Darmflora könnte Artbildung
beeinflussen
Mischlingsmäuse besitzen andere Bakteriengemeinschaft
im Darm als ihre reinerbigen Eltern
beeinflussen
Mischlingsmäuse besitzen andere Bakteriengemeinschaft
im Darm als ihre reinerbigen Eltern
Wir sind nicht allein. Und das waren wir auch nie: Bakterien besiedelten
die Erde lange vor vielzelligen Organismen und beeinflussten deren Evolution von
Anbeginn. Dabei könnten sogar neue Arten entstehen. In einer neuen Studie
untersuchten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Exzellenzclusters
„Entzündungsforschung“ die Bakteriengemeinschaften im Darm zweier
Mäuse-Unterarten und ihrer Mischlinge. Die Studie wurde kürzlich vom
renommierten Fachjournal Nature Communications veröffentlicht. Nicht
nur die beiden Unterarten unterscheiden sich in der Zusammensetzung ihrer
Darmflora, die Hybriden beider Unterarten besitzen eine eigene
Bakteriengemeinschaft. Diese Unterschiede gingen mit einem veränderten
Immunsystem einher. Dies könnte erklären, warum Mischlinge der beiden Unterarten
weniger überlebensfähig sind als ihre reinerbigen Eltern. Die Darmflora trägt
damit dazu bei, dass sich die beiden Unterarten zu vollständig getrennten Arten
entwickeln.
die Erde lange vor vielzelligen Organismen und beeinflussten deren Evolution von
Anbeginn. Dabei könnten sogar neue Arten entstehen. In einer neuen Studie
untersuchten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Exzellenzclusters
„Entzündungsforschung“ die Bakteriengemeinschaften im Darm zweier
Mäuse-Unterarten und ihrer Mischlinge. Die Studie wurde kürzlich vom
renommierten Fachjournal Nature Communications veröffentlicht. Nicht
nur die beiden Unterarten unterscheiden sich in der Zusammensetzung ihrer
Darmflora, die Hybriden beider Unterarten besitzen eine eigene
Bakteriengemeinschaft. Diese Unterschiede gingen mit einem veränderten
Immunsystem einher. Dies könnte erklären, warum Mischlinge der beiden Unterarten
weniger überlebensfähig sind als ihre reinerbigen Eltern. Die Darmflora trägt
damit dazu bei, dass sich die beiden Unterarten zu vollständig getrennten Arten
entwickeln.
Bakterien haben vielfach einen schlechten Ruf. Sie sorgen für Erkältung und
Durchfall und andere unerfreuliche Begleiterscheinungen. Die meisten Menschen
möchten deshalb möglichst wenig mit ihnen zu tun haben. Manche Bakterien sind
aber durchaus nützlich. Für die Verdauung im Darm sind sie beispielsweise
unersetzlich: Sie produzieren Vitamine und Fettsäuren, andere sorgen dafür, dass
Ballaststoffe verdaut oder Stärke verwertet werden. Aufgenommen werden die
Darmbakterien etwa bei der Geburt oder später durch den täglichen Kontakt
zwischen Eltern und Nachkommen. Das sogenannte Mikrobiom, also die mit einem
Organismus zusammen lebenden Mikroorganismen, beeinflusst darüber hinaus aber
auch maßgeblich seine Evolution. Ein Forschungsteam rund um Professor John
Baines, Mitglied im Exzellenzcluster „Entzündungsforschung“ und
Max-Planck-Institut für Evolutionsbiologie, hat die Darmflora und das Erbgut
zweier europäischer Mäuse-Unterarten analysiert: Mus musculus
domesticus kommt westlich einer Linie vor, die durch die neuen
Bundesländer, Bayern, das westliche Österreich und den Balkan zum Schwarzen Meer
verläuft. Mus musculus musculus lebt östlich dieser Grenze. Die beiden
Unterarten der Mäuse können sich zwar noch untereinander fortpflanzen, doch ihre
Nachkommen sind weniger fruchtbar als reinerbige Tiere.
Durchfall und andere unerfreuliche Begleiterscheinungen. Die meisten Menschen
möchten deshalb möglichst wenig mit ihnen zu tun haben. Manche Bakterien sind
aber durchaus nützlich. Für die Verdauung im Darm sind sie beispielsweise
unersetzlich: Sie produzieren Vitamine und Fettsäuren, andere sorgen dafür, dass
Ballaststoffe verdaut oder Stärke verwertet werden. Aufgenommen werden die
Darmbakterien etwa bei der Geburt oder später durch den täglichen Kontakt
zwischen Eltern und Nachkommen. Das sogenannte Mikrobiom, also die mit einem
Organismus zusammen lebenden Mikroorganismen, beeinflusst darüber hinaus aber
auch maßgeblich seine Evolution. Ein Forschungsteam rund um Professor John
Baines, Mitglied im Exzellenzcluster „Entzündungsforschung“ und
Max-Planck-Institut für Evolutionsbiologie, hat die Darmflora und das Erbgut
zweier europäischer Mäuse-Unterarten analysiert: Mus musculus
domesticus kommt westlich einer Linie vor, die durch die neuen
Bundesländer, Bayern, das westliche Österreich und den Balkan zum Schwarzen Meer
verläuft. Mus musculus musculus lebt östlich dieser Grenze. Die beiden
Unterarten der Mäuse können sich zwar noch untereinander fortpflanzen, doch ihre
Nachkommen sind weniger fruchtbar als reinerbige Tiere.
Die Forscherinnen und Forscher untersuchten das Erbgut und Darmgewebe von
Hybriden aus der rund 40 Kilometer breiten Überlappungszone, in der beide
Unterarten gemeinsam vorkommen und sich miteinander kreuzen. Ihre Ergebnisse
verglichen sie darüber hinaus mit Analysen von im Labor gezüchteten Tieren der
beiden Unterarten und ihren Hybriden. Die Artenvielfalt der Darmbakterien wurde
mittels genetischer Analysen bestimmt. Dabei zeigte sich, dass nicht nur Labor-
und Wildmäuse jeweils eine deutlich andere Darmflora besitzen, sondern auch die
beiden Unterarten und die Hybriden. Die Mischlinge unterscheiden sich sogar
deutlicher von ihren reinerbigen Eltern, als diese voneinander. „Die
Unterschiede zwischen Labor- und Wildtieren lassen sich durch die verschiedenen
Lebens- und Ernährungsbedingungen leicht erklären. Auf die Differenzen zwischen
den wilden Mäusen trifft das nicht zu, denn die Tiere kommen in der Natur im
selben Lebensraum vor“, sagt Professor Baines, Gruppenleiter am
Max-Planck-Institut für Evolutionsbiologie.
Hybriden aus der rund 40 Kilometer breiten Überlappungszone, in der beide
Unterarten gemeinsam vorkommen und sich miteinander kreuzen. Ihre Ergebnisse
verglichen sie darüber hinaus mit Analysen von im Labor gezüchteten Tieren der
beiden Unterarten und ihren Hybriden. Die Artenvielfalt der Darmbakterien wurde
mittels genetischer Analysen bestimmt. Dabei zeigte sich, dass nicht nur Labor-
und Wildmäuse jeweils eine deutlich andere Darmflora besitzen, sondern auch die
beiden Unterarten und die Hybriden. Die Mischlinge unterscheiden sich sogar
deutlicher von ihren reinerbigen Eltern, als diese voneinander. „Die
Unterschiede zwischen Labor- und Wildtieren lassen sich durch die verschiedenen
Lebens- und Ernährungsbedingungen leicht erklären. Auf die Differenzen zwischen
den wilden Mäusen trifft das nicht zu, denn die Tiere kommen in der Natur im
selben Lebensraum vor“, sagt Professor Baines, Gruppenleiter am
Max-Planck-Institut für Evolutionsbiologie.
Die Erklärung der Forschenden: Der Grund sind die Gene – insbesondere die
Gene für das Immunsystem. Mäuse mit unterschiedlichen Varianten von Immungenen
besitzen demnach auch eine andere Bakterienzusammensetzung im Darm. Ein Beispiel
dafür, wie das Immunsystem die Darmflora beeinflusst, sind die T-Zellen. Diese
Immunzellen kommen auch im Darmgewebe vor und unterscheiden sich bei den
Hybridmäusen. Solche Unterschiede im Immunsystem der Mischlinge beeinträchtigen
offenbar die Bakterien im Darm.
Gene für das Immunsystem. Mäuse mit unterschiedlichen Varianten von Immungenen
besitzen demnach auch eine andere Bakterienzusammensetzung im Darm. Ein Beispiel
dafür, wie das Immunsystem die Darmflora beeinflusst, sind die T-Zellen. Diese
Immunzellen kommen auch im Darmgewebe vor und unterscheiden sich bei den
Hybridmäusen. Solche Unterschiede im Immunsystem der Mischlinge beeinträchtigen
offenbar die Bakterien im Darm.
Die Darmflora der Hybriden besteht also einerseits aus weniger Arten,
gleichzeitig kommen die jeweiligen Arten unterschiedlich häufig vor. Hybriden
haben etwa deutlich mehr Helicobacter-Bakterien als beide reinrassigen Tiere der
Elterngeneration. Die zu dieser Gruppe gehörenden Arten gelten als Verursacher
von Darmgeschwüren beim Menschen. Blautia-Bakterien dagegen kommen in den
Mischlingen relativ selten vor. Das ist anscheinend nicht zum Wohl der Mäuse,
denn die Forscher haben festgestellt, dass das Darmgewebe der Hybriden häufiger
entzündet ist als das der Elterntiere. „Dies ergänzt frühere Ergebnisse, wonach
die Hybride der beiden Maus-Unterarten eine geringere Fitness aufweisen, also
schwächer und kränker sind und weniger Junge bekommen“, so Baines. Das Erbgut
der beiden Mäuse-Unterarten hat sich also schon so weit auseinander entwickelt,
dass Hybride ihren Darmbakterien keine optimalen Bedingungen mehr bieten können
und die Tiere dadurch eine geringere Fitness besitzen.
gleichzeitig kommen die jeweiligen Arten unterschiedlich häufig vor. Hybriden
haben etwa deutlich mehr Helicobacter-Bakterien als beide reinrassigen Tiere der
Elterngeneration. Die zu dieser Gruppe gehörenden Arten gelten als Verursacher
von Darmgeschwüren beim Menschen. Blautia-Bakterien dagegen kommen in den
Mischlingen relativ selten vor. Das ist anscheinend nicht zum Wohl der Mäuse,
denn die Forscher haben festgestellt, dass das Darmgewebe der Hybriden häufiger
entzündet ist als das der Elterntiere. „Dies ergänzt frühere Ergebnisse, wonach
die Hybride der beiden Maus-Unterarten eine geringere Fitness aufweisen, also
schwächer und kränker sind und weniger Junge bekommen“, so Baines. Das Erbgut
der beiden Mäuse-Unterarten hat sich also schon so weit auseinander entwickelt,
dass Hybride ihren Darmbakterien keine optimalen Bedingungen mehr bieten können
und die Tiere dadurch eine geringere Fitness besitzen.