Erneuerbare Energien in Europa –

Ist ein einheitlicher Fördermechanismus notwendig und möglich?
 
 
 Berlin. Die Europäische Kommission hat am 6. Juni 2012 eine Mitteilung vorgelegt, in der sie Wege zur Erreichung des angestrebten Zubaus von Erneuerbare-Energien-Anlagen aufzeigt. Darin steckt sie ferner einen europäischen Rahmen ab, innerhalb dessen der Zubau erfolgen soll, um deren Anteil 2030 auf 20 Prozent zu steigern. Kurz nach der Veröffentlichung dieser Mitteilung diskutierte das Forum für Zukunftsenergien e.V. im Rahmen des European Energy Colloquium in Brüssel das Thema.
 
 
 Der ehrenamtliche Vorsitzende des European Energy Colloquium, Prof. Dr. Michael Köhler, Kabinettschef des EU-Kommissars Günther Oettinger, beschrieb die Bereiche, die als Hebel zur kosteneffizienten Zielerreichung identifiziert worden sind. Zum einen müsse der Elektrizitätsbinnenmarkt vollendet werden. Hier seien Investitionsanreize erforderlich, damit erneuerbare Energien problemlos in den Markt integriert werden könnten. Fördermaßnahmen seien so auszugestalten, dass die Kosten sänken und Überkompensationen vermieden würden. Darüber hinaus sollten solche Fördermaßnahmen in allen Mitgliedstaaten kohärent sein. Diese sollten ferner die in der Erneuerbare-Energien-Richtlinie verankerten Mechanismen der Zusammenarbeit, mit denen erneuerbare Energieträger gehandelt werden können, intensiver nutzen. Da die EU-Kommission fürchte, das Wachstum der erneuerbaren Energien könne nach 2020 einbrechen, möch te sie Meilensteine bis 2030 setzen. Entweder könnten neue Reduktionsziele für Treibhausgasemissionen festgelegt werden, ohne Ausbauziele für erneuerbare Energien zu definieren. Oder es könnten weiterhin jeweils drei nationale Ziele für erneuerbare Energien, Energieeffizienz und Treibhausgase bestimmt werden. Als dritte Option komme die Festsetzung dieser drei Ziele nicht auf nationaler, sondern auf europäischer Ebene in Frage.

MinDirig Berthold Goeke, Leiter der Unterabteilung Erneuerbare Energien im Bundesumweltministerium, trug die Position seines Hauses zu dieser Mitteilung vor. Demnach begrüßt das BMU insbesondere den zweistufigen Ansatz, nachdem zunächst der bestehende Rechtsrahmen umgesetzt und verbessert und erst danach über einen neuen Rahmen nach 2020 nachgedacht werden solle. Ebenso wie die EU-Kommission sei auch das BMU der Meinung, dass die aktuelle Erneuerbaren-Richtlinie einen stabilen Rahmen für einen effektiven und effizienten Ausbau der erneuerbaren Energien in Europa darstelle.

Zwar müsse man sich den Herausforderungen für die Zeit nach 2020 stellen. Dennoch habe das BMU Zweifel, ob ein neuer Legislativvorschlag für die nächsten Jahre jetzt zum richtigen Zeitpunkt komme. Vorzeitige Entscheidungen könnten zur Verunsicherung von Investoren und damit zur Infragestellung der Ziele für 2020 führen. Notwendig sei aus Sicht des BMU ein Erneuerbaren-Ziel für 2030, weil die 2050-Klimaziele nur dann erreicht werden könnten, wenn der EU-weite Anteil der erneuerbaren Energien entsprechend ansteige.

Goeke stellte klar, dass die Energiewende in Deutschland kein isoliertes Projekt bilde, sondern mit der europäischen Energiepolitik abzustimmen sei. Dennoch könne sich Deutschland nicht nur auf Stromimporte von für erneuerbare Energien besser geeigneten, europäischen Standorten verlassen, insbesondere nicht, wenn es gelte, zukünftig den Großteil der Energieversorgung allein über erneuerbare Energien erreichen zu wollen. Zu beachten sei außerdem, dass der Netzausbau machbar und bezahlbar bleibe. Deshalb sei ein diversifizierter Ausbau der erneuerbaren Energien an den besten Standorten, aber auch in der Nähe der Verbrauchszentren notwendig. Aus Sicht des BMU sollten mit Hilfe des künftigen Förderrahmens die erneuerbaren Energien überall in  Europa kontinuierlich ausgebaut und die Förderhöhen an die jeweiligen Standortbedingungen und Entwicklungen flexibel angepasst werden. Die Kosten seien d abei für das BMU der zentrale Punkt.

Abschließend präsentierte Goeke Anregungen für ein mögliches, einheitlich europäisches Fördersystem für erneuerbare Energien. Er schlug vor, darüber nachzudenken, stärker auf die Direktvermarktung des EE-Stroms zu setzen, eine automatische Kostendegression in Abhängigkeit der Neuinstallation sowie eine einheitliche Methodologie der Kostenberechnung einzuführen und  Genehmigungsfragen sowie Netzanschlussfragen anzugleichen.

Dr. Volkmar Pflug, Vice President Strategies, Market and Competitive Intelligence, Siemens AG, nahm aus der Sicht eines Unternehmens Stellung, das in mehreren Mitgliedsländen der Europäischen Union im Bereich der Erneuerbaren-Energien aktiv ist. Um die europäischen 20-20-20-Ziele zu erreichen, sei ein weiterer Ausbau der erneuerbaren Energien unumgänglich, was in den meisten Mitgliedstaaten auch geschehe, durch die Kreditkrise jedoch gefährdet sei. Die zusätzlich notwendigen CO2-Reduktionen im Bereich der konventionellen Stromerzeugung, z.B. durch den Einsatz von Gas- statt Kohlekraftwerken oder der CCS-Techniken, kämen nicht genügend schnell voran. Ähnlich sehe es mit dem notwendigen Ausbau des Übertragungs- und Verteilungsnetzes aus. Die weitere erforderliche Säule, die Energiespeicherung, sei bisher zu kostenintensiv.

Für eine einheitliche europäische Energiepolitik identifiziert Pflug beträchtliche Hemmnisse, da die Regulierungslevels in den Mitgliedstaaten unterschiedlich hoch seien und der Energiemix in den jeweiligen Staaten nicht von der EU vorgegeben werden könne. Dennoch sieht er das dringende Bedürfnis für einen europäischen Rahmenplan, der das weitere Wachstum der erneuerbaren Energien unterstütze. Dazu gehören seiner Meinung nach vor allem das  Emissionshandelssystem und europaweite Regelungen zur Netzintegration von erneuerbaren Energien. Pflug bevorzugt außerdem harmonisierte Mechanismen zur Marktintegration, die den Wettbewerb zwischen erneuerbaren und fossilen Energieträgern ermöglichen, anstelle einheitlicher Fördersysteme.

Die Statements von Goeke und Pflug setzten die Impulse für die Podiumsdiskussion mit den Abgeordneten des Europäischen Parlaments Dr. Markus Pieper (EVP) und Holger Krahmer (ALDE) unter der Moderation der Geschäftsführerin des Forum für Zukunftsenergien e.V., Dr. Annette Nietfeld. Dabei wurde deutlich, dass nach Auffassung vieler Akteure in der Energiepolitik eine einheitliche Förderung der erneuerbaren Energien zwar notwendig, aber nicht realisierbar erscheint.

Die Präsentation von Dr. Pflug steht auf der Homepage des Forum für Zukunftsenergien e.V. zum Download bereit. Das Forum für Zukunftsenergien e.V. bedankt sich bei der Landesvertretung Rheinland-Pfalz für die Gastfreundschaft und bei der E.ON AG sowie der Siemens AG für die Unterstützung.

Das nächste European Energy Colloquium findet am 18.09.2012 in Brüssel statt.
 
 
 

Über das Forum für Zukunftsenergien e.V.

Das Forum für Zukunftsenergien ist die einzige branchenneutrale und parteipolitisch unabhängige Institution der Energiewirtschaft im vorparlamentarischen Raum in Deutschland. Der eingetragene Verein setzt sich für erneuerbare und nicht-erneuerbare Energien sowie rationelle und sparsame Energieverwendung ein. Ziel ist die Förderung einer sicheren, preisgünstigen, ressourcen- und umweltschonenden Energieversorgung. Dem Verband gehören ca. 250 Mitglieder aus der Industrie, der Energiewirtschaft, Verbänden, Forschungs- und Dienstleistungseinrichtungen sowie Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Verwaltung an.