Medizinische Kurznachrichten der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie
(Prof. Helmut Schatz, Bochum)
Weder Vitamin D noch Omega 3-Fettsäuren schützen vor Herz-Kreislaufereignissen oder Krebs: die Ergebnisse der VITAL-Studie
Bochum, 11. November 2018:
Gestern wurden auf dem Kongress der American Heart Association (AHA)
in Chicago die lange erwarteten Ergebnisse der VITAL-Studie vorgestellt
und zeitgleich in zwei getrennten Arbeiten im New England Journal of
Medicine publiziert (1, 2). Im DGE-Blog war in den letzten Jahren bei
der zeitweise sehr heißen Diskussion zu pleiotropen Wirkungen von
Vitamin D vom Referenten immer wieder auf die – jetzt vorliegenden –
Ergebnisse der VITAL- Studie in den USA verwiesen
worden (und auch auf die australische D-Health-Study, die aber noch bis
Mitte des nächsten Jahrzehnts läuft). Wie die unten stehenden
Abbildungen zeigen, wurde in der VITAL Study mit Vitamin D oder Omega 3 – Fettsäuren gegenüber Plazebo kein Schutz vor kardiovaskulären Ereignissen oder Krebs erzielt.
In den USA wurden in eine plazebokontrollierte, randomisierte Studie
von etwa 400.000 gescreenten Personen etwa 25.000 Männer ab dem 50. und
Frauen ab dem 55. Lebensjahr zwischen 2013 und 2014 eingeschlossen und
für im Mittel 5.3 (3.8-6.1) Jahre kontrolliert. Die Teilnehmer hatten
bei Studieneintritt keine kardiovaskuläre (CV) Erkrankung oder
Karzinom-Vorgeschichte mit Ausnahme von Nicht-Melanom-Hautkrebs. Sie
erhielten in einem Two-by-Two Factorial Design Vitamin D3 (2000 IE/Tag
Cholecalciferol) und Omega 3-Fettsäuren (Omacor, 1 g /Tag): 1.) beide
Präparate als Verum, 2.) und 3.) jeweils Verum vs. Plazebo und 4.)
beide Plazebo. Die primären Endpunkte waren ernste CV
Ereignisse (MACE, Komposit-Endpunkt aus Herzinfarkt, Schlaganfall und CV
Tod) sowie Auftreten von invasivem Krebs. Sekundäre CV Endpunkte bestanden aus einer Erweiterung um koronare Revaskularisation und individuelle Komponeneten der MACE, bei Krebs
site-specific cancers und Tod durch Krebs. Wie in den zwei Abbildungen
auf dem AHA-Kongress (siehe unten) gezeigt wurde, ergab sich insgesamt
mit Vitamin D und Omega 3-Fettsäuren kein signifikanter Effekt auf die
Endpunkte:
Kommentar
Dieses negative Endresultat mag bei Betrachtung der primären
Endpunkte für viele ernüchternd sein, wurde aber von anderen, so auch
vom Referenten, schon länger vermutet. Jetzt wurden und werden noch
viele Subanalysen herausgearbeitet. Dabei zeigte sich etwa, dass Myokardinfarkte, allein betrachtet, unter Omega 3 –Fetsäuren um 28% abnahmen.
Bei den ~5000 schwarzen Studienteilnehmern ging mit Omega 3
–Fettsäuren die Herzinfarktrate um 77% zurück. Unter Vitamin D gab es
auch ein Signal für einen Rückgang an Krebstodesfällen. Im DGE-Blogbeitrag vom 1. November 2017 (3) wurden auch ähnliche Daten mitgeteilt.
Steven Nissen von der Cleveland Clinic in Ohio sagte, er sei von
keinem dieser Analysebefunde beeindruckt, da sie nur von „Subanalysen
von Subanalysen oder von sekundären Endpunkten“ stammten und somit nur
hypothesengenerierend seien und nicht wissenschaftliche Evidenz eines
Nutzens. „They are interesting but speculative and should not lead to
changes in guidelines or other major changes in practice“, sagte er
(4). Speziell der schwarzen Bevölkerung der USA kann es aber gewiss
nicht schaden, wenn sie mit ihrer Kost mehr Fischöl zu sich nimmt.
Dieser Artikel soll tatsächlich nur ein ganz aktueller „Kurzbericht“
sein. In den nächsten Wochen und Monaten werden wir ganz bestimmt eine
große Zahl von Publikationen über weitere Analysen, auch über das
gesamte in der VITAL Study erfasste Spektrum an weiteren Erkrankungen
bzw. gesundheitsrelevanten Daten erfahren.
Helmut Schatz