Tiere fliegen nicht immer instinktiv gleichen Weg zum Überwintern
Hans-Ulrich Peter: Forscht seit 1983 in der Antarktis (Foto: uni-jena.de)
Jena (pte001/06.12.2011/06:00) – Raubmöven folgen nicht immer der gleichen Route in den Norden. Ein Großteil der Südpolar-Skuas, die zu den Raubmöwen gehören, verbringen den antarktischen Winter im Nordatlantik, während etwa ein Drittel, zehntausende Kilometer entfernt, im Nordpazifik überwintern. Dieses ungewöhnliche Verhalten hat ein internationales Forscherteam unter der Leitung des Polar-Ornithologen Hans-Ulrich Peter von der Friedrich-Schiller-Universität Jena http://www.uni-jena.de beobachtet.
Überwinterung in zwei Ozeanen
Um die Flugrouten der Vögel zu bestimmen, hat Doktorand Matthias Kopp unter der Leitung von Peter die Tiere in ihren Brutgebieten auf King George Island, rund 120 Kilometer vor dem antarktischen Festland, mit Datenloggern versehen. Mit Hilfe dieser Datenlogger konnte er die Positionsdaten der Raubmöven über mehrere Jahre aufzeichnen und ausgewerten.
"Anhand dieser Daten können wir jetzt erstmals eindeutig sagen, dass die Südpolar-Skuas nicht, wie ihre nahen Verwandten die Braunen Skuas, vor der Küste Argentiniens, sondern überwiegend auf der Nordhalbkugel überwintern. Das Besondere an diesen Möven ist, dass sie in zwei Ozeanen überwintern", sagt Peter gegenüber pressetext. Wo die Tiere genau überwintern und auf welchen Routen sie ihre Winterquartiere ansteuern, darüber konnten die Forscher bisher lediglich spekulieren.
"Die Beobachtungen einzelner Tiere ließ uns zwar vermuten, dass die Tiere im Atlantik überwintern. Dass ein erheblicher Teil von ihnen sich im Winter in der Mitte des Nord-Pazifiks aufhält, war bisher jedoch nicht bekannt", so der Jenaer Wissenschaftler. Die Flugrouten der Vögel führen nach Norden und die Rückreise nach Süden jeweils in Form einer Schleife, die sich auf Höhe des Äquators kreuzen. Zusammen betrachtet, beschreiben die Tiere auf ihrem Flug eine große "Acht".
Ausgedehnte Ruhephasen nötig
Während die Skuas, die ihr Winterquartier im Atlantik haben, zunächst in einem breiten Korridor entlang der Ostküste Südamerikas gen Norden fliegen, ändern sie – nachdem sie den Äquator passiert haben – die Richtung und schwenken nach Nordwesten ein. Ende Mai erreichen sie ihr Quartier im Nordatlantik. Mit dem Wind und der Meeresströmung wandern sie während der drei Monate, die sie hier auf offener See verbringen, mehr als 1.000 Kilometer ostwärts, bevor sie Ende August den Rückflug antreten.
Vor der Ankunft in ihrem Brutgebiet auf King Georg Island legen sie jedoch noch einen Zwischenstopp ein: Bis zu drei Wochen lang rasten die Vögel vor der Küste Patagoniens und füllen ihre Kraftreserven auf. Auch die Flugroute in den Nordpazifik führt zunächst entlang der Küste Südamerikas und wechselt über dem Äquator die Richtung gen Nordwesten. Mitte Mai – zwei Wochen früher als ihre Artgenossen, die im Atlantik überwintern – erreichen die Skuas ihr Winterquartier im Pazifik.
Auch hier lassen sich die Tiere bis Ende August von Wind und Wellen bis zu 3.000 Kilometer ostwärts treiben. Der Rückweg führt sie in einem weiten Bogen südwestwärts in Richtung Neuseeland und schwenkt schließlich in südöstlicher Richtung auf den antarktischen Kontinent ein. Auch sie rasten einige Tage, bevor sie in ihr Brutgebiet zurückkehren. "Wir vermuten, dass die Tiere diese Ruhephase brauchen, um sich von den Strapazen der langen Reise durch die nahrungsarmen Tropen zu erholen", sagt Polar-Ornithologen Peter.