Akutes Koronarsyndrom
Auch „kleine“ Herzinfarkte werden mit dem Herzkatheter behandelt
fzm – Die Zahl der Menschen, die sich einer Herzkatheterbehandlung
unterziehen, hat sich in den letzten Jahren vergrößert. Der Grund: Die
Behandlung wird immer häufiger bei Menschen mit kleineren Infarkten
oder drohendem Herzinfarkt durchgeführt. Alle drei Formen werden
deshalb unter einem neuen Begriff zusammen gefasst: „Akutes
Koronarsyndrom“. Nach der englischen Bezeichnung „acute coronary
syndrom“ wird es auch als ACS abgekürzt. Der Herzinfarkt ist die
Extremvariante des ACS und im Elektrokardiogramm (EKG) anhand einer
veränderten Kurvenform, der ST-Hebung, erkennbar. Ausgelöst wird der
klassische Herzinfarkt durch ein Gerinnsel, welches eine
Herzkranzarterie vollständig verlegt. Weil kein Blut mehr fließt,
drohen große Abschnitte des Herzmuskels abzusterben. Um dies zu
verhindern, muss die Herzkranzarterie möglichst schnell wieder geöffnet
werden. Dies ist mit Gerinnsel auflösenden Medikamente (Thrombolyse)
möglich oder aber durch einen Herzkatheter. Bei dieser Behandlung wird
das Gefäß mechanisch gedehnt („Angioplastie“) und häufig durch einen
sich selbst entfaltendes Maschendrahtröhrchen („Stent“) offen gehalten.
Die
Angioplastie setzt sich beim Herzinfarkt immer mehr durch. Seit
Neuestem wird sie auch bei der zweiten Form des ACS vorgezogen, wie Dr.
Michael Weber in der Deutschen Medizinischen Wochenschrift DMW (Georg
Thieme Verlag, Stuttgart, 2003) berichtet. Bei dieser Form kommt es
nicht zu einem vollständigen Verschluss der Kranzgefäße durch ein
Gerinnsel. Deshalb ist das EKG oft unauffällig und eine ST-Hebung
fehlt. Es bilden sich aber immer wieder kleinere Gerinnsel (Emboli),
welche die kleineren Abschnitte der Herzkranzarterie verschließen und
dort fortgesetzt kleinere Infarkte auslösen. Die Ärzte sprechen von
einem „Herzinfarkt ohne ST-Hebung“, abgekürzt NSTEMI. Ein „NSTEMI“ kann
erst mehrere Stunden nach dem Schmerzbeginn diagnostiziert werden. Dann
treten Enzyme (Troponin) im Blut auf, die aus den abgestorbenen
Herzmuskelzellen stammen. Neuere Studien zeigen, dass eine möglichst
frühzeitige Herzkatheterbehandlung mit der Platzierung eines Stents die
besten Überlebenschancen bietet. Ohne diese Behandlung sterben viele
Patienten innerhalb der nächsten 6 Monate. Die Herzkatheterbehandlung
kommt auch bei der dritten Form des ACS früher oder später in Frage.
Hier kommt es weder zu einer ST-Hebung im EKG noch zu einem Anstieg der
Enzyme (Troponin). Diese Form heißt „Instabile Angina“, weil es zu
typischen Herzschmerzen („Herzenge“ oder Angina) kommt, die auch in
Ruhe auftreten. Auch diese Patienten haben ein erhöhtes Risiko,
innerhalb weniger Monaten an einem Herzinfarkt zu sterben, weshalb
vielfach eine Herzkatheterbehandlung angestrebt wird.
M. Weber, C. Hamm:
Akutes Koronarsyndrom ohne ST-Hebung. Diagnostik
Deutsche Medizinische Wochenschrift 2003; 128 (6): 270-272