Von Tesla bis zur Deutschen Bahn Die Management-Flops 2018

von Angela Hennersdorf, Henryk Hielscher, Rüdiger Kiani-Kreß, Jürgen Salz, Christian Schlesiger und Martin Seiwert

Strategische Weitsicht,
bescheidener Auftritt, kluge Unternehmensführung? Von wegen. Auch 2018
gab es en masse Fehlleistungen in den Führungsetagen. Die
WirtschaftsWoche hat die gefallenen Helden der Wirtschaft gekürt.

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Das Jahr 2018 endete wie es
begann: mit Verspätungen. Egal ob in der Bahn oder im Flieger, in punkto
Unzuverlässigkeit lieferten sich Lufthansa-Chef Carsten Spohr und Bahn-Lenker Richard Lutz 2018 ein heißes Kopf-an-Kopf-Rennen. Der Lohn: Verärgerte Reisende
zuhauf und ein Platz in der diesjährigen Management-Pannenstatistik der
WirtschaftsWoche.

Hier werden all jene Talente
des nationalen und internationalen Wirtschaftslebens gewürdigt, die das
Jahr geprägt haben – und deren Entscheidungen für ungläubiges Staunen
bei Mitarbeitern, Kunden und Aktionären sorgten. Sicher, die Liste ist
nicht vollständig. Sie deckt die vielfältigen Möglichkeiten des
Scheiterns aber durchaus ab.

So legte sich RWE-Chef Rolf Martin Schmitz mit Fledermäusen an – und zog den Kürzeren. Bayer-Boss Werner Baumann, der einst beherzt bei Monsanto zu griff, bekommt nun die Folgen seiner Einkaufslust zu spüren. In Sachen Börsenkommunikation patzte Pieter Haas, zeitweise Chef des Media-Saturn-Mutterkonzerns Ceconomy. Teslas Dauerinnovator und Obertwitterer Elon Musk schwächelte beim Umgang mit der amerikanischen Börsenaufsicht.

Dass die Behörden nicht allzu viel Spaß verstehen, musste auch Ex-Audi-Chef Rupert Stadler erkennen, nachdem er zeitweise eine Zehn-Quadratmeter-Bleibe in der Justizvollzugsanstalt Augsburg-Gablingen bewohnen durfte.

Die Kandidaten in der Einzelwertung

Ceconomy: Pieter allein zu Haus 

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VER­MÖ­GENS­AUF­BAU DURCH WERT­PA­PIE­RE

War­um der Geld­strumpf zu scha­de für das Null­zins-Di­lem­ma ist

In Zei­ten der
Null­zins­pha­se sind Spar­bü­cher und Gi­ro­kon­ten ei­ne denk­bar
un­at­trak­ti­ve „Park­ge­le­gen­heit“ für fi­nan­zi­el­le Pols­ter. Es
ist an der Zeit, nach Al­ter­na­ti­ven zu schau­en. Mehr…

Um kraftvolle Ansagen war
Pieter Haas nie verlegen: „Das Beste kommt erst noch – für unsere Kunden
und Aktionäre“, versprach der Manager vor der Aufspaltung des früheren Metro-Konzern in die Elektronikmärkte (Ceconomy) und den Großhandel (Metro).

Für Haas, der erster Chef
von Ceconomy – und damit Herr über Media Markt und Saturn – wurde, war
die Aufspaltung „ein bisschen so, wie beim Auszug aus dem Elternhaus“.
Man habe sich „lange darauf vorbereitet. Jetzt sind wir volljährig. Es
ist Zeit auszuziehen“, konstatierte er.

Pieter Haas

Bild:  imago

Tatsächlich wirkte die
Führungstruppe von Europas größtem Elektronikhändler fortan ähnlich
dynamisch wie eine studentische Wohngemeinschaft – und die Finanzplanung
in etwa so verbindlich wie der WG-Putzplan.

So kappte Haas Mitte
September die Jahresprognosen für das Unternehmen. Das allein wäre kein
Drama gewesen, hätte er mit der neuen Prognose nicht erneut kräftig
daneben gelegen. Und so folgte nur drei Wochen später die nächste Gewinnwarnung – und der Rauswurf von Haas. Kurz vor Weihnachten verabschiedete sich auch Finanzchef Mark Frese,
Ceconomy strich die Dividende, die Aktie rauschte auf ein Rekordtief von
knapp über 3 Euro.

Die Erkenntnis: Das Leben in der eigenen Bude kann ziemlich anstrengend sein.

Lufthansa: Außergewöhnliche Leistung im Alltagsgeschäft

Meisterstratege, Börsenstar, Serviceheld, Pilotenbändiger, Marktbeherrscher: Ende 2017 war die Flut der Auszeichnungen Lufthansa-Chef
Carsten Spohr bei allem Stolz fast ein wenig peinlich. Ein
„ausgefuchster Deal“ (Manager Magazin) würde ihm fast zwei Drittel der
insolventen Air Berlin sichern. Lufthansa war an der Börse mehr wert denn je, die Linie bekam
als erste europäische Linie das Qualitätsprädikat 5-Sterne, die
aufsässigen Piloten waren gebändigt und der Konzern stand vor einem
Rekordgewinn. Was konnte da noch schiefgehen?

Leider so ziemlich alles.
Denn für 2018 bilanziert die Lufthansa wieder ein Rekordfestival,
allerdings eines der peinlichen Art: 45 000 abgesagte Flüge, je nach
Zählweise wohl gut 20 000 weitere stark verspätet. Dazu kommt wachsende
Unruhe bei Personal und Kunden – und der Börsenkurs sackte um gut ein
Drittel auf das Niveau von 2014.

Carsten Spohr

Bild:  imago

Den Sprung zum Marktführer
der Unzuverlässigkeit schaffte Lufthansa mit einem bewährten Mittel der
Branche: Selbstüberschätzung. Für das Flugchaos der vergangenen Monate waren zwar das ungewöhnlich schlechte Wetter, in die Überforderung gesparte Lotsen und die Triebwerkspannen beim neuen Airbus A320neo mitverantwortlich. Am Ende verdankt die Kranichlinie ihre operative Leistung vor allem sich selbst.

Die EU-Wettbewerbshüter warnen mehrfach vor Auflagen bei der Übernahme von Air Berlin? Wettbewerber wie Easyjet mieten sicherheitshalber Reserve-Flugzeuge? Der Flugsicherung fehlen reichlich Lotsen? Alles kein Grund für Deutschlands Marktführer den Sommerflugplan mit einem ernsthaften Puffer zu planen.

Damit 2019 nicht erneut für
unfreiwillige Rekorde sorgt, holt Spohr nun einen Qualitätsmanager in
den Vorstand. Das sichert der Lufthansa zumindest eine neue
Bestleistung: den größten Konzernvorstand aller Zeiten.

Bayer: Baumann, der Baumeister

Als Student hat Werner
Baumann im Blaumann, damals in der WG in Köln-Lindenthal, erstmal
eigenhändig die Wohnung renoviert. Und später, als er schon mit der
Familie in Krefeld wohnte, erfolgreich die Spüle repariert. Um sich dann
an sein größtes Heimwerker-Projekt zu wagen – den Umbau von Bayer.

Werner Baumann

Bild:  dpa

Gleich ein ganz neues
Geschoss („Raum Monsanto“) hat er eingezogen, um dem ganzen Gebilde mehr
Stabilität zu verleihen. 62,5 Milliarden Dollar hat der Ausbau
gekostet. Und wie das so ist mit Bauprojekten – es dauerte dann doch
länger als gedacht, bis alle Genehmigungen vorlagen.

Als Baumeister Baumann
endlich loslegen konnte, trat Heimwerker-Regel Nummer eins in Kraft:
Wenn man mal an einer Stelle anfängt rumzubasteln, tun sich gleich noch
anderswo Löcher auf. Im Fall Bayer heißt das: Das
Geschäft mit den rezeptfreien Arzneimitteln läuft nicht und bei den
verschreibungspflichtigen Präparaten gibt es zu wenig neue Präparate.

Und dann, Heimwerker-Regel
Nummer zwei, meckern sowieso immer alle rum: Die Investoren, weil der
Aktienkurs abstürzt. Die Öffentlichkeit wegen Glyphosat. Und dann auch
noch die Eindringlinge von Elliott, die womöglich noch ganz andere
Baupläne haben. Ob Baumann, der Baumeister, noch Erfolg hat? Fortsetzung folgt.