Berühmtes Wirtschaftsforum warnt vor Weltkrise

Berühmtes Wirtschaftsforum warnt vor Weltkrise

Risikobericht des Weltwirtschaftsforums Verheerendes Bild vom Zustand der Welt

Knapp eine Woche vor
Beginn seiner Jahrestagung in Davos hat das Weltwirtschaftsforum seinen
jährlichen Risikobericht veröffentlicht. Der Ausblick ist wahrlich
düster.

AFP

Schmelzender Santa-Ines-Gletscher in Punta Arenas, Chile

Klimawandel,
Datenkriminalität, geopolitische Krisen und weltwirtschaftliche
Spannungen: Der aktuelle Risikobericht des Weltwirtschaftsforums
zeichnet ein verheerendes Bild vom Zustand der Erde. "Globale Risiken
nehmen zu. Gleichzeitig schwächt sich der kollektive Wille, sie zu
bekämpfen, deutlich, und die Spaltung nimmt zu", heißt es in der Studie,
die am Mittwoch in London vorgestellt wurde. Wie ernst die Lage ist,
zeigen die Titel der einzelnen Kapitel: "Out of Control" (Außer
Kontrolle) heißt eines, ein anderes "Fight or Flight" (Kampf oder
Flucht).

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Ein besonders großes Risiko geht demnach vom Klimawandel aus. Erstmals werden in dem jährlich erscheinenden Bericht
Umweltprobleme als die drei drängendsten Herausforderungen genannt.
Konkret sind dies Wetterextreme, Versagen beim Klimaschutz und bei der
Anpassung an den Klimawandel sowie Naturkatastrophen.
"Von allen Risiken ist es bei der Umwelt am offensichtlichsten, dass
die Welt in eine Katastrophe steuert", heißt es in der Studie. Aber auch
Datenbetrug und -raub sowie Cyberattacken zählen demnach zu den großen Bedrohungen.

Knapp eine Woche vor dem Jahrestreffen in Davos von 22. bis zum 25. Januar rief das WEF mit Nachdruck zur Zusammenarbeit auf. "Es gab nie einen
dringenderen Bedarf für einen kollaborativen und gemeinsamen Ansatz für
globale Probleme, die alle betreffen", schreibt WEF-Präsident Børge
Brende im Vorwort des "Global Risk Reports".

Doch das WEF zeigt sich
zugleich äußerst skeptisch, dass die Menschheit die Herausforderung
annimmt und angeht. Mit Blick auf die zunehmenden nationalen Egoismen
und die daraus resultierenden politischen und wirtschaftlichen
Konflikte, so warnt die Organisation, sei es schwieriger geworden,
gemeinsame Fortschritte bei den globalen Herausforderungen zu erzielen.

Diskussionsvorschlag für Davos

Traditionell stellt das WEF
den Weltrisikobericht rund eine Woche vor Beginn der Tagung in den
Schweizer Alpen vor. Die Organisation versteht die Studie als eine Art
Leitfaden für die zentralen Fragen des Jahres 2019.

REUTERS

Davos – Tagungsort des Weltwirtschaftsforums

In Davos diskutieren in
diesem Jahr mehr als 3000 Teilnehmer aus Politik, Wirtschaft, Kultur und
Gesellschaft unter dem Motto "Globalisierung 4.0: Auf der Suche nach
einer globalen Architektur im Zeitalter der vierten industriellen
Revolution". Erwartet werden unter anderem Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), der chinesische Vizepräsident Wang Qishan und Brasiliens neuer Staatschef Jair Bolsonaro. US-Präsident Donald Trump hatte seinen Besuch mit Verweis auf den Haushaltsstreit mit den Demokraten abgesagt, Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron bleibt wegen der Proteste der "Gelben Westen" zu Hause.

In ihrem Bericht warnen die Autoren auch vor den Folgen der aktuellen Handelskonflikte,
etwa zwischen den USA und China oder zwischen den USA und der EU.
"Wirtschaftspolitik (…) wird heutzutage zunehmend als Mittel des
strategischen Wettbewerbs gesehen", heißt es. Dabei betont der Bericht,
dass diese Krisen lange nicht ausgestanden sind. So rechnen 91 Prozent
der Befragten mit wirtschaftlichen Auseinandersetzungen zwischen den
wichtigsten Staaten, und 85 Prozent erwarten ein erhöhtes Risiko
politischer Konfrontation. "In vielen Ländern ist die Polarisierung auf
dem Vormarsch.

Zusammenhalt der Gesellschaften bedroht

In manchen Fällen fasern die
sozialen Verträge aus, die die Gesellschaften zusammenhalten", warnte
WEF-Präsident Brende. Eine gewichtige Rolle dabei spiele die
nachlassende Dynamik des Wirtschaftswachstums.
Hinzu käme, dass die Entwicklung an den Finanzmärkten immer weniger
vorhersagbar geworden sei. Ein weiteres Problem sei die weltweite
Schuldenlast: Sie betrage nun 225 Prozent des globalen
Bruttoinlandsprodukts und damit mehr als vor der jüngsten Finanzkrise.

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Nicht zuletzt warnt das WEF
vor der "menschlichen Seite" globaler Risiken. "Für viele Menschen ist
dies eine zunehmend beängstigende Welt, die unglücklich und einsam
mache", heißt es in dem Bericht. Schätzungen zufolge würden etwa 700
Millionen Menschen weltweit an psychischen Problemen leiden. "Dies ist
ein Zeitalter beispielloser Möglichkeiten und technologischen
Fortschritts, aber für zu viele Menschen ist dies auch ein Zeitalter der
Unsicherheit", mahnte WEF-Präsident Brende.

Als Denkanstöße für das
Treffen in Davos formulierte das WEF in dem Risikobericht zehn
"Zukunftsschocks" als theoretische Szenarien. Dazu zählen die Autoren
unter anderem sogenannte Wetterkriege – also Klimamanipulationen zur
Schwächung von Gegnern – und die absichtliche Unterbrechung der
Nahrungsversorgung. Weitere Szenarien sind ein Ende der Wasserversorgung
in Großstädten sowie die Verlagerung geopolitischer Konflikte ins
Weltall. Es handele sich bei all diesen Szenarien um eine Mahnung,
kreativ über Risiken nachzudenken und das Unerwartete zu erwarten.