Einnässen bei Kindern wirksam behandeln
Teilnahme am sozialen Leben ist Therapieziel
Tübingen � Einnässen, häufig wiederkehrende Harnwegsinfekte oder ein nicht wahrgenommener Harndrang bei Kindern können Hinweise auf Fehlbildungen und Tumore des unteren Harntrakts sein. Auch wenn diese Erkrankungen eher selten sind, müssen Ärzte gezielt nach den Ursachen suchen, wenn gängige Therapien nicht wirken. Denn der Therapieerfolg von kindlichem Blasen- und Prostatakrebs etwa hat sich in den letzten Jahren vervierfacht. Darauf weist der Tübinger Kinderchirurg Privatdozent Dr. med. Philipp Szavay im Vorfeld des 9. Symposiums der Arbeitsgemeinschaft Urologie der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH) hin. Die Experten tagen vom 15. bis 17. November 2012 in Tübingen und diskutieren neue Therapien bei Fehlbildungen und Tumoren des unteren Harntrakts bei Kindern.< o:p>< /span>
Bei Kindern und Jugendlichen ist Harninkontinenz mit über 600 000 Fällen im Jahr das häufigste urologische Problem. Die Ursachen liegen meist in funktionellen oder psychischen Störungen begründet. Doch auch organische Leiden können dazu führen: angeborener, sogenannter embryonaler Blasen- und Prostatakrebs, Fehlbildungen von Harnröhre, Blase und Enddarm, Verletzungen sowie der �offene Rücken� haben häufig Fehlfunktionen der Blase wie Inkontinenz und andere Entleerungsstörungen zur Folge. Mitunter bleibt auch Restharn in der Blase und der Urin staut sich bis in die Niere. Die betroffenen Kinder nässen ein, ihre Harnwege sind dauerhaft entzündet und mitunter verlieren sogar die Nieren ihre lebenswichtige Funktion. �Oft sind die Patienten aufgrund ihrer Beeinträchtigungen auch aus ihrem Freu ndeskreis ausgeschlossen, ihr Selbstwertgefühl ist stark gemindert�, erläutert Dr. Szavay, Vorstandsmitglied der DGKCH. Deshalb verfolge die moderne Kinderurologie mit ihren Behandlungskonzepten vorrangig das Ziel, dass Kinder am altersentsprechenden, sozialen Leben teilhaben können: �Der Erhalt, die Erlangung oder Wiederherstellung einer sozialen Kontinenz, das heißt einer kontrollierten Entleerung von Stuhl und Urin, stehen bei uns im Vordergrund�, führt der leitende Oberarzt und Stellvertreter des Ärztlichen Direktors der Abteilung für Kinderchirurgie und Kinderurologie am Universitätsklinikum Tübingen aus. Zentral seien auch der Schutz der Nierenfunktion und das Vermeiden, beziehungsweise gezielte Behandeln von Infekten.
Mit modernen Verfahren können Kinderchirurgen heute viele n Patienten helfen. So nutzen sie körpereigenes Gewebe aus dem Darm, um Blasen zu modellieren, Abflusskanäle neu anzulegen und um den gefährlichen Rückstau von Harn in die Niere verhindern. Bei vielen Patienten lässt sich dadurch das Einnässen vollständig verhindern. �In den letzten Jahrzehnten haben wir erhebliche Fortschritte bei diesen Therapien erzielt�, sagt Dr. Szavay. Auch eine Nierenersatz-Therapie, eine Dialyse, sei heute viel seltener nötig. Und bei embryonalen Blasen- und Prostata-Tumoren wie dem Rhabdomyosarkom könnten mittlerweile 60�70 Prozent der Harnblase erhalten und die Überlebensrate von 20 auf heute etwa 80 Prozent angehoben werden.