Darum fördern Übergewicht und Diabetes den Krebs

DGIM-Experten beim Patiententag in Wiesbaden:

Darum fördern Übergewicht und Diabetes den Krebs

Wiesbaden
– Übergewicht und Adipositas greifen um sich und betreffen inzwischen
mehr als 1,5 Milliarden Menschen weltweit. Damit nehmen auch
Folgeerkrankungen wie Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen immer
mehr an Bedeutung zu. Weniger bekannt ist, dass Übergewicht und Diabetes
auch die Entstehung verschiedener Krebsarten fördern. Grund dafür
könnte bei beiden Erkrankungen unter anderem die vermehrte
Insulin-Produktion im Körper sein. Auf der Pressekonferenz am 19. April
2017 anlässlich des 11. Patiententags der Deutschen Gesellschaft für
Innere Medizin e. V. (DGIM) in Wiesbaden erläutern Experten der
Fachgesellschaft den verhängnisvollen Zusammenhang zwischen
Körpergewicht und Krebs.

In
den vergangenen Jahren haben wissenschaftliche Studien immer deutlicher
gezeigt, dass Übergewicht und Diabetes die Entstehung einer Vielzahl
von Tumoren begünstigen können. Dazu zählen neben Darmkrebs, Brustkrebs
und Speiseröhrenkrebs auch Tumoren der Nieren, Bauchspeicheldrüse, Leber
und Gebärmutter. „Körpergewicht und Stoffwechsel wirken sich aber nicht
nur auf die Entstehung von Krebs aus“, sagt Dr. med. Cornelia
Jaursch-Hancke, Direktorin der Abteilung für Diabetologie und
Endokrinologie an den DKD-Helios-Kliniken in Wiesbaden. Auch der Verlauf
der Erkrankung und die Überlebenschancen hingen stark vom
Body-Mass-Index ab. So hätten etwa Tumorkranke mit sehr starkem
Übergewicht (BMI über 40 kg/m2) ein um 50 bis 60 Prozent höheres Risiko,
an ihrer Krebserkrankung zu sterben als normalgewichtige
Leidensgenossen.

Wie
kommt es aber zu diesem Effekt? Über welche Mechanismen kann das
Körpergewicht mit so unterschiedlichen Krankheiten wie
Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebs in Verbindung stehen? „Die
Forschung hierzu ist noch lange nicht abgeschlossen“, sagt
Jaursch-Hancke. Aus einer Vielzahl von Studien ergebe sich jedoch
allmählich ein immer genaueres Bild der Prozesse, die im Körper
ablaufen, wenn die Fettpolster zunehmen. Sowohl Übergewichtige als auch
Typ-2-Diabetespatienten produzieren häufig große Mengen von Insulin, das
den Blutzuckerspiegel niedrig halten soll. Zugleich lässt jedoch die
Wirkung des Insulins nach, sodass der Blutzuckerspiegel dennoch hoch
bleibt und die Insulinproduktion weiter ankurbelt. „Es ist bekannt, dass
permanent hohe Insulinspiegel im ganzen Körper Rezeptoren aktivieren,
die das Tumorwachstum fördern“, erläutert Jaursch-Hancke. Auch die
Fettzellen selbst tragen neueren Erkenntnissen zufolge zur
Krankheitsentstehung bei: Sie produzieren eine Vielzahl von Hormonen und
Botenstoffen (Adipokine), die unterschiedliche Stoffwechselprozesse
steuern und beeinflussen können. Bei starkem Übergewicht setzen die
Fettzellen anstelle schützender Botenstoffe wie Adiponectin und Visfatin
eher schädliche Substanzen wie Resistin frei, die Entzündungen und
Insulinresistenz fördern können. Wissenschaftliche Studien haben auch
gezeigt, dass das hungerbremsende Adipokin Leptin bei Übergewichtigen
zwar vermehrt hergestellt wird, dass es aber ebenso wie Insulin seine
Wirkung verlieren kann. Leptin und andere Adipokine wirken auch direkt
auf das Immunsystem ein. Welchen Effekt jede einzelne dieser Komponenten
hat und wie sie bei Entstehung und Wachstum von Tumoren zusammenwirken,
ist aber noch weitgehend ungeklärt. „Die gute Nachricht ist jedoch,
dass dieser Effekt sich auch wieder umkehren lässt“, macht die
DGIM-Expertin Mut. Wer sein Gewicht reduziere und sich mehr bewege,
könne sein Risiko, an Krebs zu erkranken, auch wieder verringern.

„Den
Patiententag in Wiesbaden möchten wir dafür nutzen, Bürger über genau
solche Prozesse im menschlichen Körper aufzuklären“, sagt Professor Dr.
med. Petra-Maria Schumm-Draeger, Vorsitzende der DGIM. Denn das Wissen
über die eigenen Erkrankungen helfe den Patienten dabei, Therapien zu
verstehen und mitzutragen. Bei der Pressekonferenz am 19. April 2017
geben Experten der DGIM und Vertreter der Stadt Wiesbaden Einblick in
das Programm des Patiententags. Weitere Informationen zum Kongress und
Patiententag finden Interessierte hier:
http://dgim2017.de/download/.