Anwendungen in der Biomedizin als Forschungsschwerpunkt
Biegsamer Silizium-Chip (Foto: John Rogers)
Champaign (pte/29.03.2008/06:15) – Forscher haben erstmals einen flexiblen Chip auf Silizium-Basis entwickelt. Er kann in komplexe Formen, etwa die einer Sphäre oder jene von Körperteilen, gebracht werden und erleidet auch bei starker Verformung keine Leistungsverluste. "Die Annahme, dass Silizium nicht für solche Anwendungen geeignet ist, weil es inhärent zu brüchig und steif ist, ist verworfen worden", erklärt der an der Entwicklung beteiligte Professor der University of Illinois at Urbana-Champaign (UIUC) http://www.uiuc.edu John Rogers. Damit öffnen sich der langjährig bewährten Silizium-Elektronik neue Anwendungsmöglichkeiten.
Die Forscher haben sich bei der Entwicklung daran orientiert, dass dünnere Materialien in der Regel auch flexibler sind und haben die Gesamtdicke ihres Chips auf 1,5 Mikrometer gedrückt. Das ist allerdings nicht der ganze Trick. "Wir haben herausgefunden, wie wir hochwertige Elektronik von den üblichen, steifen, brüchigen Halbleiter-Wafers trennen und sie mit weichem Gummi verbinden", erklärt Rogers gegenüber pressetext. Das Silizium wird dabei auf einen deformierten Gummi-Träger aufgebracht, der danach wieder entspannt wird. Das Ergebnis sind Schaltkreise mit einer Art Wellenstruktur, die voll reversibel gedehnt oder komprimiert werden können. Die Leistung ist dabei mit jener von klassischer Silizium-Chips vergleichbar, was einen Vorteil gegenüber flexibler Elektronik auf Basis organischer Halbleiter darstellt.
"Die Anwendungen, die uns am spannendsten erscheinen, liegen im biomedizinischen Bereich", so Rogers. Genau hier galt Silizium-Elektronik bisher als wenig attraktiv, da die Schaltkreise rigide waren. Das Team lege mit seinen Forschungsbemühungen den Schwerpunkt auf diesen Bereich. Ein Beispiel ist eine Zusammenarbeit mit Brian Litt an der University of Pennsylvania http://www.upenn.edu im Bereich der Diagnose und Therapie bei Epilepsie. "Wir arbeiten an dehnbaren Platten mit Sensoren und Elektronik, die direkt an der Oberfläche des Gehirns eines Epilepsiepatienten integriert werden können", erklärt Rogers. Ziel ist es, durch Beobachtung der Gehirntätigkeit epileptische Anfälle vorhersagen und durch elektrische Stimuli sogar verhindern zu können. Zwar sei das noch nicht gelungen, doch seien bereits erste Prototypen der entsprechenden Schaltkreise entstanden.
Die aktuelle Forschungsarbeit wurde vom Journal Science http://www.sciencemag.org in dieser Woche online veröffentlicht und baut auf einer rund zwei Jahre alten Arbeit auf. Gemeinsam mit noch zu veröffentlichen Forschungsergebnissen bildet es "eine Roadmap, um beinahe jede mechanische Charakteristik in Schaltkreisen von beinahe beliebiger Komplexität zu erreichen", so Rogers. Er rechnet damit, dass es in drei bis fünf Jahren erste kommerzielle Anwendungen der dehnbaren Elektronik geben wird. "Ich denke, dass das biomedizinische Geräte für die Prothetik, das Monitoring oder die Therapie sein werden", meint der Wissenschaftler.