen und auf die HyperHybrid-Methode zu setzen.

Es gäbe noch vieles an anderen Maßnahmen zu kritisieren. Was besonders ins Gewicht fällt ist die Tatsache, dass der private Verkehrssektor nur 6-8% des CO2-Ausstoßes in Deutschland nur ausmachen, während der Gebäudesektor zum Heizen und Kühlen einen Anteil von 45% besitzt. Dass in diesem Sektor am meisten CO2-Reduktion herauszuholen ist,  ist Ihnen offenbar verborgen geblieben, ebenso wie Ihren Vorgängern. Die Bauvorschriften wurden immer stiefmütterlich behandelt und trotzdem steigen die Baukosten ins Unermessliche. Da hätten Sie sich eher profilieren können als auf dem Verkehrssektor. Erklären Sie mir einmal diese enormen Widersprüche. Ich bitte Sie zu verstehen, dass aufmerksame Zeitgenossen diese Verhältnisse umso mehr kritisieren. Hinzu kommen einige weitere Todsünden: Logischerweise hätten Sie z. B. den ideologisch begründeten zukünftigen Abbau der Braunkohlekraftwerke, um angeblich das Weltklima zu retten, ausschließlich in Deutschland verwehren müssen. Dabei ist der Einsatz von Sonnen-, Wind- und Wasser-Energie zwar dringend erforderlich, reicht aber nicht aus, um die sichere Versorgung mit elektrischem Strom zu gewährleisten. Fragen Sie doch einmal Elektro-Ingenieure, die etwas vom Fach verstehen. Dabei sind moderne Kohlekraftwerke wie in Freimersdorf oder Datteln bis ins letzte ausgeklügelt. Doch jedes Mal wird auf die ehemaligen alten ‚Wolkenproduzenten‘ Bezug genommen, um alles in Bausch und Bogen zu verdammen.

Liebe Frau Bundesministerin, diese ganzen Probleme, aus Deutschland heraus das Klima zu retten, sind deshalb zum Scheitern verurteilt, weil nur wenige Länder bereit sind, unserem Beispiel zu folgen. Es gibt zwar viele Lippenbekenntnisse in internationalen Konferenzen, aber letztlich entscheiden nur wenige Länder, wie es mit unserem Globus weitergeht. Schauen Sie nur nach Indien, Brasilien, Indonesien, u. a. v. Selbst in die USA unter Trump, die pfeifen auf unsere wohlgemeinten Ratschläge. Sie bauen am laufenden Band nicht nur hunderte von Kohlekraftwerke, sondern setzen auch auf die Kernenergie. Aber alles dies verschwindet unter dem Giganten China, der zwar Elektroautos favorisiert hat, weil er sonst den Dreck nicht aus seinen Städten herausbekommt. Aber dafür setzt die chinesische Autokratie auf den Neubau von hunderten von Kohlekraftwerke und zig Kernkraftwerke.

Was wir hier in Europa überhaupt nicht offiziell wahrnehmen, dass diese sogenannte ‚gelenkte Demokratie‘ mit dem das Individuum zerstörenden Überwachungsstaat, auf dem Wege ist, nicht nur die wirtschaftliche Weltherrschaft zu übernehmen, sondern auch die Entwicklungsländer durch Billionen Dollar-Investitionen an sich bindet, und damit die Überlegenheit ihres neokommunistischen Systems zu belegen. Dabei hilft ihnen die Tatsache, dass sie mit der angeblichen Überwindung des Corona-Virus der Welt beweisen wollen, dass die westlichen Demokratie-Vorstellungen ebenso wie die soziale und ökologische Marktwirtschaft und die auf Freiheit des Einzelnen  setzende Gesellschaft, ein auslaufendendes Staatsmodell sei.

Meine letzte Frage bittet Sie zu erklären, wie ein nachhaltiger Konjunkturaufschwung in Deutschland und Europa erfolgen soll, wenn die Industrie gegenüber der chinesischen Konkurrenz unfähig wird und wir Milliarden von Subventionen vor allem in den Klimaschutz setzen und behaupten, man könne alles miteinander vereinen. Historisch können wir jedenfalls nicht mehr auf den bisher von der Volkswirtschaft propagierten rhythmischen Wechsel setzen, bei dem auf das Konjunkturtal immer wieder ein Konjunkturhoch folgte, weitgehend gesteuert durch das Defizitspending nach John Maynard Keynes. Wenn die Industrie ihre Konkurrenzfähigkeit verliert, was können wir dann noch dem chinesischen Druck entgegen setzen. Dann möchte ich in Anlehnung an Trumps Sprüchen sagen: ‚Das Hemd ist uns näher als der Rock‘. Aber das ist eher eine Überlebensstrategie.

Ihr Jean Pütz