Meine
persönliche Bemerkung:
Diesen
hervorragenden Artikel eines kompetenten Wissenschaftsjournalisten habe ich in
der Süddeutschen Zeitung gefunden. Ich möchte ihn Ihnen nicht vorenthalten,
weil bei meinem FaceBook-Posting öfters Beiträge von solchen Skeptiker erhalte,
die die ganze Klimaproblematik vernietlichen.
Zwar können
wir in Deutschland dieses Problem nicht alleine lösen, wir müssen aufpassen,
dass wir den Bogen nicht überspannen, denn selbst dann, wenn wir in unserem
Land alles auf regenerative Energien umstellen könnten, würde das den
weltweiten CO2-Ausstoß nur um 2% reduzieren. Diese Tatsache bedeutet, dass die
Politik alles versuchen muss, insbesondere die Skeptikerstaaten und die
Anhänger von ‚Nationalismus first‘ im eigenen Interesse mitzuziehen, ohne dass
wir die ökonomischen und globale Wettbewerbsbedingungen unserer industriellen
Produktion zu vernachlässigen. Es geht also nicht nur darum, dass wir sämtliche
Grenzwerte streng einhalten, sondern die Kreativität unserer Forscher und
Ingenieure fördern, um Konzepte und Methoden zu entwickeln, die Skeptikerländer
davon zu überzeugen, dass der Umstieg auf regenerative Energien wirtschaftlich
möglich ist und sich lohnt .Den Länder im Zuge der Entwicklung müsste das
kostenlos zur Verfügung gestellt werden. Global gesehen wäre das erheblich
effizienter als unsere eigene Wirtschaft zu schwächen. Dass etwas geschehen
muss, ist nicht mehr weg zu diskutieren. Dazu dieser Artikel
Klimaskeptiker-Konferenz
Bericht
aus dem Zentrum des Zweifels
Treibhauseffekt und Erderwärmung – alles eine
riesige Lüge? Ein Besuch bei den Leugnern des Klimawandels zeigt: Hier geht es
nicht um Skepsis. Hier geht es um das kategorische Verneinen wissenschaftlicher
Erkenntnisse. Und um Wut.
Von
Patrick Illinger
Am
Morgen des zweiten Konferenztages wird es skurril. Da betritt ein schlanker,
lebhafter Brite namens Piers Corbyn die Bühne und überfällt das Publikum mit
einem Feuerwerk grotesker Thesen darüber, wie Sonne, Mond und das Erdmagnetfeld
das irdische Wettergeschehen bestimmen.
Eine
allumfassende Theorie habe er entwickelt, berichtet Corbyn, extreme Unwetter
könne er mit 85 Prozent Sicherheit vorhersagen – und das Monate im Voraus.
Listenweise präsentiert er Fluten, Starkregen, Blizzards und schwere Dürren,
die er alle mit seiner geheimnisvollen Theorie korrekt vorhergesagt habe.
Die Zuneigung des Publikums sichert er sich mit
Scherzen über etablierte Klimaforscher, denen er schon Paroli bot. Als sich der
selbsternannte Wetterguru schließlich in die Behauptung versteigt, seine
Theorie könne sogar Erdbeben und Vulkanausbrüche erklären, macht sich doch eine
gewisse Ratlosigkeit unter den Zuhörern breit.
Ob
er da nicht ein bisschen übertreibe, fragt höflich ein älterer Herr.
Keineswegs, kontert Corbyn, noch könne er seine Formeln zwar nicht öffentlich
enthüllen, aber das werde bald der Fall sein, "und es wird Sie
begeistern!"
Auf
jeder ernsthaften Wissenschaftlertagung würde ein derartiger Auftritt entweder
Lachsalven provozieren oder einen Eklat. Aber nicht hier, nicht auf der
"4. Internationalen Konferenz über Klima und Energie", die am
vergangenen Wochenende in München stattfand. Zu ernst ist den Organisatoren und
Teilnehmern das höhere Ziel dieses Treffens.
Nicht
weniger als eine weltumspannende Verschwörung soll enthüllt werden. Den
Klimawandel gilt es als riesige Lüge zu entlarven, eine drohende
grün-sozialistische Weltdiktatur abzuwenden und die Menschheit von den düsteren
Szenarien des Weltklimarats IPCC zu erlösen. Wer dieses Ansinnen teilt, darf
hier vortragen. Offenbar ohne Rücksicht auf wissenschaftlichen Gehalt.
Klimaskeptiker"
nennen sich die Zweifler des Klimawandels gern selbst. Doch Ton und Inhalt der
meisten Vorträge zeigen: Hier geht es nicht um Skepsis, hier geht es um
knallhartes Leugnen, um das kategorische Verneinen jeder wissenschaftlichen
Erkenntnis, die menschengemachtes Treibhausgas mit der globalen Erwärmung in
Zusammenhang bringt. Auch ist spürbar viel Wut im Spiel. Wut auf den
Weltklimarat, auf Al Gore, auf die Politik und besonders auf die willfährigen
Medien.
Nicht
der Klimawandel sei die Katastrophe, "sondern die Berichterstattung in den
Medien", schimpft Klaus-Eckart Puls, der früher die Wetterämter von Essen
und Leipzig leitete. Bei der Münchner Tagung fällt ihm die Aufgabe zu, Berichte
über steigende Meeresspiegel als Panikmache zu entkräften.
Mehrmals beruft er sich dabei auf den von
Klimawandel-Leugnern gerne zitierten schwedischen Forscher Nils-Axel Mörner.
Unter Protest sei dieser einst aus dem Weltklimarat ausgeschieden, betont Puls.
Tatsächlich wurde Mörner lediglich im IPCC-Sachstandsbericht von 2001 einmal
zitiert und taucht im Anhang als Reviewer auf.
Reviewer
konnte aber jeder werden, der sich meldete. Mörners eigene Organisation, die
International Union for Quaternary Research, distanzierte sich 2004 von ihrem
Mitarbeiter und löste dessen Arbeitsgruppe auf. Was Puls auch unerwähnt lässt:
Zeitlebens war jener Mörner ein glühender Verfechter des Wünschelrutengehens.
Auch
dass Puls als pensionierter Diplom-Meteorologe kaum als wissenschaftliche
Instanz in Fragen des Meeresspiegelanstiegs gelten kann, stört niemanden. Seine
Seitenhiebe auf "diese Institute" – gemeint sind das
Alfred-Wegener-Institut und das Potsdam Institut für Klimafolgenforschung –
quittiert das Auditorium mit freundlichem Gelächter. Die meisten der Zuhörer
sind pensionierte, grauhaarige Männer mit höflichen Umgangsformen. Viele kennen
sich offenbar gut, vielleicht kein Wunder, schließlich ist es bereits das
vierte Treffen dieser Art, und so mancher Redner trat schon bei früheren
Tagungen auf.
Viele Fragen sind tatsächlich ungeklärt
Nun
ist es nicht so, dass es über die Grundlagen des Klimageschehens nichts mehr zu
diskutieren gäbe. Viele Fragen sind ungeklärt, wie etwa die Details der
Wolkenbildung. Theoretisch könnte es sogar sein, dass die etablierte
Klimaforschung von der Nasa bis zum Alfred-Wegener-Institut, von der Harvard
University bis zur chinesischen Akademie der Wissenschaften, von
Max-Planck-Instituten bis zur britischen Royal Society, durchweg Unrecht hat.
Tatsächlich gehört es zum wissenschaftlichen
Erkenntnisprozess, im Fall überzeugender neuer Daten frühere Thesen über Bord
zu werfen. Theoretisch könnte es also sein, dass Jahrzehnte der Klimaforschung
von renommiertesten Instituten bis hin zu Nobelpreisträgern auf einen Irrweg
geführt haben, und die Wahrheit über den Klimawandel im Untergeschoss eines
Hotels am Münchner Hauptbahnhof enthüllt wird. Aber es braucht schon sehr viel
Phantasie, um eine Weltverschwörung niederträchtiger Ökokraten zu vermuten,
angetrieben von einem Kartell fördermittelgeiler Wissenschaftler.
So oder so ähnlich sehen
es aber viele Leugner des Klimawandels. Eine aus Kanada angereiste Bloggerin
vergleicht den Weltklimarat mit einem kriminell gewordenen Jugendlichen.
Ein
britischer Blogger extrahiert Indizien unwissenschaftlichen Verhaltens aus
E-Mails, die von einem Computer der University of East Anglia gestohlen und auf
einer russischen Website veröffentlicht wurden.
Nachdem
mehrere Untersuchungskommissionen diesen in Skeptikerkreisen
"Climategate" genannten Skandal bereits als Skandälchen entkräftet
haben, stellen die Kritiker nun die Unabhängigkeit der Kommissionen infrage.
Schwer
erträglich wird es am Morgen des zweiten Konferenztages, als der emeritierte
Leipziger Geographie-Professor Werner Kirstein seine Redezeit für pseudosoziologisches
Geschwurbel missbraucht. Die Klimadiskussion sei ähnlich wie das Christentum
von apokalyptischen Vorstellungen erfüllt.
Mit
Angstinstrumenten und Schuldgefühlen werde agiert, der CO2-Emissionshandel sei
eine Art Ablasshandel, und das Gutmenschentum stilisiert der ehemalige
Fernerkundungsexperte zu einer modernen "Ersatzreligion".
"Vielleicht kommt es noch zur Hexenverbrennung", witzelt Kirstein.
Derlei Polemik goutiert das Publikum mit zustimmendem Gemurmel.
Deutlich
mehr wissenschaftlichen Gehalt liefert der Vortrag eines emeritierten
Gletscherforschers aus Innsbruck. Aus Baumring-Analysen schließt Gernot
Patzelt: Vor mehreren tausend Jahren waren manche Alpengletscher stärker
zurückgeschmolzen als heute, ein Anzeichen natürlicher Klimavariabilität. Doch
weiß auch er, dass die Gebirgsgletscher nur einen winzigen Bruchteil der
irdischen Eisflächen ausmachen. Unerwähnt lässt er zudem, dass der
Gletscherschwund auch in den Alpen wohl noch nie so schnell vonstatten ging wie
in den vergangenen Jahrzehnten.
Auch einige Physiker
lieferten interessante Diskussionsansätze, so zum Beispiel der ehemalige
Professor für Strömungslehre Horst-
Joachim
Lüdecke. In historischen Temperaturreihen sucht er nach Autokorrelationen,
ähnlich wie es Analysten mit Börsenkursen tun. In dem Bemühen, die
Erwärmungskurven der großen Forschungsinstitute wie der Nasa oder der
US-Atmosphärenbehörde kleinzurechnen, verschweigt Lüdecke jedoch, was
seriöserweise zu diesem Thema gesagt werden müsste: dass es kürzlich eine neue,
umfassende und unabhängige Untersuchung aller Temperaturdaten der vergangenen
200Jahre gab.
Aufgeschreckt
von "Climategate" hatte sich eine Gruppe anerkannter Physiker, unter
ihnen der Astrophysiker Richard Muller und der diesjährige Nobelpreisträger
Saul Perlmutter, darangemacht, die verfügbaren Rohdaten der Vergangenheit von
Grund auf zu analysieren. Wohl in der Hoffnung, dass hierdurch der Klimawandel
als Phantom entlarvt würde, finanzierte sogar die bekanntermaßen klimakritische
amerikanische Koch-Stiftung diese Studie mit 150.000 Dollar.
"Ich bin es gewohnt, dass mich Leute für irr
halten"
Doch
das Physikerteam, das sich den Namen Berkeley Earth Surface Temperature gab,
kam zu dem Schluss: Die Erdoberfläche hat sich in den vergangenen 50 Jahren um
0,911 Grad Celsius erwärmt, was nahezu exakt mit den Ergebnissen
vorangegangener Analysen übereinstimmt. Diese erst einen Monat alte Erkenntnis
fand keine Erwähnung in der Skeptiker-Versammlung. Für fachliche Objektivität
spricht das nicht.
Ebenfalls
unbeeindruckt von konkurrierenden Erkenntnissen präsentierten drei Physiker
Alternativen für die CO2-dominierten Klimamodelle. Der Slowake Jan Veizer hält
den CO2-Haushalt der Erdatmosphäre für unbeeinflussbar. Das vermeintliche
Klimagas folge schlicht dem weitaus dominanteren Wasserdampfkreislauf, sagt
Veizer.
Einen direkten
Zusammenhang zwischen kosmischer Strahlung und dem Wettergeschehen sieht
hingegen der israelische Astrophysiker Nir Shaviv. Seiner Theorie zufolge
schwankt das Erdklima je nachdem, ob die Erde gerade einen Spiralarm der
Milchstraße
durchquert.
Dann prasseln mehr hochenergetische Partikel aus dem All in die Atmosphäre und
fördern die Wolkenbildung. Physikalisch ist das eine interessante Deutung.
Allerdings
ist sie bereits widerlegt. Die globale Erwärmung der vergangenen 100Jahre zeigt
keine Übereinstimmung mit Schwankungen der kosmischen Strahlung. Das stört
Shaviv nicht: "Ich bin es gewohnt, dass mich Leute für irr halten."
Dass
kosmische Partikel in der Tat wie Wolkenkeime wirken können, darüber freut sich
der dänische Physiker Henrik Svensmark. Diesen Mechanismus untersucht er seit
Jahren, und nun haben Teilchenphysiker am CERN mit einem künstlichen
Partikelstrahl und einer riesigen Atmosphärenluftkammer tatsächlich
nachgewiesen, dass schnelle Teilchen winzige Wolkenkeime herstellen.
Doch
verschweigt Svensmark vor den Klimawandelskeptikern eine entscheidende
Information: Dieser Mechanismus könne allenfalls einen Bruchteil der
Wolkenkeime erklären, die man auf der Erde beobachtet, sagen die CERN-Physiker.
An
derlei Kritik oder Diskussionsstoff war auf der Skeptiker-Konferenz niemand
interessiert. Auch störte sich kaum jemand an den Widersprüchen, die sich aus
den Referaten selbst ergaben. Da wurde einerseits die Erderwärmung bestritten,
andere Redner hingegen lieferten Theorien darüber, was die Erwärmung statt des
menschengemachten Kohlendioxids antreiben könnte. Und der eingangs genannte
Wetterguru Piers Corbyn nannte die Thesen seines Vorredners Nir Shaviv nebenbei
"geisteskrank".
Unter Skeptikern ist
es offenbar egal, welche These man bekämpft. Die von der Erderwärmung generell.
Oder die von der CO2-betriebenen Erwärmung. Oder die von der Erwärmung durch
menschengemachtes CO2. Egal. Hauptsache dagegen.