Jäger und Ehefrau erkranken an Hasenpest
fzm, Stuttgart, März 2014 – In deutschen
Wäldern lauern mitunter unerwartete Gefahren. So infizierten sich im
Lippischen ein Hobby-Jäger und seine Frau mit der Hasenpest, die laut
dem Fallbericht in der Fachzeitschrift „DMW Deutsche Medizinische
Wochenschrift“ (Georg Thieme Verlag, Stuttgart. 2014) erst nach mehreren
Wochen diagnostiziert wurde.
Der Hobby-Jäger, ein 63-jähriger Techniker aus dem
Baugewerbe, hatte nach bestandener Jagdprüfung das erste Mal an einer
Hasenjagd teilgenommen. Zur Beute gehörte ein Hase, der später im
Beisein seiner Frau waidmännisch zerlegt wurde. Wenige Tage später
erkrankte der Jäger plötzlich an Husten, von dem er sich in den nächsten
vier Wochen nicht wieder erholte. In dieser Zeit nahm er fünf bis sechs
Kilogramm an Gewicht ab. Weder die Ärzte noch ihr Patient vermuteten
einen Zusammenhang mit dem Jagdausflug.
Der auffälligste medizinische Befund war eine einseitige
Flüssigkeitsansammlung im Rippenfell, ein Pleuraerguss, berichtet Dr.
Rebekka Kohlmann vom Institut für Medizinische Laboratoriumsdiagnostik
in Bochum, wo die mikrobiologischen Tests durchgeführt wurden. Die Ärzte
hatten zunächst eine Krebserkrankung vermutet. Die langjährige
Tätigkeit auf dem Bau und der Pleuraerguss passen zu einem Mesotheliom,
einer möglichen Spätfolge der Asbestbelastung aus den 70er Jahren.
Sicherheitshalber waren aber Proben des Pleuraergusses zum Nachweis von
Keimen nach Bochum geschickt worden. Dort wurden in einem Brutkasten
nach 72 Stunden Bakterien nachgewiesen. Die genetische Untersuchung
ergab, dass es sich um Erreger der in Europa verbreiteten Form der
Tularämie oder Hasenpest handelte.
Mit der Pest des Mittelalters hat die Hasenpest außer dem
Namen nichts gemein. Der Erreger ist ein anderer, der Verlauf beim
Menschen in der Regel milde und die Infektion leicht zu behandeln. Eine
vierzehntätige Therapie mit Doxycyclin, einem Antibiotikum, kurierte den
Jäger – und auch seine Frau. Ihr war, nachdem die Tularämie beim
Ehemann diagnostiziert worden war, eine Schwellung in der rechten
Achselhöhle aufgefallen. Da sie beim Ausweiden des Jagdgutes geholfen
hatte, wurde auch bei ihr eine Hasenpest vermutet. Ein Antikörpertest an
einer Blutprobe bestätigte den Verdacht.
Die Tularämie ist insgesamt selten. Dem Robert Koch-Institut
in Berlin werden jährlich nur etwa 15 Fälle gemeldet. Meistens gelangen
die Erreger über die (verletzte) Haut in den Körper. Dies kann durch
Hautkontakt mit infizierten Säugetieren erfolgen, aber auch durch den
Stich von Zecken, Bremsen oder Mücken. Am Ort der Infektion entsteht
nach einigen Tagen eine offene Stelle. Später dringen die Erreger über
die Lymphgefäße in die Lymphknoten vor, die sich deutlich vergrößern
können. Die Bakterien können auch über die Schleimhäute, wie die
Bindehaut des Auges, oder aber durch den Verzehr infizierter Speisen
über den Darm in den Körper eindringen. Am gefährlichsten ist das
Einatmen, zu dem es beim Jäger beim Ausweiden des Tieres gekommen ist.
Hier sind schwere Verlaufsformen möglich. Im hessischen Landkreis
Darmstadt-Dieburg erkrankten 2005 insgesamt zehn Jäger nach einer
Hasentreibjagd, als die zerlegten Hasen mit einem Wasserschlauch
gereinigt wurden. Einer der Jäger starb damals vermutlich an den Folgen
der Infektion.
R. Kohlmann et al.: