Volkskrankheit Gallensteine: Wie vorbeugen? Wann behandeln?
DGVS veröffentlicht aktualisierte Leitlinie
Berlin
– Bis zu 20 Prozent der Deutschen entwickeln im Laufe ihres Lebens
Gallensteine. Die meisten bemerken sie nie – nur bei etwa einem Viertel
der Träger machen sich die Steine durch Beschwerden wie Koliken oder
Entzündungen bemerkbar. Wann und wie Gallensteine behandelt werden
sollten, regelt eine Leitlinie, die unter Federführung der Deutschen
Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und
Stoffwechselkrankheiten (DGVS) entwickelt und nun nach neuestem
wissenschaftlichen Stand aktualisiert wurde.
Ernährung,
Bewegung, Geschlecht und Alter, aber auch die individuelle Veranlagung
spielen bei der Entstehung von Gallensteinen eine Rolle. „Am weitesten
verbreitet sind die sogenannten Cholesterinsteine, die sich bilden, wenn
zu viel Cholesterin von der Leber in die Galle gepumpt wird“, erklärt
Professor Dr. med. Frank Lammert, Direktor der Klinik für Innere Medizin
II am Universitätsklinikum des Saarlandes in Homburg, der Präsident der
DGVS und Koordinator der aktuellen Leitlinie ist. Besonders häufig sind
übergewichtige Menschen von Gallensteinen betroffen.
Die
Prävention von Gallensteinen bildet einen neuen Schwerpunkt der
aktuellen Leitlinie. Um der Entstehung von Gallensteinen vorzubeugen,
gelten die Regeln einer gesunden Gewichtsentwicklung: Eine ausgewogene,
faserreiche und fettarme Kost, die viel Gemüse, jedoch wenig Zucker
enthält, ist empfehlenswert, vor allem aber regelmäßige Bewegung von
mindestens 30 Minuten pro Tag. Wer bereits adipös ist, sollte nicht
allzu rasch an Gewicht verlieren. „Denn auch dabei wird viel Cholesterin
freigesetzt, so dass das Risiko für die Bildung von Steinen ansteigt“,
so Lammert. Wenn der Gewichtsverlust 1,5 Kilo pro Woche übersteigt – was
etwa bei einer strengen Reduktionsdiät oder nach einer
Magenbypass-Operation bei schwerer Adipositas der Fall sein kann – weist
die aktuelle Leitlinie auf die Möglichkeit der medikamentösen
Gallensteinprävention mit Ursodeoxycholsäure hin. Diese Substanz
unterdrückt die Bildung von Gallensteinen.
Haben
sich erst einmal Gallensteine gebildet, bleiben sie auch bei noch so
gesunder Lebensweise bestehen. Steine, die keine Beschwerden
verursachen, sollten nicht behandelt werden. „Tritt in Folge der
Gallensteine jedoch eine Gallenkolik auf, ist die operative Entfernung
der Gallenblase angezeigt“, so Lammert. Denn Gallenkoliken sind
Warnsymptome und weisen auf ein erhöhtes Risiko hin, dass sich
Komplikationen des Steinleidens entwickeln, die lebensgefährlich sein
können: Wenn ein Stein im Gallengang festsitzt, kann das gestaute Sekret
zu Entzündungen der Gallenblase, der Gallenwege oder auch der
Bauchspeicheldrüse führen. „Die in Deutschland durchgeführte ACDC-Studie
hat gezeigt, dass der Patient bei einer akuten Gallenblasenentzündung
rasch – binnen 24 Stunden nach Aufnahme in das Krankenhaus – operiert
und nicht über mehrere Tage antibiotisch behandelt und erst später
operiert werden sollte“, sagt Lammert. Die Cholezystektomie, die
Entfernung der Gallenblase, ist ein vergleichsweise sicherer Eingriff,
der heute in der Regel auch in der Akutsituation und sogar in der
Schwangerschaft minimalinvasiv, also laparoskopisch, durchgeführt wird.
Für den Patienten hat der Verlust der Gallenblase keine problematischen
Konsequenzen: Das an Gallensäuren reiche Gallesekret, das in der Leber
hergestellt und in der Gallenblase nur für große Mahlzeiten gespeichert
wird, steht weiterhin zur Verfügung.
Die
aktualisierte S3-Leitlinie wurde interdisziplinär von Chirurgen und
Gastroenterologen gemeinsam erstellt und fasst den aktuellen Stand der
Wissenschaft zusammen. Neben den Maßnahmen zur Prävention soll sie allen
Ärzten als praktische Hilfe für die Behandlung von Patienten mit
Gallensteinerkrankungen dienen. Die Leitlinie definiert unter anderem
Qualitätsindikatoren für die Therapie, unterbreitet Vorschläge zur
fächerübergreifenden Versorgung von Patienten und enthält, erstmals als
wichtige Neuerung für die Ausbildung von Medizinstudierenden, Lernziele.