Feinstaubwerte müssen runter

Experten fordert Senkung der Grenzwerte – Kleinste Teilchen am Schädlichsten

Leipzig/Graz (pte/01.09.2005/10:53) – Kleinste Feinstaubpartikel sind
nach Ansicht von Experten wesentlich gefährlicher als große. Zu diesem
Ergebnis kommen Forscher des Leibniz-Instituts für
Troposphärenforschung http://www.tropos.de in der jüngsten Ausgabe des
Wissenschaftsmagazins "Zwischenruf". Die Experten schlagen daher vor,
die seit Januar 2005 geltende EU-Richtlinie auf Partikel unter einem
Tausendstel Millimeter zu begrenzen. Zusätzlich müsse ein neuer
Massengrenzwert für Ruß eingeführt werden, fordern die Wissenschaftler.

Bisher gibt es Grenzwerte für Teilchen bis zu einer Größe von zehn
Mikrometer, berichten die Wissenschaftler um Alfred Wiedensohler vom
Leibniz-Instituts für Troposphärenforschung. "Diese Richtlinien fordern
wir schon seit längerem", meint Institutsleiter Jost Heintzenberg im
Gespräch mit pressetext. Das Problem sei in der Forschung hinlänglich
bekannt. Die Messtechnik der vergangenen Jahre sei immer besser
geworden. Die Studienautoren forderten die Stilllegung der stärksten
Rußemitter unter den Lkw und Autobussen und die Minimierung von Öl- und
Kohleverbrennung beim Hausbrand. "Je nachdem, wo man die Messeinheit
errichtet, ergeben sich unterschiedliche Ergebnisse", meint
Heintzenberg. Einerseits sei es die Partikel bei der Verbrennung von
fossilen Brennstoffen andererseits jene, die beim Hausbrand entstehen.

Die gängigen Dieselpartikelfilter sind allerdings gänzlich ungeeignet,
jene Feinstpartikel oder Aerosole abzuscheiden, erklärt der
Wissenschaftler Gerhard Fleischhacker von CEF-Austria
http://www.cefaustria.at . "Die Effektivität der Partikelfiltersysteme
wird maßlos überschätzt", argumentiert der Experte im
pressetext-Interview. Es wurde bisher immer die Definition
vorenthalten, dass nur Partikel, die größer als fünf Mikrometer sind,
von der Abscheidung der Filter erfassbar sind und sich die
Abscheidungsgrade von 99 Prozent auf eine reine Reduktion der
emittierten Partikelmasse beziehen", erklärt Fleischhacker.
"Partikelgrößen, die kleiner als drei Mikrometer sind, können mit
diesen Partikelfiltern ausnahmslos nicht abgeschieden werden. Die
lungengängigen Feinstpartikel werden somit weiter an die Umwelt
abgegeben", führt der Wissenschaftler aus.

Wie gefährlich diese Partikel sind, erklärt auf Anfrage von pressetext
der Umweltmediziner und Chemiker Emil Hellemann, der sich seit Jahren
mit den Feinstpartikeln befasst. "Die Erkenntnisse der Leibniz-Forscher
entsprechen der Wahrheit. Besonders jene Teilchen, die unter einem
Mikrometer groß sind, sind extrem gefährlich", erklärt der Experte.
Grenzwerte sind nur ein Konsenspapier. Wesentlich sind die Oberflächen-
die Strukturbeschaffenheit der Teilchen. Demnach müssen diese Partikel
individuell untersucht werden. "Fest steht jedoch, dass die
pathophysiologischen Eigenschaften der Feinstpartikel unterschätzt
werden. Sie sind derart klein, dass sie sogar die Zellmembran
durchwandern können, sich mit Schaltproteinen verbinden", warnt
Hellemann. "Wir sind nicht in der Lage derzeit zu sagen, welchen
Schaden sie tatsächlich anrichten. Für die Medizin wird dieses Problem
allerdings ein großes Rufzeichen werden". Hellemann kritisiert, dass
die Erkenntnisse nicht neu sind, aber es acht bis zehn Jahre gedauert
hat, den Ernst der Situation auch nur annähernd zu erkennen.