Genschere (CRISPR)

Genschere (CRISPR):

Lesen Sie dazu meine kurze Stellungnahme und
anschließend vor allen Dingen die Beurteilung des Präsidenten der
Deutschen Akademie der Naturforscher (Leopoldina), Prof. Dr. Jörg Hacker
und zusätzlich im Link die Expertenliste mit Ansprechpartnern für
Recherchen und Interviews

Meine Stellungnahme:

Genetische Pflanzenzüchtung
war und ist immer noch ein schwieriges Thema. Als seinerzeit das
entsprechende Max-Planck-Institut in Köln zum ersten Mal lachsrot
blühende Petunien zum Feldversuch freigab, haben wir von der WPK –
Wissenschaftspressekonferenz Bonn/Berlin eine PK veranstaltet. Ich
sollte sie leiten. Doch dagegen hatte das sogenannte Gentechnik-Netzwerk
Einwände. Diese äußerten sich handfest, in dem sie eine Stunde vor dem
Termin sämtliche Eingänge des Instituts mit Motorrad-Vorhängeschlössern
blockierten. Es blieb uns nichts anderes üblich, als diese
Pressekonferenz durch den Zaun zu realisieren, die Journalisten außen,
die eingesperrten Wissenschaftler innen.

Für mich war das das erste
Beispiel von mit reinen Emotionen gegängelte Wissenschaft. Die Folge,
dass wir Journalisten mit Tomaten und Eiern beworfen wurden, während
sich die Wissenschaftler aus dem Staub machen konnten. 

Nichtdestotrotz behielt ich
meine vernunftbetonte Skepsis gegen die Gentechnologie und machte das
auch in meinen Sendungen deutlich.  

Als im Jahr 2010 Emmanuelle
Charpentier die Möglichkeit entdeckte, bestimmte Abschnitte aus einem
Genom gezielt herauszulösen (Genschere oder CRISPR genannt) änderte sich
meine Einstellung.

Während bei herkömmlicher
Pflanzenzüchtung die Samen mit dubiosen Mitteln malträtiert wurden, z.
B. mit Röntgen-, mit radioaktiven Strahlen oder mit aggressiver Chemie,
und anschließend eine Auslesung nach dem Darwin’schen Prinzip in
aufwendigen und sehr teuren Experimenten erfolgen musste, die ebenfalls
große Risiken bergen, kann man mit CRISPR im bestehenden Erbgut
bestimmte Eigenschaften gezielt herauslösen oder ergänzen. Meines
Erachtens ist dabei das Risiko wesentlich geringer als bei der
klassischen Pflanzenzüchtung. Nur als Beispiel genannt: Die
Getreide-Ähren des Weizens erhielten auf diese herkömmliche Weise viel
kürzere Strohhalme. Als Nebenwirkung entstand dabei das Risiko, dass
Körner mit Mutterkorn verseucht wurden, denn die Pilzsporen aus der Erde
nutzen die verkürzten Halme zur Ausbreitung.

Was mich besonders ärgert
ist, dass die europäischen Politiker nicht in der Lage waren, die
Bedeutung und Nebenwirkung von CRISPR in Gesetzen so darzustellen, dass
diese fantastische Forschung auch juristisch adäquat möglich wurde.

Jetzt haben Richter des
Europäischen Gerichtshofs, also Juristen, die selbst keine
naturwissenschaftliche Qualifikation haben, lediglich auf Grund von 
Gutachten, die, wie bei allen Problemen rund um die Gentechnologie,
traditionell sehr emotional und kontrovers aufgeladen sind, eine
katastrophale Entscheidung getroffen haben. Damit wird die Genforschung
der Pflanzen in Europa für lange Zeit ins Abseits gestellt und große
Konzerne erheblich bevorzugt.

Auch bei
Gerichtsentscheidungen sollten Nebenwirkungen und Risiken nicht
ausgeschlossen werden. Ich hoffe, dass – wenn überhaupt möglich – eine
Revision bald in Angriff genommen wird.

Dass ich kein einsamer Rufer in der Wüste bin, können Sie an der folgenden Stellungnahme von Professor Dr. Hacker erkennen.

Ihr Jean Pütz

Expertenliste und Zitat zum EuGH-Urteil zu gentechnisch veränderten Organismen (GVO)

Sehr geehrte Damen und Herren,

der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat heute
entschieden, dass mittels Genome Editing gezüchtete Pflanzensorten als
gentechnisch veränderte Organismen (GVO) gelten. Anlässlich des Urteils
äußert sich der Präsident der Nationalen Akademie der Wissenschaften
Leopoldina Prof. Dr. Jörg Hacker folgendermaßen:

"Der Europäische Gerichtshof hat heute ein
folgenreiches Urteil zur Richtlinie für das europäische Gentechnikrecht
abgegeben: Mittels Genome Editing gewonnene Pflanzen, die auch durch
konventionelle Methoden hätten gezüchtet werden können, dürfen nicht
unter denselben Bedingungen wie diese in den Verkehr gebracht werden,
sondern müssen wie gentechnisch veränderte Organismen behandelt werden.
Das EuGH-Urteil weist in eine andere Richtung als diejenige, welche die
Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina und zahlreiche andere
Forschungsinstitutionen seit langem vorgeschlagen haben: Nicht das
Züchtungsverfahren sollte für den Gesetzgeber ausschlaggebend sein,
sondern das Produkt. Darüber hinaus müssen wir abwarten, wie sich das
EuGH-Urteil auf die Chancen für die molekulare Pflanzenzüchtung in
Europa auswirkt, insbesondere auch auf kleinere Biotech-Unternehmen, die
vorteilhafte, etwa trockentolerante oder schädlingsresistente
Pflanzensorten auf den Markt bringen möchten."

Mit freundlichen Grüßen
Caroline Wichmann

Expertenliste zum Thema Pflanzenzüchtung

Kontakt

Fachgebiete/Themen

Prof. Dr. Jens Boch
Institut für Pflanzengenetik
Leibniz Universität Hannover
Mobil: 01522-4040647
E-Mail: boch@genetik.uni-hannover.de

Molekularbiologie

  • Genome Editing
  • Pflanzenerkrankungen
  • Pflanzenbiotechnologie

Prof. Dr. Hans-Georg Dederer
Lehrstuhl für Staats- und Verwaltungsrecht, Völkerrecht, Europäisches und Internationales Wirtschaftsrecht
Universität Passau
E-Mail: Hans-Georg.Dederer@uni-passau.de

Rechtswissenschaften

  • Gentechnikrecht

Prof. Dr. Andreas Graner
Leibniz-Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung (IPK), Gatersleben
Tel.: 039482 5219
E-Mail: graner@ipk-gatersleben.de
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Pflanzengenetik

  • Getreidegenome
  • Resistenzgene
  • Züchtung krankheitsresistenter Gerstensorten
  • genetische Diversität

Prof. Dr. Christian Jung
Institut für Pflanzenbau und Pflanzenzüchtung
Christian-Albrechts-Universität zu Kiel
Tel.: 0431 880 2577
E-Mail: c.jung@plantbreeding.uni-kiel.de
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Pflanzenzüchtung

  • Molekulare Pflanzengenetik
  • Genome Editing
  • Pflanzengenomforschung
  • Pflanzenbiotechnologie
  • gentechnisch veränderte Nutzpflanzen

Prof. Dr. Matin Qaim
Department für Agrarökonomie und Rurale Entwicklung
Georg-August-Universität Göttingen
Tel.: 0551 39 4806
E-Mail: mqaim@uni-goettingen.de
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Agrarökonomie

  • nachhaltige Landwirtschaft
  • Landnutzungswandel
  • ländliche Entwicklung
  • Welternährung
  • Ernährungsökonomie

Prof. Dr. Jochen Taupitz
Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Zivilprozessrecht, Internationales Privatrecht und Rechtsvergleichung
Universität Mannheim
E-Mail: taupitz@jura.uni-mannheim.de
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Rechtswissenschaften

  • rechtliche und ethische Aspekte des Genome Editing
  • Medizinrecht und Medizinethik
  • Mitglied der Leopoldina-Arbeitsgruppe Genome Editing

Prof. Dr. Detlef Weigel
Max-Planck-Institut für Entwicklungsbiologie Tübingen
E-Mail: detlef.weigel@tuebingen.mpg.de
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Molekularbiologie

  • genetische Vielfalt
  • Mechanismen der pflanzlichen Entwicklung
  • Hybride
  • Epigenetik