Anziehbares U-Boot sucht ältesten Computer
"Exosuit": Soll antike Hochtechnologie finden (Foto: Nuytco) |
Woods Hole (pte012/06.06.2014/12:05) –
Der "Exosuit" des kanadischen Unternehmens Nuytco Research http://nuytco.com ist ein Hightech-Anzug, der bemannte Tauchgänge bis in 300 Meter Tiefe
ermöglicht. So soll er im Herbst dazu beitragen, eines der größten
Rätsel der Technologie-Geschichte zu lösen, berichtet der New Scientist.
Denn dann wird der Exosuit zum Einsatz kommen, um in der Ägäis
gefahrlos nach einem 2.000 Jahre alten Wrack zu tauchen. Das soll
Hinweise auf die Natur des Antikythera-Mechanismus liefern – des dort
gefundenen, ältesten Computers der Welt.
Der Exosuit wirkt ein wenig wie eine "Iron
Man"-Rüstung, was damit zusammenhängt, dass es sich um den modernsten
robotischen Tauchanzug der Welt handelt. "Das ist im Prinzip ein
anziehbares U-Boot", meint Phil Short, der die Mission als Tauchexperte
begleiten wird. Im September soll vor der Insel Antikythera diese
modernste Technologie antike ans Licht fördern. Denn Ziel der Expedition
ist ein römisches Wrack, aus dem 1900 der Antikythera-Mechanismus
geborgen wurde. Er gilt als älteste analoge Computer der Welt, seine
Funktionsweise ist bis heute nicht vollständig verstanden. Im Idealfall
soll der Exosuit eine zweite Kopie des Geräts vom Meeresboden holen.
Sicher tief tauchen
Das Antikythera-Wrack ist zirka 60 vor Christus
gesunken und wurde 1900 von griechischen Schwammtauchern wiederentdeckt.
Große Stücke befanden sich in etwa 40 bis 60 Metern Tiefe, doch Teile
sollen bis zu 120 Metern tief liegen. Um dort lange bemannte Tauchgänge
zu absolvieren, ist hochtechnische Ausrüstung nötig. Denn die
Schwammtaucher konnten einst nur wenige Minuten beim Wrack ausharren,
dennoch gab es durch Dekompressionskrankheit bedingte Lähmungen und
Todesfälle. Selbst Taucherlegende Jacques Cousteau konnte bei einer
Expedition im Jahr 1976 nur zehn Minuten am Meeresboden verbringen.
"Mit dem Exosuit wird unsere Zeit am Boden praktisch
unbegrenzt", so Brendan Foley vom Deep Submergence Laboratory der Woods
Hole Oceanographic Institution http://www.whoi.edu . Denn der Anzug aus einer Aluminiumlegierung widersteht dem hohen
Wasserdruck in 120 Metern Tiefe, bietet dem Träger aber dank
intelligenter Bauweise dennoch hohe Beweglichkeit. Das ist auch wichtig,
um etwaige Schätze sinnvoll bergen zu können. Dank Versorgungskabel zum
Schiff an der Oberfläche und Kreislaufatemgerät sollten theoretisch
Tauchgänge von 50 Stunden Dauer möglich sein. "Wir werden nur auftauchen
müssen, um dem Ruf der Natur zu folgen", meint daher Foley.
Antike Hochtechnologie
Die moderne Expedition dient dazu, ein Stück antiker
Hochtechnologie besser zu verstehen, den 1900 in Fragmenten entdeckte
Antikythera-Mechanismus. Erst in den 1950er-Jahren haben Forscher
erkannt, dass die 2.000 Jahre alten Bruchteile einen analogen Computer
ergeben, der in seiner Komplexität seiner Zeit um Jahrhunderte voraus
scheint. Vermutlich diente das Gerät der Vorhersage von Sonnen- und
Mondfinsternissen, möglicherweise auch der Berechnung von
Planetenpositionen.
Wirklich restlos verstanden sind Funktionsweise und
Zweck des Antikythera-Mechanismus aber bis heute nicht. Im Rahmen der
für September geplanten Expedition hoffen die Forscher, weitere
Informationen zu dem Analog-Computer zu finden. Dabei besteht auch die
Hoffnung, auf neue Teile oder gar ein zweites Gerät zu stoßen. Denn
Fragment D, eines der sieben größten Bruchstücke des
Antikythera-Mechanismus, ließ sich bislang in keine versuchte
Rekonstruktion nahtlos einfügen.