Blutvergiftung – schnellere Analyse von Resistenzen
Bei einer Blutvergiftung greifen Ärzte
umgehend zu einem Breitbandantibiotikum. Doch vielfach kann das
Medikament den Keimen nichts anhaben. Die Untersuchung auf
Antibiotikaresistenzen ist jedoch zeitaufwändig, für viele Patienten
kommen die Ergebnisse zu spät. Ein neues Verfahren liefert die Resultate
bereits nach neun Stunden. Auf der Messe Biotechnica vom 6. bis 8.
Oktober in Hannover wird ein Prototyp präsentiert (Halle 9, Stand C34).
- Miniaturisierter Wachstumschip zur Erkennung bakterieller Resistenzen.
© Volker Lannert, Fraunhofer FIT
Erkrankt ein Betroffener an Blutvergiftung, auch Sepsis genannt,
zählt jede Sekunde. Zwar behandeln die Ärzte bei Verdacht auf Sepsis
umgehend mit einem Breitbandantibiotikum. Allerdings zeigt dies nicht
immer die erhoffte Wirkung – etwa wenn die Bakterien resistent gegen die
eingesetzten Medikamente sind. Bis die Erreger im Labor identifiziert
und auf mögliche Resistenzen untersucht sind, vergehen üblicherweise 60
bis 100 Stunden. Zeit, die der Patient nicht hat – die meisten sterben
nach etwa 48 Stunden. Allein in Deutschland erliegen jährlich 60 000
Menschen einer Blutvergiftung.
Untersuchungsergebnisse nach neun Stunden
Dank
eines neuen Verfahrens könnte diese Untersuchung weit schneller
ablaufen. Sind die Resistenzen erkannt, können die Ärzte den Erkrankten
dann mit einem spezifisch wirkenden Antibiotikum behandeln, das die
Keime zuverlässig abtötet. Möglich macht dies eine Technologie, die
Forscherinnen und Forscher an den Fraunhofer-Instituten für Angewandte
Informationstechnik FIT und für Lasertechnik ILT in Zusammenarbeit mit
dem Uniklinikum Aachen und zahlreichen Industriepartnern entwickelten.
»Mit unserer Untersuchungsmethode liegt das Ergebnis bereits nach neun
Stunden vor«, sagt Professor Harald Mathis, Abteilungsleiter am FIT.
Welches Antibiotikum wirkt?
Wie schaffen es
die Forscher, die Bakterien im Patientenblut bis zu zehnmal schneller
als bisher zu untersuchen? »Wir haben dafür ein miniaturisiertes System
entwickelt, samt einem patentierten optischen Aufbau«, verrät Mathis.
Zunächst werden die Sespis-Erreger markiert. Sobald man sie dann mit
einem Laser anstrahlt, leuchten sie. So können die Forscher einschätzen,
wie viele Bakterien sich im Blut befinden. Im nächsten Schritt werden
die Erreger vom Blut getrennt und in verschiedene miniaturisierte
Töpfchen gelenkt. In diesen befindet sich jeweils ein Nährmedium mit
einem speziellen Antibiotikum. Ein zweiter optischer Aufbau samt nötiger
Analysesoftware beobachtet und dokumentiert genau, wie sich die Erreger
entwickeln. Der Clou: Algorithmen werten die aufgenommenen Bilder der
Bakterien aus und extrapolieren die Wachstumskurve. So lässt sich
bereits nach einigen Stunden ermitteln, ob das jeweils eingesetzte
Medikament wirkt oder ob die Bakterien dagegen resistent sind und sich
großflächig ausbreiten. Dieser Wachstumsmonitor berechnet mit seiner
Software wie sich die Erreger längerfristig entwickeln werden. Dabei
analysiert das Programm sowohl die Größe des Bakterienteppichs – woraus
man eins zu eins auf die Anzahl der Bakterien schließen kann – als auch,
das Verhältnis von lebenden zu abgetöteten Keime. Kurzum: Die Forscher
können erkennen, welches Antibiotikum die Erreger am schnellsten
abtötet. Und damit, welches Medikament dem Patienten am besten hilft.