Kirksville, USA (pte/13.07.2006/14:25) – Das Bräunen in Sonnenstudios
kann süchtig machen. Zu dieser Erkenntnis gelangten Wissenschaftler
durch eine kleine amerikanische Studie, die in der jüngsten Ausgabe des
Magazins Journal of the American Academy of Dermatolgoy veröffentlicht
wurde. In der Studie stellten die Forscher fest, dass es zu
Entzugssymptomen wie Übelkeit und Zittern kommt, wenn regelmäßige
Sonnenbankbesucher von ihrer Gewohnheit lassen.
"Die Sucht zum Bräunen gibt es tatsächlich. Man bezeichnet dies als
Tanorexie", erklärt Klaus Hoffmann, Leitender Oberarzt an der Klinik
für Dermatologie und Allergologie der Ruhr-Universität Bochum
http://www.derma.de/bochum, im Gespräch mit pressetext. Kunstbräune
bewirkt eine Stimmungsaufhellung und schützt vor Depressivität, die
Wärme des Solariums führt zur Muskelentspannung, man schottet sich im
Solarium ab und die Bräune gilt als Schönheitsideal, auch wenn dies nur
von kurzer Dauer ist. Außerdem erhöht sich durch die Kunstsonne das
Glückshormon Serotonin, so Hoffmann. Folgen wie Hautalterung,
Pigmentierung, Hautverdünnung und Hautkrebs werden bei den meisten
Nutzern allerdings verkannt und ignoriert.
An der Studie nahmen 16 Personen teil. Acht Personen waren regelmäßige
Besucher von Bräunungsstudios, sie ließen sich acht bis 15 Mal pro
Monat bräunen. Die anderen acht Personen dienten als Kontrollgruppe,
sie legten sich maximal zwölf Mal pro Jahr unter die Sonnenbank. Beiden
Versuchsgruppen wurden Naltrexon als Opiod-Antagonisten oder
Schein-Medikamente verabreicht. Wirkstoffe aus der Gruppe der
Opiod-Antagonisten blockieren den Effekt des Bräunens auf den
Endorphinhaushalt des Körpers, sie besitzen eine starke
Bindungsfähigkeit an das Zentralnervensystem. Nach der Medikamentengabe
bräunten sich die Versuchspersonen in zufälliger Reihenfolge in
Solarien mit oder ohne UV-Licht. Danach mussten sie angeben, wo sie
sich wohler gefühlt hatten. Die Forscher stellten fest, dass häufige
Nutzer der Solarien unter Placebo und einer geringen Menge von
Naltrexon die Sonnenbank mit UV-Licht bevorzugen. Dieser Anteil
verringerte sich, als die Naltrexon-Menge gesteigert wurde. Vier von
acht Häufig-Bräunern hatten dabei sogar unerwünschte Effekte wie
Übelkeit und Zittern. Bei zwei Versuchspersonen waren die Beschwerden
so stark, dass sie die Studie abrechen mussten. Die Studienleiter
werteten diese Wirkung als Entzugssymptome.
Von den Betreibern der Solarien wird Kunstbräune als durchaus positiv
dargestellt. Die Stabilisierung des Immunsystems, ein verbessertes
Wohlbefinden, gesteigerte sexuelle Lust sowie eine erhöhte Vitamin D
Produktion zur Stärkung der Knochen soll potenzielle Besucher
überzeugen. Diese Aussagen sind korrekt in Bezug auf echte
Sonnenstrahlen und Wärme, eine Übertragung auf das Kunstlicht wurde
bislang aber noch nicht bewiesen. Bisher konnte nicht belegt werden,
dass sich die Zahl der Abwehrzellen nach einem Solariumsbesuch erhöht.
Solarien arbeiten mit UVA-Strahlen, die als ungefährlich galten,
aktuelle Studien zeigen aber das Gegenteil. Experten empfehlen, dass
man nicht mehr als 50 Sonnenbäder im Jahr zu je 20 Minuten genießen
sollte.
Tanorexiker jagen einer Hautbräune hinterher, die ein Nordeuropäer
unter normalen Bedingungen nie erreichen könnte. Zu dem Suchtbild
gehören übertriebene, fast tägliche Besuche der Sonnenstudios und
Ausnutzung jeder Möglichkeit zum Sonnenbad. Die Betroffenen sehen die
Nutzung des Solariums als unkritisch. Dermatologen schätzen, dass rund
20 Prozent der Bevölkerung im Laufe ihres Lebens einen Hautkrebs
entwickeln, dennoch nutzen 11 Prozent der deutschen Bevölkerung bis 45
das Solarium.