Jugendliche setzen sich in ihrer Freizeit zu viel Lärm aus

Jugendliche setzen sich in ihrer Freizeit zu viel Lärm aus

fzm, Stuttgart, Juni 2017: Unterwegs nutzen
viele Jugendliche ihr Smartphone oder einen MP3-Player zum Musikhören,
zu Hause die Stereoanlage. Abends gehen sie oft in Diskos oder auf
Konzerte. Die permanente „Beschallung“ birgt jedoch Risiken für das
Gehör junger Menschen. Die Schalldruckpegel liegen häufig über 100
Dezibel (dB) und damit weit im bedenklichen Bereich. Um herauszufinden,
wie sich die Schallbelastung auf das Hörvermögen auswirkt und in welchem
Alter welche Schallquelle den größten Einfluss hat, führten Experten
des Bayerischen Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit
(LGL) die sogenannte OHRKAN-Studie durch. „Die Studie verfolgt unter
anderem die Ziele, Hörschwellenverschiebungen bei Jugendlichen zu
erfassen und Risikogruppen zu identifizieren“, erklärt Dr. Andreas Zapf,
Präsident des LGL. Erste Ergebnisse wurden nun in der Fachzeitschrift
„Das Gesundheitswesen“ (Georg Thieme Verlag, Stuttgart. 2017)
vorgestellt.

Im Rahmen der Studie befragten die Münchener Wissenschaftler
rund 1700 Schüler der Jahrgangsstufe neun zu lärmrelevanten
Freizeitaktivitäten wie Musikhören, Musizieren, Heimwerken oder dem
Besuch großer Sportveranstaltungen. Aus den Angaben der 14- bis
15-jährigen Schüler, wie viel Zeit sie mit den einzelnen Geräuschquellen
verbrachten, und der geschätzten durchschnittlichen Lautstärke,
errechneten LGL-Experten unter der Projektleitung von Dr. Doris Gerstner
dann den Beitrag der einzelnen Quellen zur Gesamtlärmbelastung. Dabei
zeigte sich, dass mit 54 Prozent der weitaus größte Anteil auf tragbare
Musikabspielgeräte entfällt. Mit 16 Prozent liegen Stereoanlagen mit
Kopfhörern an zweiter Stelle, gefolgt von zehn Prozent Lärmbelastung,
die aus Diskobesuchen resultiert.

Zum zweiten Befragungszeitpunkt – die Probanden waren
inzwischen 17 bis 18 Jahre alt – hatte der Beitrag der Diskobesuche an
der Gesamtlärmbelastung deutlich zugenommen. Er lag nun mit 35 Prozent
nahezu gleichauf mit den tragbaren Musikgeräten (36 Prozent). Diese
beobachteten altersabhängigen Verschiebungen in den lärmintensiven
Freizeitaktivitäten unterstreichen die Ergebnisse anderer Studien,
wonach die Nutzungsspitze von MP3-Playern & Co. im Teenageralter
liegt, die Spitze für Diskobesuche aber kurz nach Erreichen der
Volljährigkeit. Die weitere Entwicklung des Freizeitverhaltens wird die
nächste OHRKAN-Erhebung zeigen. Bei den dann 20- bis 21-Jährigen ist der
Höhepunkt der Lärmexposition durch Diskobesuche dann womöglich bereits
überschritten.

Eventuell geht dann auch die gesamte Lärmexposition wieder
etwas zurück. Diese war zu beiden bisherigen Messzeitpunkten
beunruhigend hoch: Bereits bei der ersten Befragung überschritten rund
drei Viertel der Jugendlichen den für die Arbeitssicherheit relevanten
Lärmexpositionswert von 80 dB (A). Bei der zweiten Befragung waren es
sogar 92 Prozent der Teilnehmer.

Die bisherigen Ergebnisse zeigen, dass es für Aussagen zu
tatsächlichen Hörschäden noch zu früh ist. Als Längsschnittstudie soll
OHRKAN das Schülerkollektiv zunächst noch über mehrere Messzeitpunkte
hinweg beobachten und diese Langzeitdaten dann mit dem Hörvermögen in
Bezug setzen. Doch bereits jetzt empfehlen die Studienautoren, möglichen
Hörschäden vorzubeugen. Eine Pilotstudie der Münchner Forschungsgruppe
zeigt, dass es sinnvoll ist, die Risiken lauter Musik für das Gehör
schon in der fünften bis sechsten Klasse zu thematisieren.