Astrophysik hilft Osteoporose besser zu erkennen

System zur Kartierung des Weltalls erfasst Knochenschwund-Risiko genauer

München (pte/20.10.2005/06:35) – Auf den ersten Blick wirken die beiden
Wissenschaftsdisziplinen extraterrestrische Physik und Knochenmedizin
nicht zusammengehörig. Verkleinert man jedoch das Weltall auf
rechnerischem Weg und schrumpft die Sternsysteme zu Punkten, kommt ein
Bild zum Vorschein, das der Struktur eines durch Osteoporose
geschädigten Knochens gleicht. Das System zur Kartierung des Weltalls
erfasst das Osteoporose-Risiko wesentlich präziser als andere Methoden.
Die Forscher des Max-Planck-Instituts für extraterrestrische Physik
http://www.mpe.mpg.de haben das Verfahren zusammen mit Medizinern des
Münchner Klinikums rechts der Isar http://www.med.tu-muenchen.de
entwickelt.

Bisher wurde Osteoporose mithilfe von Knochendichtemessungen, die den
Mineralgehalt des Knochens angibt, erfasst. Das Verfahren weist
allerdings einige Schwachpunkte auf, da es immer wieder Patienten gibt,
die zwar normale Werte aufweisen, dennoch unter so genannten
osteoporotischen Frakturen leiden. Wie die beiden Forscher der
unterschiedlichen Disziplinen auf diese Idee gekommen sind, schildert
Christoph Räth von der Abteilung Theorie und komplexe Plasmen am
Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik in Garching im
pressetext-Gespräch. "Der Mediziner Thomas Link hat das Problem der
Osteoporose geschildert und Bilder gezeigt", so der Wissenschaftler,
der daraufhin die Ähnlichkeit der Struktur mit jener des Weltalls und
den dort vorkommenden Strukturen erkannt hat.

Erfasst wird das ganze mit Magnetresonanztomographen. "Es handelt sich
dabei nicht um eine bessere Bildgebung, sondern um eine
anspruchsvollere und erweiterte Auswertung des Bildmaterials", erklärt
Räth, der sich mit Fragen der theoretischen Astrophysik wie etwa der
Entstehung des Weltalls beschäftigt. Vor Zeiten gab es nichts weiter
als eine heiße Ursuppe, erfüllt mit Energie und ersten, einfachen
Teilchen. Darin liefen physikalische Prozesse ab, die sich in der
Rückschau bisher nur erahnen lassen. Das Ergebnis dieser Prozesse ist
der Kosmos, wie er sich den heutigen Messungen darstellt: mit großen
Massen, konzentriert in Galaxien, zwischen denen sich riesige, fast
leere Räume erstrecken. Vor rund 20 Jahren kamen die Forscher zur
Erkenntnis, dass das All einer Schaumstruktur gleicht. Die Mehrzahl der
Galaxien liegt auf virtuellen Kugelschalen, die aneinander kleben wie
in einem kosmischen Schwamm. Der Schaum erweist sich als äußerst
komplex. Bei der Charakterisierung dieser Strukturen wurden nun
verfeinerte mathematische Beschreibungen entwickelt. Sie geben für
jeden Raumpunkt an, ob er isoliert steht oder zu einer linien- oder gar
flächenartigen Struktur gehört, und wie stark er mit seiner Umgebung
vernetzt ist. Beides liefert ein Maß für die räumliche Anordnung und
Verteilung der Galaxien

"Diese Verfahren bestimmen die Dimensionalität für Strukturen", erklärt
Räth. Das sei auch bei der Osteoporose anwendbar. Auch dabei verändern
sich die Strukturen. Die beiden Wissenschaftler haben zunächst die
Knochenstruktur von Patienten mittels hoch auflösender
Magnetresonanztomografie analysiert. Diese Struktur bildet
wasserstoffhaltige Gewebe ab und liefert, da die Hohlräume des Knochens
mit Knochenmark gefüllt sind, ein Negativbild der knöchernen Substanz.
Auf die so dargestellte schwammartige Struktur wenden die Physiker dann
das Verfahren an, das für die Analyse der Weltallbilder entwickelt
wurde und gewinnen Aufschluss über die räumliche Architektur des
Knochens.