25.09.2014 A apropos Staatsschuldenkrise und Schuldenbremse

Dem Bündnis der Europäischen Staaten verdanken wir 60 Jahre Frieden, eine prosperierende Wirtschaft, die zumindest für Deutschland alles überdeckt, was an Problemen in der Vergangenheit entstanden ist, aber auch in die Gegenwart und ggf. in der Zukunft wirkt. Unser Dank gilt auch den klugen Männern der ersten Stunde:u. a. Walter Eucken 1891-1950, Alfred Müller-Armack 1901-1978, Oswald von Nell-Bräuning 1890-1991, Ludwig Erhardt, 1897-1977, die die soziale Marktwirtschaft erdacht haben. Die soziale Marktwirtschaft ist die genialste Konstruktion im Zusammenleben der Menschen, die jemals im Rahmen der Demokratie-Idee erfunden wurde,sowohl intellektuell als auch politisch und soziologisch.Ohne sie wäre die Bundesrepublik nie das geworden, was sie heute ist. Vor allen Dingen war sie das Bollwerk gegen die Versuchung des Kommunismus und kollektiven Sozialismus, denn ohne sie wäre der Obrigkeitsstaat nach Sowjet-Ideologie oder DDR unausweichlich gewesen.

Wie anders als im Rahmen einer Marktwirtschaft sollen sich Preise bilden, die Angebot und Nachfrage zusammenbringen. Natürlich bedarf das einer strengen Kontrolle des gleichzeitig eingeführten Kartellamtes. Wenn der Staat die Preise festlegt, bildet sich unweigerlich ein „Schwarzer Markt“, der wiederum verlangt strenge staatliche Kontrolle mit ausbordender Bürokratie und geheimer Staatspolizei. Ein Obrigkeitsstaat wäre uns nicht erspart geblieben mit all seinen Folgen.

Eins muss man den Deutschen zugutehalten: Sie waren in der Vergangenheit wirtschaftlich sehr kreativ, und Kreativität wächst nur auf dem Boden von freiheitlichem Handeln.

Trotzdem gibt es in der Volkswirtschaft Gesetzmäßigkeiten quasi naturwissenschaftlichen Charakters, die nicht außer Kraft gesetzt werden können. Jeder weiß, dass, wenn er selbst oder seine Familie nur auf Pump lebt, er auf lange Sicht in der persönlichen Katastrophe mündet bis hin zum Konkurs.

In der Volkswirtschaft ist das etwas anders, zumindest fällt ein solches über die Strengeschlagen nicht so schnell auf.

Außerdem ist die Geldpolitik durchaus ein wichtiges Steuerungselement für die Konjunktur.Kein Wissenschaftler hat das besser beschrieben als der berühmte John Maynard Keynes (1883-1946), der mit seiner Idee des Defizit-Spendings (gezielte Staatsschulden machen) die Politiker extrem beeinflusst hat. Im Prinzip hatte er völlig Recht, dass der Staat (Bundesbank) in Zeiten extremer wirtschaftlicher Probleme zusätzlich Geld drucken soll, um die Arbeitslosen damit zu entlohnen. Allerdings erst, nachdem sie Arbeit geleistet haben, auch wenn das sinnlose Arbeit wäre. Mit dem verdienten Geld könnte dann der Konsum angeregt und die Konjunktur wieder aktiviert werden.

Das große Problem aber des Defizit-Spendings liegt darin, dass nach Keynes in Hochkonjunkturphasen das Geld vom Staat wieder eingezogen werden sollte, damit das Staatsdefizit nicht überbordet. Das aber haben sowohl die autoritären als auch die demokratischen Staaten fast nie eingehalten, denn dies führte unweigerlich zu unpopulären Maßnahmen. Die Folge waren in der Vergangenheit extreme Inflationen oder der Zusammenbruch des monetären Systems auf andere Weise (Kriege, Staatsbankrott usw.).

Ähnliches können wir heute auch beobachten, denn je mehr Geld produziert wird,umso weniger Wert ist es. Was im Übermaß vorhanden ist, wird immer billiger. Der Preis fürs Geld ist der Zins, und der ist schon seit langem zu niedrig, was ein untrügliches Zeichen für seinen Verfall ist, Wenn in Europa sogar schon Negativ-Zinsen gezahlt werden, dann ist das ein deutlicher Hinweis auf eine bevorstehende Katastrophe. Die ganze Gesellschaft lebt sozusagen auf Kosten der Kinder und Kindeskinder.

Ich kann hier nicht die ganze komplexe Gesetzmäßigkeit des staatlichen Umgangs mit dem Geld beschreiben, aber noch profitiert der Staat davon, dass in der Geldformel nicht nur die Menge eine Rolle spielt, sondern auch die Umlaufgeschwindigkeit. Im Moment profitieren wir extrem davon, dass die Menschen dem Geld noch vertrauen und es nicht direkt ausgeben, wenn sie es verdient haben, ja sie legen es sogar auf die ‘Hohe Kante‘ und investieren es in oft unseriöse Projekte, bzw. leihen sogar das Geld bei niedrigen Zinsen aus, was später den Kollaps beschleunigen wird.

Solche Situationen gab es bereits in den letzten 20 Jahren häufig. Die Politik glaubte, es dadurch lösen zu können, indem sie die Banken stützte oder sogar rettete, doch die Zeche zahlen letztlich wir Bürger. Die Antwort, die die Politik, vor allem die Deutsche, auf diese durchaus bekannten Gefahren leistete, war die sogenannte Schuldenbremse, die so manche europäischen Länder in den quasi Bankrott getrieben hat. Vor allen Dingen Angela Merkel und unser Finanzminister Wolfgang Schäuble haben sich mit dieser (möglicherweise notwendigen ) Idee in Europa durchgesetzt, was allerdings nicht bedeutet, dass die in der ganzen Welt vagabundierenden Euros eingegrenzt werden können.

In Deutschaland ging man dem Problem noch rigoroser an den Kragen, ja man hat diese Schuldenbremse sogar in der Verfassung verankert. Dagegen ist grundsätzlich nichts zu sagen und man könnte das auch sehr positiv sehen, wenn nicht ein fundamentaler Konstruktionsfehler bestände. Jede Firma weiß, dass sie in die Zukunft investieren muss, sonst verliert sie ihre Konkurrenzfähigkeit und verschwindet vom Markt. Auch ein Staat bedarf dieser Investitionen. Dazu gehören Investitionen in die Infrastruktur, (Straßen, Energietransport, Kommunikation usw.), besonders aber in die Förderung der Bildung, der Wissenschaft, der Forschung sowohl was die Grundlagen als auch die praktische Umsetzung anbelangt. Andererseits verlangt ein sozialer Staat natürlich auch Ausgaben, die von mir hier im weitesten Sinne als Konsum-Ausgaben benannt werden und die weitaus den größten Teil einnehmen.

Der oben genannte Konstruktionsfehler besteht nun darin, dass kein Unterschied gemacht wurde zwischen Investitionen in die Zukunft und den sozialen Konsum-Ausgaben. Da der soziale Sektor mittlerweile so überbordet, ist es fast selbstverständlich, dass die erste Gruppe (Investitionen in die Zukunft) immer mehr zu kurz kommt. Damit schneidet sich der Staat ins eigene Fleisch. Dazu möchte ich ein eigenes Beispiel in die Diskussion werfen:

Mit 19 Jahren hatte ich meinen Gesellenbrief als Elektromechaniker in der Hand. Ich hörte, dass ein Studium in Deutschland finanziert werden könnte nach dem sogenannten „Honnefer Modell“. Nach einigen sonderbegabten Prüfungen gelang es mir tatsächlich zu studieren. Ich wurde Diplom Ingenieur, Studienrat mit 1. und 2. Staatsexamen und Volkswirt mit Schwerpunkt auf Soziologie (Kölner Modell). Insgesamt bekam ich eine Förderung von 20.000,00 DM. Die persönliche Investition in meine Bildung wurde ausschließlich angeregt durch diese Förderung. Danach – im Beruf befindlich – zahlte ich diese in Form von Steuern innerhalb von fünf Jahren zurück.  Alles, was ich danach verdiente, wurde sozusagen zur Rendite des Staates, und ohne sie genau zu berechnen liegt diese im Jahr über 1000%. Bei mir hat sich die Investition in die Bildung extrem ausgezahlt. Auch im persönlichen Glück, doch der Staat hat mindestens genau so viel davon profitiert.

Ich denke, dass diese Berechnung auf viele Menschen zutrifft. Fazit: Investition in Bildung in die Köpfe der Menschen ist der einzige Rohstoff, den wir in Deutschland noch schürfen können. Gleiches gilt natürlich auch für Investitionen in Wissenschaft und Forschung. Die logische Folge dieser Überlegung besteht darin, dass unbedingt ein Unterschied gemacht werden muss zwischen sozialen Ausgaben und Investitionen in Infrastruktur, Forschung und Wissenschaft. Letztere dürfen nicht in die 3% Schuldenbremse einbezogen werden. Das würde auch die wirtschaftlichen Probleme in Europa erheblich entzerren, insbesondere was die Jugendarbeitslosigkeit anbelangt, denn die beruht im Wesentlichen auf der Bildungsarmutin armen Gegenden. Meines Erachtens ist das nur lösbar nach einem dualen Ausbildungssystem, wie es in Deutschland extrem erfolgreich ist.