Nanotechnologie schafft Mini-Schwamm, der Feuchtigkeit aufnimmt
Montreal (pte/31.08.2005/11:32) – Glas, das auch bei noch so hoher
Luftfeuchtigkeit niemals anläuft, haben Wissenschaftler des
Massachusetts Institute of Technology MIT in Boston herstellen können.
Das Einsatzgebiet dieser beschichteten Gläser wäre vielseitig und
reicht von der Schibrille über den Badezimmerspiegel bis hin zur
Autowindschutzscheibe. Das Glas kann aber auch noch etwas anderes: es
spiegelt nicht, berichten die Forscher beim Jahrestreffen der American
Chemical Society in Washington DC
http://www.chemistry.org/portal/a/c/s/1/home.html.
Forschungsleiter Michael Rubner vom MIT hat das Glas mit einer
Nanobeschichtung versehen, die nur noch 0,2 Prozent des einfallenden
Lichts reflektiert. Das ist um einiges mehr als bisheriges
Antireflex-Glas, das zwischen zwei und drei Prozent reflektiert. Das
besondere an dem neuen Glas ist aber die Tatsache, dass es kleine
Wasserpartikel aufsaugen kann und dadurch das Beschlagen verhindert.
Winzige Polymerpartikel und Glas-Nanopartikel wirken ähnlich wie ein
Schwamm: Sie saugen die Wassertröpfchen auf und bilden einen dünnen
Wasserfilm. Normalerweise sind es nämlich die Tröpfchen, die dafür
sorgen, dass sich das Glas beschlägt. "Das System funktioniert wie
molekulare Windeln", meint Rubner.
Die Partikel messen im Querschnitt nur etwa sieben Nanometer und sorgen
dafür, dass das Glas immer noch durchsichtig bleibt. Mit Hilfe von
chemischen Lösungen, die positiv und negativ geladen sind, werden die
Partikel auf das Glas aufgetragen, das anschließend auf 500 Grad
Celsius erhitzt wird, um die Beschichtung kratzfest zu machen. Bisher
ist es den Forschern nur gelungen, diese Partikel auf Oberflächen
aufzutragen, die hohen Temperaturen standhalten können. In Zukunft will
das Forscherteam um Rubner aber auch Materialien verwenden, die
niedrigere Schmelzpunkte haben.
Im Zuge der Untersuchungen haben Rubner und sein Team auch ein Glas
entwickelt, das das Wasser ähnlich wie eine Lotusblume sofort abrinnen
lässt. Wird nämlich zusätzlich eine schicht mit wachsähnlichen
Polymeren aufgetragen, rollen die Wassertropfen ähnlich wie an einer
Lotusblüte herab und nehmen Schmutzpartikel auch gleich mit. "Eine
Mischung dieser Eigenschaften, gibt es in der freien Natur auch: Ein
Käfer der Gattung Stenocara, der in der Namib-Wüste lebt, hat einen
Teil des Panzers, der Wasser anzieht und einen anderen, der es extrem
abstößt", so Rubner. Damit kann das Insekt, das in einer der
trockensten Regionen der Erde lebt, in der es fast nie regnet,
Wassertröpfchen zum Überleben einfangen.
Die Erfindung der MIT-Forscher beurteilt auch der Wiener
Wissenschaftler Hans Kuzmany vom Institut für Materialphysik der
Universität Wien http://www.univie.ac.at/materialphysik als höchst
interessant. Es sei eine Frage der Oberflächenspannung, ob ein Glas
beschlägt oder nicht. Ausschlaggebend dafür ist die Tröpfchenbildung,
so der Experte im Gespräch mit pressetext. Dass es solche Erfindungen
nicht schon längst in großindustrieller Fertigung erzeugt werden, sei
letztlich wahrscheinlich auf das Problem der mechanischen Qualität
zurückzuführen. "Ich könnte mit vorstellen, dass die
Widerstandsfähigkeit das Problem ist", meint Kuzmany. Es sei
uninteressant, ein Glas herzustellen, bei dem ein Fingerabdruck zur
Zerstörung der Nanoschicht führt.