Mit dem Katheter erfolgreich gegen Bluthochdruck?
Neue Studie zur Renalen Denervierung
Heidelberg
– Eine Katheterbehandlung, die Nervenbahnen in den Wänden der
Nierenarterien verödet und damit eine chronische Stresswirkung
durchbricht, hat in einer Studie den Blutdruck ohne die gleichzeitige
Einnahme von Medikamenten dauerhaft gesenkt und damit die prinzipielle
Wirksamkeit des Verfahrens bestätigt. Die renale Denervierung könnte
vorbehaltlich einer Bestätigung durch weitere Studien zu einer Option
für Patienten werden, heißt es in einer Stellungnahme der Deutschen
Hochdruckliga e.V. DHL©. Dies wäre vor allem für die Patienten
interessant, die trotz der Einnahme mehrerer Medikamente gefährlich hohe
Blutdruckwerte haben.
Bei
der renalen Denervierung (RDN) wird ein Katheter von der Leiste aus
über die Bauchschlagader in die Nierenarterien vorgeschoben. An der
Spitze des Katheters befinden sich Elektroden, die über einen
Hochfrequenzstrom erhitzt werden können. „Dadurch werden Nervenfasern in
der Wand der Arterie verödet, die vereinfacht dargestellt über eine
„chronische Stresswirkung“ in den Nieren den Blutdruck erhöhen“,
erläutert DHL©-Vorstandsvorsitzender Professor Dr. med. Bernhard Krämer,
Direktor der V. Medizinischen Klinik der Universitätsmedizin Mannheim.
Die Behandlung, die in beiden Nierenarterien durchgeführt wird, dauert
etwa 45 Minuten. „Wenn sie gelingt, wird der Blutdruck vermutlich auf
Dauer gesenkt“, sagt Professor Krämer, der der Task Force
„Wissenschaftliche Stellungnahmen und Leitlinien der DHL©“ angehört, die
sich für die Stellungnahme verantwortlich zeichnet.
Vor
drei Jahren hatte die renale Denervierung in der Symplicity
HTN-3-Studie die Erwartungen der Experten enttäuscht. „Die
Blutdrucksenkung war damals nicht besser als bei einer
Scheinbehandlung“, erläutert Professor Dr. med. Joachim Weil, Chefarzt
der Medizinischen Klinik II – Kardiologie und Angiologie – der Sana
Kliniken Lübeck. Inzwischen wurde das Katheterverfahren verbessert. „Es
ist jetzt eine vollständige Verödung aller Nervenfasern einschließlich
der Abzweigungen der Nierenarterien möglich“, so der Experte.
Für
die neue Studie (SPYRAL HTN-OFF MED) wurden Patienten ausgewählt, bei
denen keine für die Untersuchungsergebnisse möglicherweise störenden
Blutdrucksenker eingesetzt wurden. Die Behandlung wurde nach genauen
Regeln von erfahrenen Spezialisten durchgeführt. Bei den Patienten lag
der obere (systolische) Blutdruckwert zwischen 140 und 170 mmHg und der
untere (diastolische) Blutdruckwert bei mindestens 90 mmHg. „Patienten
mit isolierter systolischer Hypertonie wurden ausgeschlossen, weil die
renale Denervierung bei ihnen in früheren Untersuchungen keine Wirkung
erzielte“, erklärt Professor Weil, der selbst aktiv an der neuen Studie
beteiligt war. Eine weitere Bedingung war, dass die Patienten entweder
noch nie medikamentös gegen Bluthochdruck behandelt wurden oder ihre
Blutdruckmedikamente vor der Behandlung absetzten. „Dies hat vermutlich
dazu beigetragen, dass die Wirkung der renalen Denervierung besser zur
Geltung kam“, so Professor Dr. med. Peter Trenkwalder, Stellvertretender
DHL©-Vorstandsvorsitzender und Chefarzt der Medizinischen Klinik am
Klinikum Starnberg.
Kürzlich
wurden Zwischenergebnisse der SPYRAL HTN-OFF MED-Studie auf dem
Europäischen Kardiologenkongress in Barcelona vorgestellt und in „The
Lancet“ publiziert. Der systolische Blutdruck war drei Monate nach der
Behandlung bei den Messungen in der Arztpraxis im Durchschnitt um 7,7
mmHg gefallen. Beim diastolischen Blutdruck kam es zu einem Rückgang um 5
mmHg. In der 24h-Langzeit-Blutdruckmessung wurde ein Rückgang der
Durchschnittswerte um 5,5 mmHg systolisch und 4,8 mmHg diastolisch
erzielt. Die Scheinbehandlung in der Kontrollgruppe blieb dagegen
wirkungslos.
Wie
in den früheren Studien erwies sich die Behandlung als sicher und
weitgehend frei von Nebenwirkungen. Für einen allgemeinen Einsatz ist es
nach Einschätzung der Task Force noch zu früh. „Die Studie war mit 80
Patienten relativ klein, und wir wissen nicht, ob die Renale Denervation
den Blutdruck auch unter einer fortgesetzten medikamentösen Behandlung
senkt“, wendet Professor Trenkwalder ein, der auch der Task Force
angehört: „Wir raten deshalb, zunächst die Ergebnisse weiterer
klinischer Studien mit größerer Patientenzahl und längerer
Nachbeobachtungszeit abzuwarten.“
Die Stellungnahme der Task Force „Wissenschaftliche Stellungnahmen und Leitlinien der DHL©“ finden Interessierte unter https://www.hochdruckliga.de/tl_files/content/dhl/aktuelles/2017/09/DHL-Stellungnahme-Spyral-Off.pdf