Blutspender leben gesünder
Regelmäßiges Blutspenden senkt Blutdruck
Köln,
Oktober 2017 – Bluttransfusionen retten Leben bei schweren Verletzungen
und Infektionen, sind essentieller Bestandteil hochkomplexer
Operationen und helfen zeitnah Patienten mit chronischem Blutverlust.
Voraussetzung dafür ist eine ausreichende Anzahl an Blutspenden, aus
denen die benötigten Blutprodukte gewonnen werden können. Die Anzahl der
Blutspenden in Deutschland geht jedoch seit Jahren zurück. Während im
Jahr 2010 noch 4,9 Millionen Vollblutspenden eingereicht wurden, waren
es im Jahr 2016 laut dem Paul-Ehrlich-Institut nur noch vier Millionen.
Dabei können auch Spender, insbesondere wenn ihr Blutdruck erhöht ist,
von einer Blutspende profitieren. Welchen positiven Einfluss das Spenden
von Blut auf den Blutdruck von Hypertonie-Patienten hat und wie
regelmäßiges Blutspenden das Risiko kardiovaskulärer Erkrankungen
vermindern kann, diskutieren Experten auf der 50. Jahrestagung der
Deutschen Gesellschaft für Transfusionsmedizin und Immunhämatologie vom
24. bis 27. Oktober 2017 in Köln.
Weltweit
leiden etwa eine Milliarde Menschen an Bluthochdruck – eine der
wichtigsten Ursachen für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. „Menschen, die
regelmäßig zur Blutspende gehen, kennen nicht nur ihren Blutdruck, der
im Rahmen der ärztlichen Untersuchung bei jedem Termin gemessen wird,
sondern erkranken auch seltener an Herzinfarkten als Menschen, die kein
Blut spenden“, sagt Professor Dr. med. Birgit S. Gathof,
Tagungspräsidentin und Leiterin der Abteilung Transfusionsmedizin am
Universitätsklinikum Köln. Das geht aus mehreren Studien hervor, in
denen die gesundheitsfördernden Aspekte des Blutspendens untersucht
wurden.
Professor
Dr. med. Andreas Michalsen, Stiftungsprofessor für klinische
Naturheilkunde am Institut für Sozialmedizin, Epidemiologie und
Gesundheitsökonomie der Charité – Universitätsmedizin Berlin und
Chefarzt der Abteilung Naturheilkunde im Immanuel Krankenhaus Berlin
konnte gemeinsam mit anderen Forschern belegen, dass ein direkter
Zusammenhang zwischen Blutverlust durch Aderlass oder Blutspende und
einer Senkung des Blutdrucks besteht. Im Rahmen einer ersten
randomisierten klinischen Studie aus dem Jahr 2012 wurden 60 Patienten
mit metabolischem Syndrom in zwei gleichgroße Gruppen eingeteilt. Der
Testgruppe wurde zu Beginn der Studie sowie vier Wochen später Blut
entnommen; der Kontrollgruppe wurde kein Blut entnommen. Während die
Kontrollgruppe keine relevante Blutdrucksenkung zeigte, verminderte sich
der systolische Blutdruck bei den Patienten der Testgruppe infolge des
Aderlasses erheblich.
Um
zu prüfen, ob sich eine ähnliche Blutdruckminderung auch bei
regelmäßigen Blutspendern einstellt, wurde an der Charité –
Universitätsmedizin Berlin eine Beobachtungsstudie initiiert. 150
Blutspender mit normalem Blutdruck (normotensiv) sowie 150 Blutspender
mit erhöhtem Blutdruck (hypertensiv) wurden über einen Zeitraum von bis
zu vier regulären Blutspenden beobachtet. „Bei den hypertensiven
Probanden konnte sowohl eine Minderung des systolischen als auch des
diastolischen Blutdrucks direkt nach der Blutspende gemessen werden“,
erklärt Michalsen. Bei Blutspendern mit einem mittelschweren
Bluthochdruck (Hypertonie Grad II) konnte nach vier Spenden, also nach
etwa neun bis zwölf Monaten, sogar eine Minderung um 17,1 mmHg
systolisch und 11,7 mmHg diastolisch dokumentiert werden. „Während der
Blutdruck bei den Teilnehmern mit Bluthochdruck sinkt, blieb er bei den
Teilnehmern mit normalem Blutdruck weitestgehend konstant“, beschreibt
Michalsen. Es bestehe für Blutspender mit normalem Blutdruck also nicht
die Gefahr, dass der Blutdruck zu stark absinkt. Durch die
blutdrucksenkenden Effekte profitieren dagegen die Blutspender mit
erhöhtem Blutdruck: „Selbst kleinste Minderungen des Blutdrucks um zwei
bis drei mmHg schützen vor Herz-Kreislauf-Erkrankungen, die in manchen
Fällen sogar zum Tode führen können“, betont Michalsen. „Eine Senkung
des Blutdrucks von zehn mmHg systolisch oder fünf mmHg diastolisch
vermindert das Risiko eines Schlaganfalls und ischämischer
Herzerkrankungen um bis zu 40 Prozent.“
Ein
weiteres Ergebnis der Studie: Die Blutdruckminderung der
Hypertonie-Probanden war umso deutlicher, je häufiger Blut gespendet
wurde. „Anhand von Blutdrucktagebüchern, die uns im Rahmen der Studie
von 65 Blutspendern zur Verfügung gestellt wurden, konnten wir zudem
feststellen, dass die Blutdruckminderung zumeist sechs Wochen anhält,
bis sich eine langsame Reduktion einstellt“, sagt Michalsen. Das
bestätige, dass es sich bei der Verminderung des Blutdrucks als Folge
der Blutspende um einen länger anhaltenden Effekt handelt. „Regelmäßiges
Blutspenden könnte somit zum erfolgreichen Management einer Hypertonie
beitragen“, ergänzt Michalsen.
Aus
einer ergänzenden Befragung aller Studienteilnehmer geht hervor, dass
die gesundheitsbezogene Lebensqualität sich durch regelmäßige
Blutspenden insgesamt steigert. Die Teilnehmer geben an, sich
leistungsfähiger zu fühlen. „Zudem konnten wir eine Verbesserung der
antioxidativen Kapazität – dem Vermögen, freie Radikale zu
neutralisieren – beobachten. Dies könnte implizieren, dass regelmäßige
Blutspender im Vergleich zu ‚Nicht-Blutspendern‘ seltener an Erkältungen
erkranken und eine gesteigerte Immunabwehr aufweisen“, so Michalsen.
„Der Schluss liegt also nahe, dass regelmäßiges Blutspenden positive
Effekte auf das Wohlbefinden im Allgemeinen und die Gesundheit von
Hypertonikern im Besonderen hat.“