Darmbakterium produziert effektive Antibiotika
Mix aus Tabletten: Bio statt Chemie als Ziel (Foto: Bernd Kasper, pixelio.de) |
Delft (pte003/28.06.2018/06:10) –
Antibiotika töten Bakterien, wenn diese nicht gerade resistent sind. Forscher an der Technischen Universität Delft http://tudelft.nl/en haben den Spieß jetzt umgedreht. Die Mikroorganismen, die ein Team um
Helena Shomar entwickelt hat, produzieren Antibiotika, die anderen
Bakterien den Garaus machen.
Erbinformationen isoliert
Konkret geht es um die Familie der Carbapeneme, die
unter anderem Imipenem, Ertapenem, Meropenem, Doripenem und Tebipenem
umfassen. Diese Antibiotika sind oft die letzte Rettung, wenn andere
Präparate versagen. "Dieser Wirkstoff zerstört die Zellwände der
Bakterien, sodass diese letztlich explodieren", so Shomar. Bisher werden
Carbapeneme synthetisch hergestellt, ein aufwendiger und damit teurer
Prozess, der zudem chemische Abfälle hinterlässt, die entsorgt werden
müssen. Eine Bio-Produktion verspricht geringere Kosten und vermeidet
Rückstände.
Zahlreiche Mikroorganismen produzieren Antibiotika, um
sich vor Bakterien zu schützen. Man findet sie überall, in jedem
Gartenboden beispielsweise. Nutzen lässt sich diese Fähigkeit nicht,
denn die Mikroorganismen lassen sich nicht in Fermentern züchten. Die
Delfter Wissenschaftler haben eine andere Lösung gefunden: Sie
isolierten Erbinformationen aus dem Bakterium Pectobacterium
carotovorum, das ein Antibiotikum erzeugt, und schleusten sie in
Escherichia coli (E. coli) ein – einem Bakterium, das unter anderem im
Darm von Säugetieren lebt. Dieses wird in manipulierter Form häufig als
Produzent von Wirkstoffen genutzt.
Bakterium persistent gemacht
Shomar und ihr Team haben das Bakterium so manipuliert,
dass es Car produziert, ein relativ einfaches Antibiotikum aus der
Familie der Carbapeneme. Anfangs war die Ausbeute gering. Ein Enzym, das
die Produktion in E. coli anregt, arbeitete nicht effektiv. Also
manipulierten sie das Bakterium erneut, sodass es ein Protein herstellen
konnte.
Das zweite Problem war, dass das produzierte
Antibiotikum den Produzenten schadete. Ab einer gewissen Konzentration
starben sie ab. Deshalb machten die Forscher das Bakterium persistent.
Das bedeutet, es wächst nicht mehr, schläft gewissermaßen und kann dem
selbst produzierten Antibiotikum länger standhalten. Mittlerweile
beträgt die Ausbeute 54 Milligramm pro Liter. Das sei ermutigend, aber
noch nicht genug. "Es sind noch einige Verbesserungen nötig und
möglich", sagt Gregory Bokinsky, der das nach ihm benannte Institut an
der TU Delft leitet.