20.03.2010 „Ich habe immer alles ausprobiert“

Herr Pütz, was ist das Faszinierende an Technik und Naturwissenschaften?

Jean Pütz: Dass man etwas gestalten, dass man sich etwas erleichtern kann. Hätten wir Technik und Naturwissenschaften nicht, gäbe es heute eine noch schlimmere Sklaverei als früher. James Watt würde ich deshalb den Nobelpreis und den Friedensnobelpreis verleihen.

Warum sind Naturwissenschaften so wichtig für Kinder?

Pütz: Das Wichtigste, was man einem jungen Menschen beibringen kann, ist Motivation. Wir haben ja keine Ressourcen wie etwa Rohstoffe. Wir müssen uns die Ressourcen selbst schaffen, indem wir die Leute für Technik interessieren.

Warum gelingt das bei Mädchen seltener als bei Jungs?

Pütz: Man muss halt schon ein wenig draufgängerisch sein. Und manchmal geht auch was daneben.

Was ist denn bei Ihnen mal so richtig schief gegangen?

Pütz: Ich habe immer alles ausprobiert, und wenn ich überlebt habe, dann habe ich daraus eine Sendung fürs Fernsehen gemacht. In meiner Jugend war ich in einem Handwerkerinternat. Ich habe Radios gebaut, noch mit Röhren. Die habe ich dann an Dachrinnen und Wasserleitung angeschlossen und alles war wunderbar. Wir durften aber kein Radio hören. Also hat der Direktor mir das Radio abgenommen und es aus dem Fenster geworfen. Ansonsten aber wurde ich in diesem katholischen Internat nicht belästigt.

Verstehen Sie immer alles gleich beim ersten Mal?

Pütz: Nein, überhaupt nicht. Das ist ja das Spannende. Das Suchen ist ein Akt für sich.

Was ich Sie noch fragen wollte …

Pütz: Wissen Sie übrigens, warum die Kraftwerke auf der grünen Wiese wie Biblis einen so schlechten Wirkungsgrad haben? Weil sie nur ein Drittel der eingesetzten Primärenergie nutzen. Das größte Bauwerk sind die Kühltürme. Das sind keine Kraftwerke. Das meiste, was die produzieren, sind Wolken. Deshalb nenne ich sie Wolkenfabriken.

Ich merke schon, wir könnten stundenlang reden. Warum sind Sie trotz Ihres Alters immer so pützmunter?

Pütz: Ich bin ein Ruhestandsverweigerer. Das ist das beste Überlebenstraining. Und außerdem bin ich Überzeugungstäter. Ich habe alles Geld, was ich mit Werbung verdient habe, in ein Nullenergiehaus auf der grünen Wiese gesteckt, ich lebe jetzt in dem Haus und mit dem Haus und bin total autark.

Was werden Sie am Sonntag Besonderes machen bei Ihrer Show in der Heilbronner Experimenta?

Pütz: Am Anfang müssen wir immer die negativen Effekte des Schulunterrichts korrigieren. Die Lehrer machen ja leider einen ganz großen Fehler: Sie experimentieren im Unterricht zu wenig. Physik aber kann man nur verstehen, wenn man sie begreift, im wahrsten Sinne des Wortes: Man muss sie anfassen. Wir zaubern auch ein bisschen. Wissen Sie: Ich nehme alles nicht so ganz ernst, also die Menschen schon, aber nicht mich. Und deshalb wird das auch so ein kleines Kabarett werden.

Iris Baars-Werner, Heilbronn