Impfen: Die beste Apotheke der Welt, unsere körpereigene aktivieren
Gemeinschaftsschutz“: Warum wir mit Impfungen nicht nur uns selbst, sondern auch andere schützen
Wer sich impfen lässt, schützt nicht
nur sich selbst – schließlich kann man eine Infektion, die man
sich selbst gar nicht erst zuzieht, auch nicht auf andere
übertragen. Oft sind es Säuglinge, die auf diesen
Gemeinschaftsschutz angewiesen sind, bevor sie selbst geimpft
werden können. Aber auch Erwachsene profitieren von dem Effekt,
der auch als Herdenimmunität bezeichnet wird. Über die
wechselseitigen Schutzbeziehungen, die Impfungen mit sich
bringen, werden Experten auf der heutigen Pressekonferenz
anlässlich des Kongresses für Infektionskrankheiten und
Tropenmedizin (KIT 2018) in Köln diskutieren. Mit
den Impfempfehlungen, die die Ständige Impfkommission des
Robert-Koch-Instituts für Deutschland formuliert, werden eine
ganze Reihe unterschiedlicher Ziele verfolgt. „Neben dem
Individualschutz vor Infektionskrankheiten und deren möglichen
Folgen spielen auch gesellschaftlich relevante Ziele wie die
Unterbrechung von Infektionsketten oder die Ausrottung von
Erregern eine Rolle“, sagt Professor Dr. med. Markus Knuf,
Direktor der Klinik für Kinder und Jugendliche der Helios Dr.
Horst Schmidt Kliniken Wiesbaden und
Kongress-Präsident von Seiten der Deutschen Gesellschaft für
Pädiatrische Infektiologie (DGPI). Auch der Aufbau einer
Herdenimmunität falle in diese zweite Kategorie – denn nur
durch sie können Menschen, die selbst nicht geimpft werden
können, vor den betreffenden Infektionen und möglichen
Komplikationen geschützt werden. Auch wenn Säuglinge und
Kleinkinder diesen Schutz besonders benötigen, tragen sie
umgekehrt wesentlich zur Herdenimmunität bei, wie Knuf am
Beispiel der Pneumokokken und der von ihnen hervorgerufenen
Erkrankungen zeigt: Weil das Erkrankungsrisiko bei Kindern unter
fünf Jahren besonders groß ist, sieht der Impfkalender bereits
im Säuglings- und Kleinkindalter eine Impfung gegen häufige
Pneumokokken-Varianten vor. „Genau diese Varianten treten seitdem
auch bei Senioren deutlich seltener auf“, sagt Knuf. Auch diese
Gruppe sei durch Pneumokokken-Infektionen und deren
Komplikationen besonders gefährdet. Ob der Aufbau einer
Herdenimmunität als Argument ausreicht, um auch die jährliche
Grippeimpfung für alle Kinder zu empfehlen, ist unter Experten
umstritten. Bisher sieht das RKI die Impfung nur für Kinder vor,
die selbst ein erhöhtes Risiko für Komplikationen haben. Für
Markus Knuf gibt es dennoch gute Gründe, auch gesunde Kinder
gegen die Influenza zu impfen. „Zwar verläuft die Grippe bei
ihnen meist unkompliziert, doch kommt es auch hier immer wieder
zu schweren Verläufen“, erklärt er. Zudem seien Kinder der
Dreh- und Angelpunkt der Influenza in der Gesellschaft. Kinder
im Vorschulalter scheiden über einen langen Zeitraum hinweg eine
große Anzahl von Viren aus, haben eine hohe Kontaktrate und
wissen noch nichts von Hygiene. Viele Erwachsene stecken sich
daher gerade bei Kleinkindern mit der Grippe an. Meist sind es
jedoch die Jüngsten, die den Herdenschutz benötigen. Als
Beispiel dafür, wie geimpfte Erwachsene zum Schutz von
Säuglingen beitragen, nennt Knuf die Impfung gegen Keuchhusten
(Pertussis). Diese für Säuglinge gefährliche Krankheit wird
meist über Jugendliche oder Erwachsene übertragen, bei denen der
Impfschutz bereits nachlässt. „Es ist daher sinnvoll, den
Schutz gegen Pertussis im Jugend- oder Erwachsenenalter
aufzufrischen“, sagt der DGPI-Experte. Auch die sogenannte
maternale Immunisierung, also die Impfung einer werdenden Mutter
im letzten Schwangerschaftsdrittel kann ein Konzept sein, das
Neugeborene zu schützen.