Bluthochdruck: „Lebensalter plus 100“ ist überholt

Bluthochdruck: „Lebensalter  plus 100“ ist
überholt

Gesunder Lebensstil allein reicht
nicht immer aus

Heidelberg – Gesund
zu leben ist die beste Therapie gegen Bluthochdruck, so lautet der Rat
vieler Mediziner. Doch Experten der Deutschen Hochdruckliga e.V. DHL®
Deutsche Gesellschaft für Hypertonie und Prävention warnen vor
voreiligen Schlüssen: Normalgewicht, ausgewogene Ernährung und
regelmäßige Bewegung seien zwar ein Grundpfeiler der Behandlung von
Bluthochdruck. Lebensstiländerungen allein ersetzen die Einnahme von
blutdrucksenkenden Medikamenten aber nicht immer. Messen Betroffene
wiederholt und längerfristig Blutdruckwerte von über 140 zu 90
Millimeter auf der Quecksilbersäule (mmHg), drohen Organschäden. Wichtig
sei deshalb, so die Experten der DHL®, die Werte regelmäßig zu
kontrollieren und wenn nötig ärztlich verordnet Medikamente
einzunehmen.

Mit fettarmer Ernährung, täglichen
Spaziergängen und höchstens einem Glas Bier am Tag bekommen viele
Menschen mit Bluthochdruck ihre Werte in den Griff. „Bei mäßiger
Hypertonie von bis zu 159 zu 99 sollten Ärzte zunächst immer eine
Umstellung der Lebensgewohnheiten empfehlen“, erläutert Professor Dr.
med. Martin Hausberg, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Hochdruckliga
e.V. DHL®  aus Karlsruhe. Dazu gehören eine ausgewogene, salzarme
Ernährung, Sport und das Ziel, Risiken so gering wie möglich zu halten:
Übergewicht, Rauchen und Alkohol. Doch das reicht nicht immer aus. „Wenn
die Werte trotz intensiver Bemühungen des Patienten auch nach mehreren
Monaten nicht sinken, ist eine Behandlung mit Blutdruck-Medikamenten
notwendig“, so Professor Hausberg, „und maßgeblich für seine
Gesundheit“.

Dasselbe gelte, wenn der Blutdruck die 159/99
mmHg überschreitet oder wenn ein erhöhtes Risiko durch andere
Erkrankungen der Nieren, des Herzkreislaufsystems oder Diabetes melltius
besteht. „In diesen Fällen wäre es nahezu verantwortungslos, keine
Medikamente zu verschreiben“, betont der Experte. Denn je länger der
hohe Blutdruck anhält, desto größer die Gefahr, dass er das gesamte
Gefäßsystem und Organe wie Herz, Hirn oder Nieren
schädigt.

Wie wichtig Aufklärung ist, zeigen die Zahlen:
Jeder zweite Deutsche ist übergewichtig, jeder vierte raucht – das
treibt den Blutdruck in die Höhe. Dennoch weiß nur jeder zweite
Betroffene von seinem Bluthochdruck. Das bedeutet aber für viele nicht,
etwas dagegen zu unternehmen: Nur die Hälfte lassen sich auf eine
Behandlung ein. „Viele verdrängen das Problem Bluthochdruck, da es
anfangs keine spürbaren Beschwerden verursacht“, sagt Experte
Hausberg.

Ältere Menschen empfinden leicht erhöhte Werte
zudem oft nicht als gefährdend. Lebensalter plus 100 – nach dieser
veralteten Faustregel zur Bestimmung der Höchstwerte richten sich immer
noch zu viele Patienten und auch Ärzte. Danach wäre für einen
60-Jährigen  ein Blutdruck von bis zu 160 mmHg noch akzeptabel.
„Diese Regel führt in die Irre“, warnt Professor Hausberg,
„Langzeitstudien zeigen eindeutig, dass ein Wert über 140 mmHg auf
längere Zeit in jedem Alter gesundheitsgefährdend ist  und das
Risiko für einen Herzinfarkt oder Schlaganfall signifikant erhöht.“ Ein
gesunder Lebensstil bliebe zwar der erste Schritt, dagegen vorzugehen.
Denn auch Medikamente könnten ungesunde Gewohnheiten nicht kompensieren.
Doch wenn das nicht wirke, müssten Ärzte blutdrucksenkende Mittel
verordnen.

Quelle: 2013 ESH/ESC Guidelines for the management of arterial
hypertension, European Heart Journal doi:10.1093/eurheartj/eht151