**Speiseinsekten**
Neue Herausforderungen für die amtliche Lebensmittelüberwachung
(BZfE) – Wer schon einmal versucht hat, eine Heuschrecke zu fangen
weiß: So ein Tier ist nur schwer zu fassen. Ganz ähnlich ist es mit der
lebensmittelrechtlichen Bewertung von Speiseinsekten. Immerhin, die Novel
Food-Verordnung (EU) Nr. 2015/2285 holt das Angebot von Speiseinsekten in
Deutschland aus der rechtlichen Grauzone, weil sie klarstellt, dass die
exotisch anmutende Kost in den Anwendungsbereich der europäischen Regelung
fällt.
Doch die amtliche Lebensmittelüberwachung hat weiterhin mit den Altlasten
der zuvor unklaren Rechtslage zu kämpfen. Denn nach einer
Übergangsregelung dürfen Speiseinsekten und insektenbasierte
Lebensmittel, die vor dem 1. Januar 2018 rechtmäßig in der EU in Verkehr
waren, weiter vermarktet werden, wenn bis spätestens 1. Januar 2019 ein
entsprechender Zulassungsantrag bei der EU-Kommission vorgelegen hat. Das
betrifft aktuell eine gute Handvoll von Insekten-Spezies, darunter die
Larve des Glänzendschwarzen Getreideschimmelkäfers (Buffalowurm,
Alphitobius diaperinus), die Afrikanische Wanderheuschrecke (Locusta
migratoria) und der getrockente Mehlwurm (Tenebrio molitor).
Für die amtliche Überwachung heißt das: auf zu neuen Ufern. Und zwar
schnell. Denn aufgrund der Übergangsregelungen kommen eine ganze Reihe
insektenbasierter Lebensmittel in den stationären
Lebensmitteleinzelhandel, etwa ein Burger mit Buffalowürmern oder ein
Insekten-Riegel mit gemahlener Grille. Noch sind es nicht viele Produkte.
Verglichen mit den hierzulande üblichen Lebensmitteln fordern sie die
Überwachung dafür umso mehr.
Auch wenn das Lebensmittelrecht nicht immer ganz systematisch aufgebaut
ist, kann jemand der es kennt, ein Lebensmittel des alltäglichen Verzehrs
bestens damit bewerten. Und auch die Analytik dieser Produkte steht. Anders
bei den Speiseinsekten. Sie sind für die amtliche Überwachung eine
vollkommen neue Produktkategorie, deren rechtliche Bewertung eine Vielzahl
von Fragestellungen aufwirft – angefangen von der Artenbestimmung von
Insekten in allen Entwicklungsstadien über die Sicherheitsbewertung bis
hin zur Kennzeichnung, einschließlich Allergeninformationen. Genauso wenig
ist die Routine-Analytik der amtlichen Überwachung auf die Exoten
ausgerichtet.
Dass hier Forschungs- und Entwicklungsbedarf besteht, kam auch auf dem
Strategischen Forum der Deutschen Forschungsallianz (DAFA) zur Sprache, das
im November 2018 in Berlin stattfand. Deutlich wurde dort: Insekten haben
sowohl in der Lebensmittel- als auch in der Futtermittelbranche großes
Potenzial als Eiweißquelle. Routinetaugliche Untersuchungsmethoden aber
sind ein Muss, um die Lebensmittelsicherheit gewährleisten zu können.
Erste Vorstöße dazu gibt es aus Freiburg. Das dort ansässige Chemische
und Veterinäruntersuchungsamt entwickelt aktuell mit Hilfe
massenspektrometrischer Untersuchungen (MALDI-TOF-MS) eine Datenbank, die
der Artenbestimmung von Insekten dienen soll. Ein vielversprechender
Ansatz, der bestens auf das sich hierzulande entwickelnde Angebot angepasst
ist. Denn die meisten der innovativen Lebensmittel enthalten keine ganzen,
sondern bis zur Unkenntlichkeit verarbeitete Insekten.
Dr. Christina Rempe,