Impfen und Händewaschen statt Antibiotika

Impfen und Händewaschen statt Antibiotika:

Wie Patienten helfen können, Resistenzen zu vermeiden

Berlin
– Laut Umfrage einer Krankenkasse erhielt 2016 jeder vierte
Versicherte, der erkältet war, von seinem Hausarzt Antibiotika (1).
Dabei belegen viele Studien, dass Antibiotika bei Erkältungen und Grippe
keinen Nutzen bringen. Stattdessen erhöht der großflächige Einsatz die
Gefahr für Resistenzentwicklungen, so die Deutsche Gesellschaft für
Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP). Was Ärzte und Patienten tun
können, um Antibiotika effizient einzusetzen und Resistenzen
vorzubeugen, erklären Experten auf einer Pressekonferenz, die im Vorfeld
des DGP-Kongresses in Berlin stattfindet.

Da
Atemwegsinfektionen meist durch Viren ausgelöst werden, bringen
Antibiotika keine Linderung. „Stattdessen wird der Patient nur unnötigen
Nebenwirkungen ausgesetzt“, betont Professor Dr. med. Mathias Pletz,
Direktor des Instituts für Infektionsmedizin und Krankenhaushygiene in
Jena. Allerdings können klassische Erkältungssymptome wie Husten,
Schnupfen, Kopf- und Halsschmerzen auch die Folge einer bakteriell
bedingten Lungenentzündung sein, die schnellstmöglich mit Antibiotika
behandelt werden sollte. Um festzustellen, ob Viren oder Bakterien für
die Erkrankung verantwortlich sind, benötigt es einen Test – dieser aber
dauert zwei bis drei Tage und ist zudem nicht immer eindeutig. Viele
Hausärzte verschreiben das Antibiotikum deswegen sicherheitshalber,
erklärt der DGP-Experte. Denn falls doch eine Lungenentzündung vorliegt,
sollte diese schnellstmöglich behandelt werden. Zweitens können sich
auf dem Schleim, der sich bei Grippe in den Bronchien festsetzt,
zusätzlich Bakterien ansiedeln, die eine sogenannte Superinfektion
verursachen.

Mithilfe
von Procalcitonin, einem Entzündungsparameter im Blut, können Ärzte
nachweisen, ob es sich um eine bakterielle Infektion handelt. Studien
zeigen, dass die Verordnung von Antibiotika nach Procalcitoninwert bei
ambulant erworbenen Atemwegsinfektionen 40 bis 60 Prozent
Antibiotikaverbrauch einsparen kann, ohne die Patienten zu gefährden.
Hier fehlt es aber noch an geeigneten Tests, die der Hausarzt in der
Praxis durchführen kann.

Patienten
können einen großen Beitrag zur Vermeidung von Resistenzen leisten, so
Pletz. „Wer Antibiotika genau nach Anweisung vom Arzt einnimmt,
verhindert die Entstehung multiresistenter Keime und tut gleichzeitig
das Beste für die eigene Gesundheit.“ Folgendes empfiehlt der Experte:

·Mehrmals tägliches Händewaschen mit Wasser und Seife schützt vor Infektionen.

·Wie
bei jedem Medikament, gilt auch für die Einnahme von Antibiotika: Sie
sollte so kurz wie möglich und so lange wie nötig erfolgen. Antibiotika
müssen nicht immer bis zum Ende der Packung eingenommen werden. Manchmal
reicht eine verkürzte Anwendung. Patienten sollten die Medikamente
jedoch niemals in Eigenregie absetzen, sondern dies mit ihrem Arzt
besprechen.

·Am
Ende der Behandlung sollten übrig gebliebene Antibiotika entsorgt
werden. Auf keinen Fall sollte man Medikamente von einer früheren
Behandlung auf Gutdünken wiederverwenden.

·Kinder,
Senioren und Menschen mit chronischen Erkrankungen sollten sich
außerdem nach Empfehlung der Ständigen Impfkommission (STIKO) gegen
Pneumokokken und jährlich Influenza impfen lassen. Beide Impfungen
schützen nachweislich vor Atemwegserkrankungen und deren Folgen wie etwa
Hirnhautentzündungen oder Blutvergiftungen. Neue Studien zeigen auch,
dass gerade die Influenza das Risiko für Herzinfarkte und Schlaganfall
drastisch erhöht – und dass die Impfung dieses Risiko reduziert.

·Generell
ist die jährliche Influenza-Impfung für jeden sinnvoll, insbesondere
für Menschen mit vielen Kontakten zum Beispiel in medizinischen Berufen.

„Um
der Gefahr durch multiresistente Keime zu begegnen, benötigen wir
letztendlich immer wieder neue Antibiotika“, erklärt Pletz, „denn die
Entwicklung von Resistenzen gehört zur Evolution von Bakterien – und
Evolution lässt sich nicht aufhalten. Bis die neuen Substanzen auf dem
Markt sind, gilt es, die Verbreitung von Resistenzen zu vermeiden durch
verbesserten Infektionsschutz, strengere Krankenhaushygiene und
leitliniengerechte Therapiestandards“. Welche Maßnahmen außerdem
notwendig sind, um die Ausbreitung multiresistenter Keime zu verhindern
und Antibiotika zu sparen, diskutieren Experten auf einer
Pressekonferenz, die im Vorfeld des 59. DGP-Kongresses in Berlin
stattfindet.

Quelle