Muskelwahn bei Männern macht Probleme
Norwegische Forscher warnen Heranwachsende: Unerreichbare Ideale schaden der Psyche
(pte022/08.11.2018/10:30) – Junge Männer, die sich zu sehr darauf
konzentrieren, Muskeln aufzubauen, verfügen laut einer Studie von
Forschern der Norwegian University of Science and Technology http://ntnu.edu , zusammen mit Kollegen der Harvard University http://harvard.edu , über ein deutlich höheres Risiko bei Depressionen, Komasaufen am
Wochenende und Diäten, die nicht mit einer Fettleibigkeit in
Zusammenhang stehen. Die Wahrscheinlichkeit des Einsatzes von legalen
und illegalen Nahrungsergänzungsmitteln sowie anaboler Steroide ist
ebenfalls um das Vierfache erhöht.
2.460 Studienteilnehmer
Laut den im "International Journal of Eating Disorders" veröffentlichten
Ergebnissen leiden zehn Prozent der Männer an einer Störung des
Körperbildes. Sie gehen davon aus, dass sie zu dick sind und wollen
daher abnehmen. Laut der Studie hat einer von drei jungen Männern im
vergangenen Jahr eine Diät gemacht. Diese Diäten standen in keinem
Zusammenhang mit einer Fettleibigkeit. Laut den Forschern sind diese
Ergebnisse alarmierend.
Die Studienresultate zeigen den Experten zufolge eindeutig, dass Jungen
und junge Männer viel häufiger an Störungen des Körperbildes leiden als
bisher angenommen. "Ich möchte den gleichen Körper wie Ronaldo haben."
"Ich glaube, dass mein Brustkorb nicht muskulös genug ist." "Ich fühle
mich schuldig, wenn ich nicht trainiere." Das sind nur drei der Angaben
der 2.460 Teilnehmer zwischen 18 und 32 Jahren aus den USA.
Forschungsleiterin Trine Tetlie Eik-Nes nach setzen sich viele junge
Männer sehr intensiv mit dem Wunsch nach mehr Muskelmasse auseinander.
"Das wird zum Problem, wenn die Körper von Athleten wie Ronaldo von ganz
normalen jungen Männern, die einen Job, ein Studium und eine Familie
haben, als Idealbild herangezogen werden. Will man aussehen wie Ronaldo,
dann ist das Training die Hauptbeschäftigung. Manche Menschen
trainieren als wären sie Teil des Nationalteams, das ist aber nicht der
Fall. Diese Diskrepanz ist ein Anlass zur Besorgnis."
Muskeln als Selbstzweck
Eik-Nes zufolge sollen Mädchen dünn sein und eine schmale Taille haben.
Jungen sollen breite Schultern und viel Muskeln haben. Mit diesen engen
Idealen wachsen laut der Expertin die jungen Menschen heute auf. "Es hat
sich gezeigt, dass diese unrealistischen Vorstellungen für Männer und
Frauen eine wirkliche Herausforderung sind." Sie geht davon aus, dass
die Herausforderungen, denen sich die Männer ausgesetzt sehen, bisher
von Forschung, Eltern und Medizinern nicht wahrgenommen worden sind.
Früheren Studien zufolge verfügen Jungen, die übergewichtig oder dünn
und schlaksig sind, über das größte Risiko, an einer Störung des
Körperbildes zu erkranken. Die aktuelle Studie hat diese Ergebnisse
bestätigt. Der Wunsch nach einem muskulösen Körper stand dabei in keiner
Verbindung mit dem tatsächlichen Gewicht. Laut Eik-Nes werden die
Muskeln zu einer Art von Kosmetika für Männer, von denen diese geradezu
besessen werden. Sie trainieren sich nicht mehr Muskeln an, um schneller
Ski zu fahren oder in einem anderen Sport besser zu werden, auch der
Gesundheitsgedanke spielt dabei keine Rolle.
Die Herausforderung, mit dem eigenen Körper zufrieden zu sein, besteht
in allen Bildungsschichten. Hochgebildete Menschen sind mit ihrem Körper
laut der Studie nicht zufriedener als alle anderen. Eik-Nes zufolge
kann dieser Drang nach mehr Muskeln als Zeichen dafür gesehen werden,
dass junge Männer keine Kontrolle über ihr Leben haben. Sie glauben
jedoch, dass sie es zumindest im Griff haben können, wie viel sie
trainieren. "In diesem Kontext kann man das Problem auf einen einfachen
Nenner bringen: Mädchen erbrechen, Jungen trainieren mehr als normal."