Solarzellen aus Perowskiten erreichen
inzwischen hohe Wirkungsgrade: Sie wandeln über 20 Prozent des
einfallenden Lichts direkt in nutzbaren Strom um. Auf der Suche nach den
zugrunde liegenden physikalischen Mechanismen haben Forscher am
Karlsruher Institut für Technologie (KIT) nun in Perowskit-Schichten
streifenförmige Nanostrukturen mit sich abwechselnden elektrischen
Feldern nachgewiesen, die als Transportpfade für Ladungen dienen
könnten. Darüber berichten sie im Journal Energy & Environmental
Science. (DOI: 10.1039/c7ee00420f)
Die von den Karlsruher Forschern verwendeten
Perowskite sind metallorganische Verbindungen mit spezieller
Kristallstruktur und hervorragenden photovoltaischen Eigenschaften. So
haben Perowskit-Solarzellen seit ihrer Entdeckung 2009 eine rasante
Entwicklung durchlaufen und erreichen inzwischen Wirkungsgrade von über
20 Prozent. Dies macht sie zu einer der vielversprechendsten
Photovoltaik-Technologien. Die Forschung an Perowskit-Solarzellen steht
allerdings noch vor zwei Herausforderungen: die lichtabsorbierenden
Schichten robuster gegen Umwelteinflüsse zu machen sowie das darin
enthaltene Schwermetall Blei durch umweltfreundlichere Elemente zu
ersetzen. Dazu bedarf es tieferer Einblicke in die physikalischen
Mechanismen, die es ermöglichen, dass Perowskite einen so hohen Anteil
der absorbierten Solarenergie in elektrische Energie umwandeln.
Ein multidisziplinäres Team von Forschern des
KIT um Dr. Alexander Colsmann, Leiter der Arbeitsgruppe Organische
Photovoltaik am Lichttechnischen Institut (LTI) und am
Materialwissenschaftlichen Zentrum für Energiesysteme (MZE), hat nun
Perowskit-Solarzellen mithilfe der Piezoresponse Force Microscopy, einer
besonderen Rasterkraft-Mikroskopietechnik, vermessen und dabei in den
lichtabsorbierenden Schichten ferroelektrische Nanostrukturen
nachgewiesen. Ferroelektrizität bedeutet, dass Kristalle eine
elektrische Polarisation besitzen. Dabei bilden die ferroelektrischen
Kristalle Bereiche mit gleicher Polarisationsrichtung, sogenannte
Domänen. Die Karlsruher Wissenschaftler beobachteten, dass der
Bleihalogenid-Perowskit während der Entstehung dünner Schichten rund 100
Nanometer breite streifenförmige ferroelektrische Domänen mit sich
abwechselnden elektrischen Feldern bildet. Diese alternierende
elektrische Polarisation im Material könnte eine entscheidende Rolle
beim Transport der photogenerierten Ladungen aus der Solarzelle heraus
spielen und somit die besonderen Eigenschaften der Perowskite in der
Photovoltaik erklären.
„Die ferroelektrischen Strukturen in der
Größe von wenigen zehn Nanometern könnten nahezu perfekt getrennte
Transportpfade für Ladungen in der Solarzelle bilden“, erklärt Alexander
Colsmann. Nach derartigen Strukturen suchen Forscher schon seit Jahren,
um den Wirkungsgrad von Solarzellen zu verbessern. „In
Perowskit-Solarzellen entstehen diese Strukturen unter gewissen
Bedingungen offensichtlich von selbst“, sagt Professor Michael J.
Hoffmann, Leiter des Instituts für Angewandte Materialien – Keramische
Werkstoffe und Technologien (IAM-KWT) des KIT. Er kennt ähnliche
ferroelektrische Strukturen aus der Keramikforschung. Theoretische
Arbeiten anderer Forscher hatten diese vorteilhaften Nanostrukturen
zuvor bereits vorhergesagt. Bisher war der Nachweis jedoch ausgeblieben.
Die Wissenschaftler des KIT untersuchten die Ferroelektrizität von
Bleihalogenid-Perowskiten im Rahmen des von der Baden-Württemberg
Stiftung finanzierten Projekts „NanoSolar“. Ihre Ergebnisse
veröffentlichten sie in der renommierten Zeitschrift Energy &
Environmental Science.
Holger Röhm, Tobias Leonhard, Michael J.
Hoffmann and Alexan¬der Colsmann: Ferroelectric domains in
methylammonium lead iodide perovskite thin-films. Energy & Environmental Science, 2017 (DOI: 10.1039/c7ee00420f)