Sydney/Jena/Köln (pte/10.08.2006/11:15) – In einer großangelegten
Studie mit über 1.300 Teilnehmern im Alter zwischen 18 und 65 Jahren
ist ein Forscherteam des George Institute for International Health
http://www.thegeorgeinstitute.org sowie der University of Western
Australia http://www.uwa.edu.au zu der Schlussfolgerung gekommen, dass
20 Prozent aller Verkehrsunfälle passieren, weil der Fahrer abgelenkt
ist. Darüber hinaus zeigte die Studie, dass junge Fahrer im Alter von
18 bis 30 Jahren während des Fahrens signifikant öfter abgelenkt sind.
Da diese Gruppe ablenkende Aktivitäten als weniger bedrohend betrachtet
als ältere Fahrer, haben sie ein größeres Risiko zu verunglücken. Die
Ergebnisse der Studie wurden jetzt in der Fachzeitschrift Injury
Prevention http://ip.bmjjournals.com veröffentlicht.
Die Wissenschaftler entdeckten auch, dass während einer Autofahrt 72
Prozent der Fahrer einen Konzentrationsmangel zeigen, 69 Prozent sich
mit der Elektronik im Wagen beschäftigen, 58 Prozent durch Ereignisse,
Objekte oder Menschen außerhalb des Wagens abgelenkt werden und 40
Prozent sich mit den Passagieren unterhalten. Im Schnitt führen Fahrer
alle sechs Minuten eine ablenkende Handlung durch, was regelmäßig zu
Fahrfehlern führt. Diese Fahrfehler umfassen plötzliches Bremsen,
Verkehrsschilder übersehen und falsche Abzweigungen nehmen. "Autofahrer
sind extrem oft abgelenkt und die Frequenz der Fahrfehler infolgedessen
bereitet uns große Sorge", erklärt Suzanne McEvoy, Erstautor der
Studie.
Rüdiger Trimpop, Verkehrspsychologe und Risikoexperte an der
Universität Jena http://www.uni-jena.de, relativiert den Einfluss des
Faktors Ablenkung. "Dass Ablenkung eine wichtige Rolle spielt, ist
unbestritten", erklärt er gegenüber pressetext. "Wir haben bei 400
Fahrern in einer Online-Befragung jedoch wesentlich geringere
Zusammenhänge gefunden." Trimpop kennt keine einzige Studie, die die
verschiedenen möglichen Einflüsse wie Ablenkung, aber auch
Selbstüberschatzung, mangelnde Gefahreneinschätzung oder Alkohol,
kontrolliere oder berücksichtige. Ob die Ablenkung die letztendliche
Ursache war, sei nirgendwo schlüssig bewiesen. Laut Trimpop gilt
gleiches auch für Alkoholunfälle: Ob der Alkohol Ursache oder
Begleitfaktor ist, wurde nur experimentell für hohe Alkoholdosen
alleine bewiesen. "Alkohol wirkt, gerade bei jungen Fahrern, eher in
sozialen Enthemmungssituationen, nicht als Faktor alleine", so Trimpop.
Egon Stephan, Verkehrspsychologe der Universität Köln
http://www.uni-koeln.de , hält einen Anteil von 20 Prozent hingegen für
eine eher konservative Schätzung. "Wenn es Autofahrer eilig haben, sind
sie im Allgemeinen sehr aufmerksam", erklärt er gegenüber pressetext.
"In 90 Prozent der Fälle fährt man jedoch automatisiert." Wenn dann
auch noch Ablenkung dazu kommt, sei ein Unfall schnell passiert. Eine
wirklich gute Lösung, um Ablenkung auf ein Minimum zu beschränken, gibt
es laut Stephan allerdings nicht. "Man kann nur versuchen, sich selber
zu zwingen den Verkehr wahrzunehmen, beispielsweise indem man sich
selber belohnt wenn man aufpasst", so Stephan abschließend.