Elementarprozesse der Organischen Photovoltaik

"Elementarprozesse der Organischen Photovoltaik"
Pressemitteilöung der DFG zum Zukunftspreis 2011
 SeitenanfangOrganische Elektronik
 .Gruppenphoto des CS3-Treffens 2012 

 Die organische Photovoltaik und etwas breiter gefasst die organische Elektronik waren auch Thema des vierten „Chemical Sciences and Society Symposium“ (CS3) im September 2012 in der amerikanischen Stadt San Francisco. 30 Spitzenwissenschaftlerinnen und Spitzenwissenschaftler aus China, Deutschland, Japan, Großbritannien und den USA berieten bei ihrem Zusammentreffen über den Forschungsbedarf und die Visionen auf diesem Gebiet sowie deren Auswirkungen auf die Gesellschaft.

„Organische Elektronik ist nachhaltig, weil sie keine knapp werdenden Ressourcen verbraucht und kein schwer recycelbarer oder gar toxischer Elektronikschrott entsteht, sondern die Bauteile einfach entsorgt werden können“, erklärt Peter Bäuerle von der Universität Ulm, der als Delegationsleiter der deutschen Chemiker in San Francisco war. Bäuerle hatte schon am ersten CS3-Treffen in Deutschland teilgenommen und als langjähriger Kooperationspartner und Mitantragsteller in dem von Karl Leo initiierten Schwerpunktprogramm zu dem aktuellen Weltrekord für organische Solarzellen von Heliatek beigetragen. „Wir in Ulm synthetisieren neue Substanzen, die in Dresden dann im Labor-Maßstab getestet werden. Der Weg bis zum Prototyp oder gar dem Produkt ist dann jedoch immer noch sehr weit“, berichtet Bäuerle. Neue Materialien und damit Grundlagenforschung in der Chemie hält er für den Schlüssel zu noch höheren Wirkungsgraden, die dann mit Silizium-Technologie mithalten können.

Die Konferenz in San Francisco brachte 2012 auch die Erkenntnis, dass „organische Elektronik siliziumbasierte Systeme nicht unbedingt ersetzen soll, sondern darüber hinaus spannende neue und vor allem nachhaltige Entwicklungen verspricht“. Das sagt Hans-Georg Weinig, der bei der Gesellschaft Deutscher Chemiker (GDCh) die CS3-Treffen organisiert. San Francisco schloss an die Symposien der Vorjahre in Peking, London und Kloster Seeon an, die zu dem jeweiligen Thema sechs Forscherinnen und Forscher aus jedem der beteiligten Länder zusammenbringen. Eine Kooperation der verschiedenen chemischen Fachgesellschaften mit finanzieller Unterstützung der großen nationalen Förderorganisationen ermöglicht die Symposien. In Deutschland sind das die GDCh und die DFG. „Wo es sinnvoll ist, entstehen aus den Symposien Weißbücher, die sich an Wissenschaft, Politik und Öffentlichkeit richten“, erklärt Weinig. „Das wird auch für das vierte CS3 der Fall sein.“ Alle Weißbücher sowie Informationen zu den Treffen und beteiligten Organisationen finden sich auf der Webseite www.gdch.de/cs3.

Für Peter Bäuerle sind die „Chemical Sciences and Society Symposia“ anregende Tagungen, die auf Basis des heutigen Standes der Technik in die Zukunft blicken: „Das sind stets sehr anregende Gespräche in offener Atmosphäre. Und es ist hochinteressant, die unterschiedlichen Wissenschaftstraditionen und Einstellungen mitzubekommen.“ Bäuerle hält den Stellenwert der Chemie als Schlüsselwissenschaft für die wichtigste Botschaft des Weißbuches zum Treffen 2012: „Das ist in den Köpfen vielleicht unterrepräsentiert, aber diese Wissenschaft steht am Anfang jeder Entwicklung.“ Hans-Georg Weinig formuliert es so: „Jede zukünftig denkbare Anwendung geht auf einen Chemiker zurück, der im Labor die Moleküle so gestaltet, dass die Eigenschaften stimmen.“ Dabei befinde sich gerade die organische Chemie im Wandel: „Wichtige Felder sind nach wie vor die sogenannte stereoselektive Synthese von Naturstoffen, Strukturnachweise riesiger Moleküle und deren pharmakologische Wirkung. Das war lange sozusagen die Königsdisziplin. Heute braucht die organische Synthese aber auch Leute, die sich detailliert mit elektronischen Eigenschaften auskennen.“ Diese Sparte sei im eigenen Fach eher unterrepräsentiert, doch entsprechend ausgebildete Absolventen gingen „weg wie warme Semmeln“.

Zu den spannenden wissenschaftlichen Ausblicken, die die Tagung in San Francisco brachte, gehören OLED-Folien, die leuchtende Akzente in der Architektur setzen oder die Innenräume von Autos beleuchten, während organische Solarfolien auf den Autodächern die Elektrizität hierfür liefern. Das Brainstorming der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler führte auch zu innovativen Vorschlägen wie implantierbare Plastikchips, die Diabetikern nach Bedarf Insulin verabreichen, künstliche Haut, die Druck in elektrische Signale umwandelt und weiterleitet, oder Sensoren, die die Stimmung von Menschen analysieren können. Laut Peter Bäuerle ist das allerdings „wirklich Zukunftsmusik – die Ansätze basieren jedoch alle auf synthetischen molekularen Stoffen, die unbegrenzt zugänglich und mithin nachhaltig sind“.

„Für den Erfolg am Markt müssen die bereits verfügbaren Materialien vor allem noch günstiger werden“, ergänzt Hans-Georg Weinig. „Die internationale Forschung ist jedoch so stark, dass sich richtige Hits abzeichnen.“ Er verweist auch auf die bereits eingesetzte OLED-Technologie im Smartphone-Bereich und die inzwischen rund zwei Quadratmeter großen TV-Monitore: „Diese Displays sind nur noch vier Millimeter dünn und extrem brillant in der Darstellung.“ Auch druckbare Schaltkreise, die auf organischen Materialien beruhen, sind laut Weinig attraktiv. Überall, wo wie bei RFID-Chips mit Warenkennungen auch kürzere Lebensdauern akzeptabel sind, sei der Verzicht auf das sehr energieintensive Silizium denkbar.

All diese Ideen basieren auf erfolgreicher und auch ausreichend geförderter Grundlagenforschung, wie Bäuerle betont: „Derzeit haben wir in Europa eine große Expertise auf diesem Forschungsfeld. Um auch in Zukunft international konkurrenzfähig zu bleiben, müssen wir uns allerdings anstrengen und dringend weitere Forschungsprogramme auflegen.“